Zypern: Orthodoxie verurteilt Rede von jüdischer Kollektivschuld

Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Zypern, Erzbischof Chrysostomos (Dimitriou), und der israelische Oberrabbiner Yona Metzger haben am 6. Dezember 2011 in Nicosia eine gemeinsame Erklärung feierlich unterzeichnet, in der u.a. die antijudaistische Rede von einer jüdischen "Kollektivschuld" am Tode Jesu als vollkommen illegitim zurückgewiesen wird. Damit hat erstmals in der Geschichte eine orthodoxe Kirche in einer offiziellen Erklärung diese judenfeindliche These verworfen. Die "Kollektivschuld"-Theorie hatte wesentlich zur Entwicklung des religiösen Antisemitismus beigetragen. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut:

Die über tausendjährige Verbindung zwischen dem Volk von Zypern und dem jüdischen Volk hat seit der Gründung des Staates Israel zu einer neuen modernen Brüderlichkeit geführt. Gleichzeitung sind zwischen christlichen und jüdischen Gemeinschaften neue Beziehungen von gegenseitiger Achtung entstanden.

Wir, der Oberrabbiner von Israel, Yona Metzger, und der Erzbischf von Zypern, Chrysostomos, danken Gott für die gesegnete Entwicklung gegenseitigen Respekts und bekräftigen unsere Absicht, die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Zypern und Israel weiter zu entwickeln.

Mit Bedauern erkennen wir, dass es solche Beziehungen in der Vergangenheit nicht immer gegeben hat und wir verurteilen alle Handlungen der Respektlosigkeit gegenüber jedweder anderen religiösen Gemeinschaft, ihrer Integrität und ihren Heiligen Stätten.

Gleichwohl weisen wir darauf hin, dass die Kirche und das Volk von Zypern sich weder an der systematischen Verleugnung des jüdischen Volks noch an der Anklage einer Kollektivschuld am Gottesmord beteiligt haben und betonen daher die Zurückweisung eines solchen Vorurteils als unvereinbar mit den Lehren der Heiligen Schriften. Darüber hinaus stellen wir fest, dass das Volk von Israel niemals aggressive Handlungen gegen das Volk von Zypern begangen und lezterem stets eine kontinuierliche Unterstützung geleistet hat.

Darüber hinaus verurteilen wir jeglichen Versuch, die religiöse Identität und Zugehörigkeit des jeweils anderen zu untergraben, als unvereinbar mit dem Geist gegenseitigen Respekts und beklagen daher alle Aktivitäten des Proselytismus, ungeachtet von welcher Seite sie kommen und durch wen sie ausgeübt werden.

Vor allem aber bekräftigen wir die unseren religiösen Lehren gemeinsame Überzeugung von der Heiligkeit des Lebens und der Würde des Menschen - von denen einjeder nach dem Bilde Gottes geschaffen ist; demgemäß verdammen wir alle Handlungen, die diese Heiligkeit entweihen, insbesondere alle Akte der Gewalt und des Terrorismus gegen Unschuldige, vor allem wenn diese Handlungen den Namen Gottes und die Religion missbrauchen.

Wir geloben gemeinsam daran zu arbeiten, Frieden und Versöhung zwischen allen Völkern zu verbreiten und rufen alle religiösen Führer wie auch alle Männer und Frauen guten Willens dazu auf, sich unserem Gelöbnis anzuschließen.

Wir bekräftigen, die bilateralten Kontakte zur Fortführung und Vertiefunge usnerer guten Beziehungen zum Wohle unserer Völker weiterzuführen.

 

Editorische Anmerkungen

Aus dem Englischen übersetzt von Christoph Münz.