Stellungnahme zum Schuldbekenntnis des Papstes

15. März 2000; Der ICCJ würdigt mit großem Respekt den historischen Akt des Bekenntnisses und der Buße, in welchem Papst Johannes Paul II jene Gruppen und Gemeinschaften benennt, an denen sich die katholische Kirche in der Vergangenheit schuldig gemacht hat.

Internationaler Rat der Christian und Juden

Stellungnahme zum Schuldbekenntnis des Papstes

15. März 2000

Der ICCJ würdigt mit großem Respekt den historischen Akt des Bekenntnisses und der Buße, in welchem Papst Johannes Paul II jene Gruppen und Gemeinschaften benennt, an denen sich die katholische Kirche in der Vergangenheit schuldig gemacht hat.

Indem Papst Johannes Paul II eine der sieben Bußbitten der Schuld gegenüber dem jüdischen Volk speziell widmet, betont er erneut die besonderen Beziehungen zwis; wh der Kirche und dem Judentum, "dem Volk des Bundes". Dieses besondere Verhältnis ist zum ersten Mal im Zweiten Vatikanischen Konzil benannt und anschließend in mehreren Erklärungen der katholischen Kirche bestätigt worden. In einem wahrhaft revolutionären Prozeß - an dem Johannes Paul II einen entscheidenden Anteil hat - ist das Bild der Juden in der römisch-katholischen Kirche von den mit Verachtung und Feindschaft wahrgenommenen Fremden zu den mit Freundschaft und Respekt angenommenen "älteren Brüdern" verändert worden.

Zwar bleiben die Formulierungen in dem Schuldbekenntnis gegenüber anderen Erklärungen der Kirche sowie nationaler Bischofskonferenzen und eigenen Äußerungen von Johannes Paul II zurück, dennoch liegt die besondere Bedeutung des Bekenntnisaktes darin, dass der Papst in einem liturgischen Akt stellvertretend für die Gemeinschaft der katholischen Christen die dem Judentum gegenüber begangenen Sünden bekennt.

Andererseits führt die Tatsache, daß das Schuldbekenntnis des Papstes in seiner liturgischen Sprache eindeutigere Formulierungen bezüglich der Schuld der Kirche gegenüber den verschiedenen Opfergruppen vermissen lässt, notwendigerweise auch zu Enttäuschungen und Kritik. Insbesondere hinsichtlich des Dokuments, das das Schuldbekenntnis begleitet, würde man sich wünschen, dass die katholische Kirche weitergehende Antworten auf die bisherigen Schwierigkeiten gefunden hätte, ihre historische Schuld und Verantwortung auch als Institution bekennen zu können. Nicht nur allgemein "Christen", sondern die Kirche mit ihren Verantwortungsträgern, mit ihrer Lehre und ihrer Liturgie kann letztlich nicht ausgespart werden, wenn der Papst und Vertreter der Kurie "in Demut die Schuld der Vergangenheit betrachten", das "Gedächtnis ehrlich reinigen" und den "Weg echter Umkehr" (Teschuva) suchen. Das gilt insbesondere bezüglich der Geschichte des kirchlichen Antijudaismus und der Rolle der katholischen Kirche während des Holocaust.

Trotz dieser kritischen Anmerkungen ist aus unserer Sicht unbedingt zu würdigen, daß Papst Johannes Paul II eindeutig und in der Geschichte der katholischen Kirche und des Papsttum beispiellos den Willen erkennen läßt, seine Kirche durch Bekenntnis und Reue geläutert in das neue Jahrtausend zu führen.

Wir hoffen, dass diese Haltung zu weiteren Verbesserungen in dem besonderen Verhältnis zwischen der Katholischen Kirche und dem Judentum in den verschiedenen Regionen der Welt führen wird. Wir hoffen ebenso, dass das offenkundige Bemühen des Vatikans, die Beziehungen zur jüdischen Gemeinschaft nachhaltig auf eine neue Grundlage zu stellen, vergleichbare Anstrengungen in den nichtkatholischen Kirchen bestärkt sowie deren Bereitschaft zur weiteren kritischen Reflektion der eigenen Geschichte fördert. Es gibt auch in vielen nichtkatholischen Kirchen eine Fülle unerledigter Aufgaben bei der notwendigen Überarbeitung von Lehre und Liturgie.

Wir hoffen darüber hinaus, dass die dem vatikanischen Bekenntnisakt innewohnende Haltung der Versöhnung auch zu weiteren Annäherungen und Verbesserungen im Verhältnis der Katholischen Kirche und der anderen Kirchen zur muslimischen Gemeinschaft führen wird. In den Beziehungen zu den Muslimen, den nächsten Nachbarn von Juden und Christen, stehen alle christlichen Kirchen vor der Herausforderung, nach Wegen eines besseren gegenseitigen Verständnisses und des Aufbaus nachhaltiger neuer Beziehungen zu suchen.

Rabbiner Prof David Rosen, Präsident

Pastor Friedhelm Pieper, Generalsekretär