So fördert der Ökumenische Rat der Kirchen sicher nicht den Frieden in Nahost

Offener Brief der Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz (CJA) an die Schweizer Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ruft bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr zu einer Aktion für „Palästina/Israel“ auf. Zu Beginn der Fastenzeit hat der Generalsekretär des ÖRK in Jerusalem dazu aufgerufen, weltweit, in der Passionszeit „Sieben Wochen des Wassers“ zu begehen. Er hat die aus antijüdischer Propaganda bekannte Lüge sich zu eigen gemacht, Israel würde den Palästinensern Wasser stehlen (www.cja.ch). Nun lanciert er eine „weltweite Aktionswoche für Frieden in Palästina und Israel“. Deren Ziel ist: „Kirchen in verschiedenen Ländern“ sollen an „die politischen Entscheidungsträger, die Öffentlichkeit und die eigenen Gemeinden“ appellieren, „dass ein Friedensabkommen dringend notwendig ist“.

Wir stimmen der Dringlichkeit eines Friedensabkommens zu. Im Zentrum des ÖRK steht jedoch die sogenannte „Trennmauer“, also der von Israel nach der blutigen 2. Intifada errichtete Sicherheitszaun. Er sollte der vorher kaum eindämmbaren Invasion von palästinensischen Selbstmordterroristen entgegenwirken, was auch einen gewissen Erfolg gehabt hat. Der ÖRK will von diesem realpolitischen Hintergrund des Sicherheitszauns allerdings nichts wissen. Das Böse ist für ihn der Sicherheitszaun, nicht der Grund seiner Errichtung. Wenn aber der ÖRK in seinem jüngsten Aufruf „die Rechte und die Zukunft beider Völker“ im Blick haben will, dann ist eine Wahrnehmung der Realität dieser „beiden Völker“ entscheidend. Einseitige Parteinahmen sind kontraproduktiv.

Einmal mehr sucht man deshalb auch in diesem Aufruf des ÖRK vergeblich nach einem Hinweis auf den palästinensischen Terror, der in den letzten Monaten in neuer Weise Israel betroffen und den Friedensprozess gelähmt hat. Man sucht vergeblich ein kritisches Wort zur Hamas, in deren Satzung sich unverändert das Ziel findet, Israel zu vernichten, was den Friedensprozess definitiv nicht fördert. Die Hamas mit ihrer antisemitischen Vernichtungspolitik gegenüber dem jüdischen Nationalstaat kommt mit keinem Wort vor. Doch irritiert etwa auch in diesem Aufruf zu einer weltweiten Aktionswoche, dass jeglicher Hinweis auf die furchtbare Situation von Christen in den Nachbarländern Israels fehlt, von der sich die Situation der Christen in Israel ja fundamental unterscheidet. Kein Wort des Dankes, dass in Israel Christen nicht verfolgt werden.

Der Vorstand der christlich-jüdischen Arbeitsgemeinschaft Schweiz ist beunruhigt über diese erneute einseitige politische Instrumentalisierung christlicher Kirchen durch den ÖRK. Er befürchtet zunehmende antiisraelische Parteinahmen, die die besondere Verbundenheit der christlichen Kirchen mit dem jüdischen Volk und dessen politisch-staatlicher Existenz belasten und sich negativ auswirken auf die Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Christen und Juden.

Der Vorstand der CJA erachtet eine besonnene, beiden Seiten des Konflikts zuhörende Haltung der Kirchen Europas als dem Friedensprozess am meisten dienlich. Er fordert deshalb die Leitungen der ÖRK-Mitgliedskirchen in der Schweiz auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen, damit die Hoffnungen für einen gerechten Frieden für beide Völker in Nahost nicht durch interessegeleitete Einseitigkeiten des ÖRK beschädigt werden. In einer Zeit, in der sich sogar Terroranschläge nach Europa ausweiten, braucht es eine klare Haltung der Kirchen. Unsere Kirchen müssen Hilfe leisten in Nahost, aber sich aller Formen von einseitiger antiisraelischer Propaganda entgegenstellen. Eine Ausblendung des realen Geschehens in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten trifft nicht zuletzt auch die palästinensischen Friedensaktivisten.

Für den Vorstand:

Urs Urech, Präsident, Baden

Michel Bollag, Zürich

Brigitte Bos, Laufen

Christina Tuor, Surrein

Herbert Wohlmann, Allschwil

Editorische Anmerkungen

Quelle: Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz (CJA).