Nein zur Judenmission - Ja zur Partnerschaft und zum innerbiblischen Dialog

Erklärung der Arbeitsgemeinschaft "Juden und Christen" beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 17. Juni 1999

Nein zur Judenmission

Ja zur Partnerschaft und zum innerbiblischen Dialog

Erklärung der Arbeitsgemeinschaft „Juden und Christen“ beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, Stuttgart, 17. Juni 1999

1. Gott ist treu. Er hat Israel zu seinem Volk erwählt und die Juden zu seinen Zeugen in der Welt gemacht. „So sollst du nun wissen, dass der Herr, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit ... hält..." (5. Mose 7,9). Der Apostel Paulus bekräftigt, dass ihnen „die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen..." (Röm 9,4).

Darum widersprechen wir der Aussage, Jüdinnen und Juden hätten es für ihr Heil nötig, dass ihnen Jesus als der Messias verkündigt wird.

2. Der Bund Gottes mit seinem Volk Israel gilt uneingeschränkt. Daher ist es falsch, Jüdinnen und Juden nach ihrer Stellung zu Jesus als dem Messias zu beurteilen. Diese Einsicht öffnet Christen die Augen dafür, dass das Volk Israel bis heute auf Gottes Treue baut und seinen eigenen Weg im Bund mit Gott geht. Darin ist das jüdische Volk ein einzigartiger Zeuge Gottes vor der Welt – auch gegenüber der christlichen Kirche.

Darum widersprechen wir allen Unternehmungen von Christen, gegenüber Juden Bekehrungsversuche direkt zu betreiben oder indirekt zu unterstützen.

3. Christen sind beauftragt: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker ... und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe" (Mt 28,19f.). Nachdem sie zum Glauben an den einen Gott gekommen sind und seine Gebote durch den Juden Jesus empfangen haben, sollen und wollen sie diesen Glauben zu allen Völkern der Welt tragen.

Der Missionsbefehl weist Christen nicht an Juden, sondern an die anderen Völker der Welt.

So gibt es auch im Neuen Testament keinen einzigen Hinweis darauf, dass irgend ein nicht-jüdischer Christ Mission an Juden getrieben hätte. Christinnen und Christen haben die Erfahrung gemacht, dass sie nicht etwas verlieren, wenn sie der Mission an Juden absagen, sondern dass im Gegenteil die Begegnung mit dem lebendigen Judentum ihren eigenen Glauben reicher macht.

4. Im Laufe der Geschichte hat die Kirche – oft in der erklärten Absicht zu bekehren – zu vielen Zeiten und an vielen Orten blutige Gewalt gegen Jüdinnen und Juden verübt.

Sie betrachtete sich als das „wahre Israel", setzte sich so an Israels Stelle und erklärte das jüdische Volk als von Gott verworfen. Damit hat sie nicht nur die geistigen Voraussetzungen für Verfolgung und Ermordung mit geschaffen. Sie hat sich auch daran beteiligt, Jüdinnen und Juden in ihren Lebensmöglichkeiten einzuschränken, sie zu verfolgen, zu vertreiben und zu ermorden.

Darum müssen Christen zur Kenntnis nehmen, dass diese Geschichte die Verkündigung des Evangeliums für viele Menschen unglaubwürdig macht.

5. Die Mission an Juden gefährdet den Dialog zwischen Juden und Christen und wird in den jüdischen Gemeinden in Deutschland als Bedrohung wahrgenommen.

Deshalb verbietet sich für Christen jeder Versuch, an Juden in missionarischer Absicht heranzutreten.

Editorische Anmerkungen

Redaktionelle Anmerkung: Diese Erklärung wurde nach Abschluss einer ganztägigen Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft einhellig mit wenigen Enthaltungen und Gegenstimmen angenommen und gemäß den Regeln des DEKT dessen Präsidium zur weiteren Veröffentlichung übergeben.