Zum Tode von Dr. theol. habil. Maria Neubrand MC, o. ö. Professorin des Neuen Testamentes

Am 19. März 2020 starb nach kurzer, schwerer Krankheit Maria Neubrand, erste Lehrstuhlinhaberin für Neues Testament an einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Deutschland und engagierte Mitstreiterin im christlich-jüdischen Dialog.

Maria Neubrand wurde am 1. Dezember 1955 in Kipfenberg geboren. Nach dem Abitur in Eichstätt trat sie 1975 der Ordensgemeinschaft der Missionarinnen Christi bei. Im Anschluss an ihr Noviziat studierte sie von 1978 bis 1985 Katholische Theologie an der Ludwig-Maximilians- Universität München. Parallel nahm sie ein Studium der Erwachsenenpädagogik an der Hochschule für Philosophie in München auf.

1980/81 nahm sie am ökumenischen Theologischen Studienjahr an der Dormition Abbey in Jerusalem teil, was ihr weiteres Leben und ihre theologischen Schwerpunkte maßgeblich prägte. Nach dem Erwerb des Diploms in Katholischer Theologie ging sie von 1985 bis 1987 im Auftrag ihrer Ordensgemeinschaft nach Kinshasa (heutige Demokratische Republik Kongo), wo sie in der Entwicklungshilfe und im Religionsunterricht tätig war.

Nach der Rückkehr aus Afrika nahm sie verschiedene Lehraufträge wahr und arbeitete als ordentliches Redaktionsmitglied der Jesuitenzeitschrift »entschluss«. 1997 wurde sie von der Universität München zum Doktor der Theologie promoviert. Die Dissertation trägt den Titel »Abraham – Vater von Juden und Nichtjuden. Eine exegetische Studie zu Röm 4«. Von 1996 bis 2005 war sie Assistentin am Lehrstuhl für Neutestamentliche Wissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt. Dort habilitierte sie sich 2005 mit der Arbeit »Israel, die Völker und die Kirche. Eine exegetische Studie zu Apg 15«.

Nach Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Augsburg und Paderborn wurde sie am 1. April 2007 zur o. ö. Professorin des Neuen Testamentes an der Theologischen Fakultät Paderborn berufen. Sie war damit die erste Lehrstuhlinhaberin für Neues Testament an einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Deutschland. Seit 2008 war sie Mitglied der Schriftleitung unserer Zeitschrift »Theologie und Glaube«. Von 2011 bis 2013 stand sie als erste Frau unserer Fakultät als Rektorin vor. Von 2015 bis 2017 hatte sie das Amt der Prorektorin inne.

Ihr Studium in Jerusalem hat ihren wissenschaftlichen Schwerpunkt bestimmt und wurde ihr Herzensanliegen: der jüdisch-christliche Dialog. Das eindringliche Werben für eine Lektüre der christlichen Bibel, welche die ersterwählten Kinder Abrahams weder enterbt noch herabsetzt, war stets ihr besonderes Anliegen. Hinzu kam die nachdrückliche Förderung der Stellung der Frau in Theologie und Kirche.

Ihr ganzes Denken bestimmte der Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. Dies brachte sie in zahlreichen Publikationen, in der Lehre sowie im Ehrenamt engagiert zum Ausdruck. So war sie u. a. langjähriges Mitglied der »Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit«. Seit 2016 war sie Mitglied im Gesprächskreis »Juden und Christen« beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken und seit 2018 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Katholischen Bibelwerks in Stuttgart. Als Frucht dieses Einsatzes wurde sie im Juni 2019 von Papst Franziskus als Konsultatorin in die vatikanische »Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum« berufen.

Die Theologische Fakultät Paderborn verliert mit Maria Neubrand nicht nur eine profilierte Wissenschaftlerin und Lehrerin. Sie wurde von allen ob ihrer Herzlichkeit, Offenheit und Geradlinigkeit geschätzt. Nicht zuletzt war es ihre bayerische Lebensfreude, die dem gemeinsamen Leben an unserer Fakultät ihren Stempel aufzudrücken vermochte.

Paderborn, 20. März 2020

Erzbischof Hans-Josef Becker, Magnus Cancellarius

Prof. Dr. Stefan Kopp, Rektor