Ruth Weyl

Nachruf auf Ruth Weyl

Wir trauern um Ruth Weyl. Unsere langjährige Freundin, Kollegin und unermüdliche Förderin des Vereins der Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses ist am 12. Mai, (dem 3. Siwan nach dem jüdischen Kalender) in London gestorben. Sie wurde 89 Jahre alt. Bis zuletzt hat sie gehofft, in Aix-en-provence dabei zu sein. Ihre geistigen und seelischen Kräfte jedoch reichten nicht aus; sie starb begleitet von ihren Töchtern, Celia und Maya und den Enkelkindern.

Die Freunde und Förderer haben mit Ruth eine Frau der ersten Stunde verloren.  Sie war die Seele, die treibende Kraft und das Gedächtnis unseres Vereins. Kaum vorzustellen, wie eine Mitgliederversammlung ohne Ruth überhaupt stattfinden kann. In ihrem jugendlichen Elan war sie es, die den Kontakt zu Ihnen, unseren Mitgliedern, pflegte.  Das interreligiöse  Gespräch, und vor allem das zwischen Juden und Christen, war ihr eine Herzensangelegenheit, hierfür engagierte sie sich seit ihrer Rückkehr nach Europa zuerst mit William Simpson und nach dessen Tod pflegte sie sein Erbe weiter. Sie, die passionierte Vertreterin individueller Verantwortung, war wesentlich an der Gründung des Vereins der Freunde und Förderer beteiligt, weil auf diese Weise Einzelpersonen die Möglichkeit haben, die Arbeit des Internationalen Rates der Christen und Juden zu unterstützen. Noch im April haben wir über unsere Organisation gesprochen und die Satzungsänderungen vorbereitet.

Für mich persönlich ist der Verlust von Ruth besonders schmerzlich.  Sie war es, die mich in Rom 1997 in die Arbeit des ICCJ einführte und mich schließlich vor 10 Jahren in die Arbeit der Freunde und Förderer mit hinein nahm. Als Schriftführerin hat sie die tägliche Arbeit geleistet, und dem Verein eine Seele gegeben.

In den 16 Jahren sind wir gute Freundinnen geworden. Ruth war immer da, wenn ich sie brauchte.  Unsere Gespräche fingen stets als Arbeitsgespräche an und endeten im persönlichen Austausch.  Als ich krank war, war sie es die mich mit ihrem Witz, den Anekdoten aus ihrem reichen Leben aufmunterte.  Ruth war eine der letzten Vertreterinnen des bürgerlichen Judentums in Deutschland vor 1933.

Geboren wurde sie 1924 als Ruth Grünfeld, die jüngste Tochter von Fritz und Hilde Grünfeld, den Eigentümern des großen, weit über Deutschland bekannten, Kaufhaus Grünfeld an der Ecke Kurfürstendamm und Joachimstalerstraße. Erzogen im liberalen Judentum, mit einer starken jüdischen Identität, wurde Ruth von Kind an, vor allem von ihrem Vater, den sie immer wieder zitierte, zum eigenständigen Denken erzogen. Diesem Prinzip blieb sie ihr Leben lang treu.  Auch die Familie Grünfeld wurde enteignet und musste 1938 nach Palästina flüchten. Dort lebte Ruth mit ihrer Familie bis sie 1958 nach London gingen, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. In London begann sie sich mit Leib und Seele für das christlich-jüdische Gespräch zu engagieren. 2008 verlieh ihr Bundespräsident Köhler in Berlin das  Bundesverdienstkreuz für ihr unermüdliches Wirken um christlich-jüdische und deutsch-jüdische Verständigung.  Durch ihre Sprachkenntnisse, Englisch, Deutsch, Französisch und Hebräisch konnte sie dies in vielen Ländern verwirklichen.  Ich erinnere mich gut an ihren fulminanten Beitrag in Mulhouse, wo wir gemeinsam an einer Tagung der Amitié Judéo-chrétienne de France teilnahmen. In Frankreich war sie ein gern gesehener Gast.

Ruth Weyl war eine unermüdliche Brückenbauerin.  Sie hat nicht nur den Intellekt sondern auch die Herzen vieler Menschen in vielen Ländern erreicht. Wir als Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses werden ihr Werk fortsetzen.  Mögen wir unseren Teil dazu beitragen ihre Hoffnungen und Erwartungen ein Stück weiterzubringen.

May 18, 2013

Freunde und Förderer des Martin-Buber-Hauses
Eva Schulz-Jander                     Michael Korn

Präsidentin                                  stellv. Schatzmeister