"Lasst uns beten für die Juden"

Presseerklärung, Karwoche 2008

„Lasst uns beten für die Juden“

Presseerklärung

Christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft CJA

im Kanton Zürich

Limmattalstrasse 73

8049 Zürich

Zürich, Karwoche 2008

Die vom Vatikan angekündigte Neufassung der Karfreitagsfürbitte für die Juden im ausserordentlichen Ritus der katholischen Kirche hat grosse Besorgnis ausgelöst. Der Vorstand der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft CJA in Zürich forderte deshalb am 27. Februar in einem Brief an Weihbischof Vollmar, dass sich die Schweizerische Bischofskonferenz SBK klar gegen die Judenmission ausspricht.

„Die Juden sind nach bald 2000 Jahren unerfreulicher, ja todbringender Erfahrungen mit Recht äusserst sensibel und misstrauisch, wenn es um Mission geht. ... Nun aber insinuiert die lateinische Karfreitagsbitte von 1962, dass die Juden zu Christus missioniert werden sollten“, heisst es in dem Brief des Vorstands der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft CJA in Zürich an den Verantwortlichen für die Liturgie in der Schweizerischen Bischofskonferenz, Weihbischof Paul Vollmar.

Dies sei ein klarer Rückschritt hinter das Vaticanum ll. Das Konzil habe betont, dass „Gottes Bund mit den Juden nicht gekündigt ist und sie ihren eigenen Weg zum Heil haben“, heisst es in dem Brief weiter.

Die katholische Kirche lehne offiziell zu Recht die Judenmission ab. Die Neufassung der Karfreitagsbitte weise aber wieder auf vorkonziliäre Standpunkte hin.

Müssen die Juden bekehrt werden?

Verantwortliche der jüdischen Gemeinden seien verständlicherweise alarmiert über den neuen Text, besonders bei ihrem Erfahrungshintergrund. In der Karwoche wurde in den Kirchen lange gegen die Juden gehetzt, so dass es immer wieder zu teils schweren Übergriffen kam.

2007 hat Papst Benedikt XVl. die lateinische Messe in ausserordentlichen Fällen wieder zugelassen. Diese enthält für den Karfreitag die Bitte, dass „die treulosen Juden ... unsern Herrn Jesus Christus erkennen“.

Die Karfreitagsbitte wurde nach Protesten modifiziert. Gott soll jetzt die Herzen der Juden erleuchten, „damit sie Jesus Christus als den Retter aller Menschen erkennen“.

Im Messbuch von 1970 ("ordentlicher Ritus") heisst es dagegen: "Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will ...“

„Ist im Gebet von 1970 die Erlösung der Juden unstrittig, so wird 2008 doch wieder dafür gebetet, dass sie Jesus Christus als Retter anerkennen; und die Frage ist, ob dies im kirchlichem Sprachgebrauch nicht eben doch Bekehrung meint“, erklärt Hanspeter Ernst, Präsident der CJA im Kanton Zürich.

Belastung für Dialog und Ökumene

2001 haben die Kirchen in Europa die Charta Oecumenica unterschrieben, 2005 folgten die zehn Mitgliedkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz, einschliesslich der römisch-katholischen Kirche.

Die Charta Oekumenica betont in der 10. Verpflichtung unter dem Titel “Gemeinschaft mit den Juden vertiefen“: „Eine einzigartige Gemeinschaft verbindet uns mit dem Volk Israel, mit dem Gott einen ewigen Bund geschlossen hat ...“

Auch dieser Text zeigt, dass Juden nicht missioniert werden sollen. Ändert  jetzt der Vatikan seinen Standpunkt , so erschwert dies den ökumenischen Dialog mit den Juden. Wo bleiben die „einzigartige Gemeinschaft“ und „der ewige Bund“?

Der Vorstand der CJA betont deshalb, dass die Konzilsdokumente sowie die Charta zu respektieren ist: „Die CJA fordert deshalb, dass sich die Schweizerische Bischofskonferenz SBK klar gegen die Judenmission ausspricht.“

Der Vorstand der Christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft CJA

im Kanton Zürich

Hanspeter Ernst, Pfr. Hans Schwegler

Informationen:

Hanspeter Ernst, Präsident der CJA im Kanton Zürich, kath. Theologe

Michel Bollag, Vorstandsmitglied CJA, jüd. Theologe

Tel. dir.: 044 342 23 50

Tel. Sekretariat.: 044 341 18 20 (Zürcher Lehrhaus)

Nabel: 079 354 12 14

hanspeter.ernst(at)lehrhaus.ch

michel.bollag(at)lehrhaus.ch

Die Christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft CJA im Kanton Zürich

Die CJA im Kanton Zürich ist eine Ortsgruppe der CJA Schweiz. Sie besteht seit 1946. Sie dient der Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Juden und Christen sowie des interreligiösen Dialogs, und sie bekämpft jegliche Form von Judenfeindschaft und religiöser Diskriminierung. Der Verein ist überkonfessionell. Der CJA im Kanton Zürich gehören 180 Mitglieder (Juden und Christen) an.