König, Franz Kardinal Mentor und Träger der christlich-jüdischen Erneuerung

In memoriam

Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Österreich trauert um Kardinal Franz König. Wir erinnern uns in Dankbarkeit an seine Verdienste um die christlich-jüdische Verständigung, speziell auch an seine persönliche Unterstützung unserer Organisation.

Auf dem Konzil arbeitete er mit Prälat Österreicher an der Konzilserklärung Nostra Aetate über die nichtchristlichen Religionen. In der anschließenden Aufbruchszeit ermutigte er Professor Kurt Schubert, dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der bis dahin als Arbeitsgruppe von Pax Christi existierte, eine formelle Vereinsstruktur mit evangelischer und jüdischer Beteiligung zu geben. Richtung weisend waren die Beschlüsse der Wiener Diözesansynode  für eine Umsetzung von Nostra Aetate in Lehre, Katechese und Pastoral.

1988 erschien ein Gespräch zwischen Kardinal König und Ernst Ludwig Ehrlich, umfassend zu den Themen des christlich-jüdischen Verhältnisses anhand der lehramtlichen Dokumente der römischen Kirche, in Buchform: Juden und Christen haben eine Zukunft (Pendo-Verlag Zürch). Darin bedauert König, dass das Bewusstsein der Gleichwertigkeit des Judentums in der Kirche nicht immer gegeben sei: "Mein Eindruck ist, dass die alte Missionierungsidee hier unbewusst noch weiter wirkt: alles wegräumen, was nicht Christentum ist und dann neu aufbauen. Das Alte Testament, na ja, das ist zwar da und gehört eben dazu, aber wir brauchen es nicht so ganz ernst zu nehmen." Die Aussage von Papst Johannes Paul II. in Mainz 1980 "Das Alte Testament und das Neue Testament stehen in einem Dialog innerhalb der Kirche" war für König der Ausdruck der Gleichwertigkeit beider Glaubensurkunden des Judentums und Christentums.

Das laufende Projekt der Restaurierung christlicher Gräber aus der NS-Zeit auf dem Wiener Zentralfriedhof war ihm ein persönliches Anliegen, das er ideell und finanziell mittrug. Anlässlich der 50. Ausgabe unserer  Quartalsschrift "Dialog-Du Siach/ christlich-jüdische Informationen" zog Kardinal König eine Bilanz der christlich-jüdischen Erneuerungsbemühungen.

König mahnte immer wieder die Erinnerung an die NS-Zeit und die theologischen und politischen Lehren daraus ein: "Als katholische Christen müssen wir eingestehen, dass auch kirchliche Kreise Schuld auf sich geladen haben, als sie einem religiös verbrämten Antisemitismus Raum gaben. Denn jene Geisteshaltung der Feindschaft gegen das Judentum oder jüdische Menschen war eine der Voraussetzungen dafür, dass die vom NS-System in Gang gesetzte Massenvernichtung der Juden auf einen zu geringen Widerstand stieß." Ihm war bewusst, dass nicht mit heutigem Maßstab an die damaligen Ereignisse heran gegangen werden kann, doch sei  es unumgänglich, in der Zukunft hinter heutige Einsichten nicht mehr zurück zu gehen. Im Rahmen der Gedenkveranstaltungen 1988 "Schalom für Österreich" formulierte König: "Aus der Sicht von heute kann man mir ohne Zweifel den Vorwurf machen, ich hätte zu wenig getan. Was kann ich darauf antworten? Wohl nur schweigen. Oder ich könnte die Gegenfrage stellen: Hätten Sie den Mut gehabt, mehr zu tun?"

Seine regelmäßige Teilnahme am Gedenkgottesdienst Mechaje Hametim am 9. November in der Wiener Ruprechtskirche war sichtbarer Ausdruck dieser Haltung des Gedenkens und demütigen sich Erinnerns.

Bleibende Ermutigung sind die programmatischen Worte von Kardinal König aus seiner Erklärung zum Antisemitismus aus dem Jahr 1987: "Der christliche Glaube fordert uns vielmehr heraus, immer tiefer die Werte des Judentums zu verstehen, uns der gemeinsamen Wurzel des Glaubens an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bewusst zu sein, und uns mit ganzer Kraft um ein brüderliches Verhältnis zwischen Christen und Juden zu bemühen."

Markus Himmelbauer