Kämpfen, Reden, Beten

Jerusalem 8. Jan, 09. Auf einem Symposium über die Berichterstattung in den Medien, die am vergangenen Dienstag in Jerusalem stattfand, beschrieb Professor Bruce Williams von der University of Virginia die Berichterstattung der Medien, die allzu häufig Vergleiche mit dem "guten" Zweiten Weltkrieg anstellen. Aktuelle Ereignisse und insbesondere Kriege werden oft in eine Beziehung zu diesem Zweiten Weltkrieg gesetzt. Europäer sind besonders anfällig für die Nutzung solcher Vergleiche.

Kämpfen, Reden, Beten

Der Krieg im Gaza-Streifen ist ein Beispiel dafür. So wird Gaza zu einem "Konzentrationslager". Israelis werden als "Nazis" dargestellt und ihre Bemühungen, die terroristischen Angriffe auszuschalten, als "Holocaust" an den Palästinensern. Kompromisse werden mit "München" verglichen. Und so geht es weiter.

In seinem kürzlich erschienenen Buch "Behind the Humanitarian Mask" [Hinter der Maske der Humanität], zitiert Dr. Manfred Gerstenfeld von Jerusalem Josef Joffe, den Herausgeber der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit". Ich denke das Zitat ist es wert, Sie darauf aufmerksam zu machen:

Die neue europäische Einstellung ist Anti-Macht, Anti-Krieg, Anti-Rassismus — der prise de conscience, wie es die Franzosen nennen, das "Nie wieder!" Es spiegelt die schreckliche Vergangenheit Europas wider, die durch viel mehr Komplizenschaft im Projekt der Nazis gekennzeichnet ist, als einige Länder — wie z. B. Norwegen und Schweden, die zu den am stärksten anti-israelischen in Europa gehören — bereit sind sich einzugestehen.

Es spiegelt alte Schuldgefühle wider, die sich unbewusst auf andere projizieren lassen. Israel ist dafür ein sehr guter Kandidat, weil es (a) die Ursache dieser Schuldgefühle ist und (b) sich weigert, sich so zu verhalten wie Schweden oder die Schweiz, in erster Linie weil es nicht in ihrer Nachbarschaft lebt, die wie das dauerhaft befriedete Europa aussieht.

Vielleicht gibt es etwas von dieser Mentalität auch in nicht-europäischen Ländern, darunter Kanada. Sie kann den Protest gegen Israel, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat, erklären. Die israelischen Medien beschreiben einen Großteil dieser europäischen Mentalität, nicht in Selbstmitleid, sondern eher sozusagen zur allgemeinen Kenntnisnahme. Und natürlich sehen auch viele von uns hier in Israel ausländische TV-Stationen. Wie ich wahrscheinlich schon erwähnt habe, kann man in Israel auch Al Jazeera in Englisch und Arabisch sehen.

Was ich sehe, höre und lese entfremdet mich eher, fast gegen meinen Willen, dem "Friedens-Camp", dem ich mich verbunden fühle und zu dem ich gehören will. Ich habe das unangenehme Gefühl, dass die berechtigten Äußerungen von israelischen Friedensaktivisten von denen missbraucht weren, die Josef Joffe weiter oben im Zitat erwähnt.

Gestern nahm ich an einer Konferenz zur Feier des 20. Jahrestags der Rabbis for Human Rights [Rabbiner für Menschenrechte] teil, einer Organisation, der ich gern angehöre. Während sich viele ihrer leitenden Persönlichkeiten darüber beklagten, dass unsere Organisation in Israel nicht mehr Einfluss habe, kam mir zu Bewusstsein, dass sie im Ausland wohl mehr zitiert wird als hier. Aber sie ist doch nur hier wirklich relevant und dringend erforderlich.

Denn auch diejenigen, die wissen, dass Israel zu tun hat, was es derzeit tut, was auch immer die Gründe für die vielen Toten der palästinensischen Zivilbevölkerung sind, das Ergebnis ist schmerzhaft, vielleicht mehr für Juden als für andere. Wir rühmen uns der Sorge um alles menschliche Leben, und doch . . .

All dies bedeutet, dass selbst wenn wir über die israelischen militärischen und diplomatischen Erfolge informiert werden, wir nicht jubeln können, sondern fragen, wann wird dies alles enden und mit welchen Kosten? Während die Generäle kämpfen und die Politiker reden, beten einige von uns.

Editorische Anmerkungen

Rabbi Dow Marmur, Toronto, Kanada, verbringt die Hälfte des Jahres, in Jerusalem und die andere Hälfte in Toronto, Kanada. Er schreibt von Jerusalem aus. Aus dem Englischen von Fritz Voll