Genesis - Bereschit: Dritte mitteleuropäische christlich-jüdische Bibelwoche

Köszeg/ Güns. 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Ungarn, Serbien, der Slowakei und Österreich studierten vom 14. bis 17. Juli das erste Buch der Tora aus dem Geist des christlich-jüdischen Dialogs.

Während der Antisemitismus in Ungarn immer wieder neu für Schlagzeilen sorgt, trafen einander Christinnen und Christen aus dem Donauraum in diesem Sommer schon zum dritten Mal, um unter jüdischer Anleitung die Tora zu studieren. Mit der mitteleuropäischen christlich-jüdischen Bibelwoche im ungarischen Köszeg/ Güns hat der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine neue Tradition begründet: Christinnen und Christen unterschiedlicher konfessioneller Herkunft beschäftigen sich mit den jüdischen Quellen ihrer religiösen Identität. So sollen Missverständnisse und negative Bewertungen des Judentums und seiner Fundamente überwunden werden.

Die Sicht der Rabbinen und der Kirchenväter

"Wir studierten die ersten Kapitel des Buches Genesis unter jüdischer Begleitung", erzählt Koordinierungsausschuss-Geschäftsführer Markus Himmelbauer: "Wir tun dies in einer Region, in der jüdisches Leben durch die Schoa fast vollständig vernichtet wurde. Für uns ist Erinnerung nicht nur der Besuch von übrig gebliebenen Monumenten und Friedhöfen, sondern eine Weiterführung der geistigen Tradition des jüdischen Lernens." Das mache die Besonderheit dieses Seminars an diesem Ort aus, so Himmelbauer. Michály Riszovannij, Germanist aus Budapest und als Vorbeter in verschiedenen jüdischen Gemeinden tätig sowie die Salzburger Judaistik-Professorin Susanne Plietzsch waren die jüdischen Referenten des Kurses. Daneben leiteten die Alttestamentlerinnen Jutta Hausmann aus Budapest und Agnethe Siquans aus Wien einzelne Workshops.

"Zu den Schöpfungsgeschichten gibt es auch Kommentare der Kirchenväter. Sie stammen aus derselben Zeit wie die Diskussionen des Talmud", erzählt Markus Himmelbauer: "Es geht uns um den christlich-jüdischen Austausch. So war es uns wichtig, auch die Stimmen der Kirchenväter zu den ersten Kapiteln der Bibel zu hören." Diese neue Herangehensweise an den biblischen Text erweiterte den Horizont der Diskussionen und bedeutete eine wesentliche Bereicherung des Kurses. Die Themen umfassten grundsätzliche Klärungen zu den Unterschieden zwischen "Tora" und "Altem Testament", es ging um die Schöpfungserzählungen und um die sieben Noachidischen Gebote, die für alle Menschen gelten. Weiters wurden neue Entwicklungen in der reformierten jüdischen Tradition thematisiert, neben den Erzvätern auch die Erzmütter im gottesdienstlichen Gebet zu berücksichtigen.

Beim Tora-Seminar des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit machten sich Menschen aus dem Donauraum gemeinsam auf den Weg der Begegnung untereinander und mit dem Judentum: Die fast 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus Serbien, Ungarn, Österreich und der Slowakei. Dies hat positive Rückwirkungen in deren Gemeinden und Gemeinschaften und trägt konkret zur Überwindung von Vorurteilen und Antisemitismus bei. Das Seminar fand im  Missionshaus "Szent Imre" der Verbiten/ Steyler Missionare statt.

Besuch der jüdischen Gemeinde Szombathely

Ein gemeinsamer Ausflug führte in das gerade erst eröffnete jüdische Museum von Steinamanger/ Szombathely. Sándor Márkus, Präsident der dortigen jüdischen Gemeinde, bot einen lebendigen Einblick in das Leben der kleinen Gemeinschaft in der ungarischen Provinz. Das Museum bietet einen Überblick über die jüdische Geschichte der Stadt, besonders während der Blütezeit der Gemeinde an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, und in verschiedene Aspekte des religiösen Lebens im Jahreskreis.

Der Aufenthalt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Reformländern wurde unterstützt von der evangelischen Superintendentur Burgenland, dem Evangelischen Oberkirchenrat AB und von den Spenderinnen und Spendern des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Danke!