Gemeinsame Stellungnahme von Juden und Christen zu Auschwitz

Erstmals seit dem Holocaust haben Christen und Juden in Deutschland zu Auschwitz gemeinsam Stellung genommen.

Gemeinsame Stellungnahme von Juden und Christen zu Auschwitz

Berlin - Erstmals seit dem Holocaust haben Christen und Juden in Deutschland zu Auschwitz gemeinsam Stellung genommen. Die vom Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) herausgegebene, 100 Seiten umfassende Broschüre "Auschwitz - Geschichte und Gedenken" solle ein Beitrag zur Verständigung und zur Versöhnung sein, sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer in Berlin. Ihr wesentliches Anliegen sei die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die "Dimension des jüdischen Leidens in dem Todeslager".

Eines der zentralen Themen sei die Mitverantwortung der Christen an der Verfolgung und Ermordung der Juden, der Schoa. Sie sei als kultureller, moralischer und religiöser "Bruch" durch die Jahrtausende alte Traditionslinie des christlichen Antijudaismus mit ermöglicht worden, sagte Meyer. Die von den Kirchen vertretene "zutiefst unchristliche" Generalthese, dass die Juden Schuld am Tod Christi hätten, habe wesentlich mit zu Auschwitz beigetragen.

Die Broschüre wurde vom Gesprächskreis "Juden und Christen" der katholischen Laienorganisation erarbeitet. Die neun jüdischen und 18 katholischen Autoren halten darin auf die Schoa und deren Vorgeschichte Rückschau und lassen Stimmen von Überlebenden sowie aus der katholischen Kirche zu Wort kommen.

Die Beziehungen zwischen Juden und Christen seien derzeit "so gut, wie sie vor dem Hintergrund der Schoa überhaupt sein können", sagte der jüdische Historiker und Mitautor Ernst Ludwig Ehrlich. In den vergangenen 40 Jahren sei die Entwicklung "fast nur positiv verlaufen". Der Besuch Papst Johannes Paul II. in der israelischen Gedenkstätte Jad Vashem und an der Klagemauer in Jerusalem im März 2000 bedeute eine Form der Identifizierung mit dem jüdischen Volk und seiner Geschichte durch die Kirche, die "einmalig in den vergangenen 2.000 Jahren ist", so Ehrlich.

Dazu komme die Absage der katholischen Kirche an jede Form der Judenmission und die Akzeptanz der hebräischen Bibel als eigenständiges Werk. "Hier ist eine Wende eingetreten", stellte der Historiker fest, "und wer guten Willens ist, wird diese Wende sehen." Die gemeinsame Verbundenheit müsse nun an die Basis getragen werden.

Editorische Anmerkungen

epd, kathpress 28.05.02