Dokumente Kirchen und Judentum

Grußwort von Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Erfurt), Vorsitzender der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz, anlässlich der Präsentation des Projekts „“ am 28. November 2025 in Frankfurt am Main.

Sehr geehrte Projektgruppe, Herr Professor Henrix, Herr Dr. Töllner, Frau Pfarrerin Ebert, Herr Rabbiner Ahrens, Herr Professor Boschki und Herr Sacherer, sehr geehrte Frau Bischöfin Fehrs und sehr geehrter Professor Kiesel, sehr geehrte anwesende Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, der jüdischen Gemeinden, der Kirchen und aller im christlich-jüdischen Dialog Engagierten!

Ich freue mich sehr, Ihnen am heutigen Tag die Grüße und Dankesworte der Deutschen Bischofskonferenz übermitteln zu dürfen.

Mit dem heute präsentierten Portal „Dokumente Kirchen und Judentum“ haben Sie, liebe Projektgruppe, ein Projekt fortgeschrieben, das bereits seit 1945 kirchliche und jüdische Verlautbarungen zum Verhältnis von Kirchen und Israel, Christentum und Judentum dokumentiert. Die beiden hierzu zunächst erschienenen Printdokumentationen, die den Zeitraum von 1945 bis 2000 in den Blick nahmen, legten einen Grundstein für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Beziehung. Die nun von Ihnen geschaffene Fortschreibung des Projekts durch die Ergänzung der Dokumente seit 2000 setzt dieses Vorhaben konsequent fort. Zudem ermöglicht es angesichts der neu geschaffenen digitalen Verfügbarkeit erstmalig einen niederschwelligen und fortwährend aktuellen Zugang zu allen Dokumenten auch außerhalb von Bibliotheken. So leistet es einen wertvollen Beitrag zur Vertiefung unserer gemeinsamen Geschichte. Dies ist eine Geschichte, die in den letzten 25 Jahren zahlreiche Beispiele gelingender christlich-jüdischer Verständigung hervorgebracht hat, die aber auch nicht frei von Momenten der Irritation oder der Verletzung gewesen ist. Gerade deshalb ist es so wichtig, die Entwicklung dieses Verhältnisses mittels der vorhandenen Zeugnisse nachzuvollziehen. Denn wer die Ursprünge kennt, der kann Gegenwärtiges verstehen, kann heute Wege der Versöhnung, des Austauschs und des Miteinanders gehen.

Wenn wir heute auf dieses Vorhaben schauen, dann tun wir das in einem besonderen Jahr. Gerade erst im Oktober feierten wir den 60. Jahrestag der Konzilserklärung Nostra aetate. In dieses Jubiläum fügt sich Ihr Projekt passgenau ein: Die Erklärung, die am 28. Oktober 1965 in Kraft gesetzt wurde, gilt seit jeher als diejenige, die die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum grundlegend verändert hat. Nostra aetate hat vor dem Hintergrund der furchtbaren Gräuel der Shoah den Blick der Kirche geweitet – weg von Vorurteilen, Abwertungen und Schuldzuweisungen hin zu einer Haltung des Respekts und der Verbundenheit. Sie muss deshalb als Meilenstein verstanden werden, der die Kirche aus der Position vergangener Jahrhunderte hin zu einer offeneren und dialogbereiteren werden und sie ihre Verfehlungen der Vergangenheit erkennen ließ. Die Kirche, so ist schon im ersten Satz des Abschnitts zum Judentum in Nostra aetate festgehalten, kann sich nur dann selbst verstehen, wenn sie sich auf das Band besinnt, das Judentum und Christentum verbindet.

Auf dieser Grundlage konnte in den vergangenen Jahren eine Beziehung der gegenseitigen Wertschätzung erwachsen. Ihr heute präsentiertes Projekt macht die Geschichte dieser Beziehung bis in die Gegenwart hinein transparent, indem es die jüdischen wie die christlichen Stimmen selbst sprechen lässt und so das intensive Bemühen um Dialog und Verständigung aufzeigt.

Besonders erfreulich ist, dass sich hierzu auch der Herausgeber- bzw. Redaktionskreis zu einem christlich-jüdischen erweitert hat. Auf diese Weise sind Sie, liebe Mitglieder der Projektgruppe, selbst ein hervorragendes Beispiel für gelingende jüdisch-christliche Zusammenarbeit geworden. Mein Dank gilt deshalb insbesondere auch unseren jüdischen Dialogpartnerinnen und -partnern, mit denen wir diesen Weg des Dialogs und der Freundschaft nun seit so vielen Jahren gehen. Ihr Vertrauen, das angesichts der Vergangenheit keineswegs selbstverständlich ist, ist ein Geschenk, das uns verpflichtet.

So bleibt uns der Geist der Konzilserklärung Auftrag, auch in Zukunft Brücken der Verständigung zu bauen und das von Nostra aetate Geforderte auch tatsächlich umzusetzen – im Denken, im Forschen, im Reden und im Handeln. Ich wünsche dem hier heute präsentierten Projekt deshalb gutes Gelingen. Möge es viele Menschen dazu anregen, sich mit der jüdisch-christlichen Dialoggeschichte auseinanderzusetzen!

Vielen Dank.

 

Editorische Anmerkungen

Dr. Ulrich Neymeyr ist Bischof von Erfurt und Vorsitzender der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz.

Quelle: Deutsche Bischofskonferenz.