Bedenken gegen Karfreitagsfürbitte

14.02.2008, 12:30 Uhr. Brief an Papst Benedikt XVI.

Bedenken gegen Karfreitagsfürbitte

An Seine Heiligkeit

Papst Benedikt XVI.

zur Kenntnisnahme an Herrn

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Kardinal Bertone

Staatssekretariat

und

Herrn Walter Kardinal Kasper

Präsident der Kommission für Religiöse Beziehungen zu den Juden

Hochverehrter Papst Benedikt,

mit Dankbarkeit nehmen die jüdischen und christlichen Mitglieder im Vorstand des Deutschen Koordinierungsrates der 83 Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit das Faktum der erneuten Änderung der Karfreitagsfürbitte für die Juden im Tridentinischen Messritus zur Kenntnis.

Damit wurde auf die vielfachen Einsprüche von jüdischer Seite und von christlich-jüdischen Gesprächskreisen wie auch vom DKR gegen eine überholt geglaubte Judentums-Theologie des Vatikans reagiert.

Allerdings sehen wir uns gezwungen, erneut auch gegen die neue Formulierung unsere theologischen Bedenken anzumerken, da sie hinter die Erklärungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und hinter die mit ihnen übereinstimmende ordentliche Ausdrucksform der "Lex orandi" der katholischen Kirche des lateinischen Ritus, wie er von Papst Paul VI. promulgiert wurde, zurückfällt.

Im Missale Romanum von 1970 heißt es:

"Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will."

Der jetzt veränderte Text für die außerordentliche Ausdrucksform lautet:

?Wir wollen beten für die Juden. Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen.?

Wir vermissen im neuen Text das klare Bekenntnis zur bleibenden theologischen Bedeutung Israels und sehen in ihm eine - wenn auch sublime - Aufforderung zur Judenmission und zur Taufe von Juden. Wir sind mit dem Text von 1970 überzeugt, dass Gottes Bund bereits Israel das Heil erschlossen hat und dass die Kirche nicht um das Heil Israels besorgt sein muss.

Hat die katholische Kirche zwei sich widersprechende Israel-Theologien? Das christlich-jüdische Gespräch in Deutschland ist weiter belastet.

Mit dem Ausdruck tiefen Respekts

Dr. Henry G. Brandt

Jüdischer Präsident

Pfr. Ricklef Münnich

Evangelischer Präsident

Dr. Eva Schulz-Jander

Katholische Präsidentin

Bad Nauheim, den 7.2.2008