Auschwitz-Gedenken

Erstmals in ihrer Geschichte gedachte die UNO-Vollversammlung mit einer Zeremonie in New York der Befreiung der NS-Konzentrationslager vor 60 Jahren.

Auschwitz-Gedenken

Historische Sitzung der UNO-Vollversammlung

Januar 2005 - Erstmals in ihrer Geschichte gedachte die UNO-Vollversammlung mit einer Zeremonie in New York der Befreiung der NS-Konzentrationslager vor 60 Jahren. Nach einer einleitenden Schweigeminute erinnerte UNO-Generalsekretär Kofi Annan daran, dass die Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg als Antwort auf "das Böse des Nationalsozialismus" gegründet wurden. Israels Außenminister Silvan Shalom würdigte die Gedenkstunde als "historisches Ereignis von weltweiter Tragweite und politischen Erfolg Israels". Die Beziehungen zwischen der UNO-Vollversammlung und Israel waren jahrelang belastet, nachdem das Gremium vor rund 30 Jahren Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt hatte.

Fischer: Sicherheit für jüdische Bürgerinnen und Bürger

Der deutsche Außenminister Joschka Fischern verurteilte vor Beginn der UNO-Sitzung das Verhalten der rechtsextremen NPD im sächsischen Landtag scharf. Es sei "empörend", wie die NPD im Rahmen der parlamentarischen Demokratie gezielt die "Relativierung des Holocaust" inszeniere, sagte er vor Journalisten. Sächsische NPD-Abgeordnete hatten sich am Freitag dem Gedenken an die Holocaust-Opfer verweigert und danach in Reden die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 als "Bomben-Holocaust" bezeichnet.

Vor der Vollversammlung erinnerte Fischer an die "historisch-moralische" Verpflichtung Deutschlands, jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen. Das demokratische Deutschland habe die Lehren aus "dem absoluten moralischen Tiefpunkt" des Nationalsozialismus gezogen. Die Deutschen dürften nicht tatenlos zuschauen, wenn Menschen wegen ihres Glaubens beleidigt, angegriffen und verletzt würden, betonte Fischer. "Wir dürfen nicht wegsehen, wenn Synagogen beschmiert und geschändet werden. Und wir dürfen antisemitischer Hetze nicht schweigend zuhören", fügte er hinzu. Ein "entscheidender Indikator" für den Zustand der deutschen Demokratie sei es, ob sich die jüdischen Bürger und ihre Gemeinden sicher und zuhause fühlten.

Wiesel: Sie schossen und hörten Bach

Der Holocaust-Überlebende und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel mahnte vor der Vollversammlung, die Erinnerung an den Holocaust für "die Kinder von heute" wach zu halten. Ebenso müssten Antisemitismus, Rassismus sowie religiöser und ethnisch motivierter Hass angeprangert werden.

Es sei bis heute unfassbar, wie so viele gebildete Deutsche sich schuldig machen konnten. "Wie konnten intelligente und gebildete Menschen tagsüber mit Maschinengewehren auf Hunderte von Kindern schießen und sich am Abend an den Versen Schillers oder einer Partitur von Bach erfreuen?", fragte Wiesel. Es sei aber auch zu fragen, ob die damaligen Westmächte nicht viel mehr hätten tun können, "um die Tragödie des jüdischen Volkes zu verhindern oder wenigstens ihr Ausmaß zu verringern".

Internationale Gedenkstunde in Auschwitz

Der Pariser Erzbischof Jean-Marie Lustiger nahm in Auschwitz bei den Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz in Vertretung des Papstes teil. In seiner Rede betonte er die universale Dimension der Schoa: Auschwitz sei der Inbegriff aller menschlichen Tragödien, Massaker und Kriege. Diese Einzigartigkeit müsse auch künftigen Generationen vermittelt werden, so der Pariser Erzbischof. Die davon ausgehende Warnung müsse in das Bewusstsein auch der Nachgeborenen eingeschrieben werden.

In den Todesmühlen des Lagerkomplexes von Auschwitz und Birkenau - er umfasste am Ende drei Haupt- und 40 Nebenlager - wurden Menschen aus Polen, sowjetische Kriegsgefangene, Roma und Sinti, ab 1942 vor allem Jüdinnen und Juden aus allen Teilen Europas, systematisch umgebracht. Die allgemeine Zahl der Opfer von Auschwitz in den Jahren 1940 bis 1945 wird auf 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt. Die Mehrheit von ihnen kam in den Gaskammern um.

Am 27. Jänner 1945 wurden einige Tausend Häftlinge von der Roten Armee befreit. Die Mehrzahl der Häftlinge war von der SS auf einen Todesmarsch Richtung Deutschland getrieben worden, wobei noch viele ums Leben kamen.

Editorische Anmerkungen

kathpress