Unser Christusglaube und die jüdische Messiashoffnung

Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?' (Mt 11,2). Der christliche Christusglaube sieht sich mit vielerlei Unsicherheiten und Anfechtungen konfrontiert. Die Anfragen und Herausforderungen des Glaubens durch die Postmoderne, den Pluralismus und nicht zuletzt durch 'den Schatten und das Dunkel' der eigenen Glaubensgeschichte verleihen der Frage des Johannes - 'Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?' - eine drückend aktuelle Brisanz, vor deren Hintergrund der Zusammenhang zwischen jüdischer Messiashoffnung, Schoa und Christentum neu zu fragen ist.

Hans Hermann Henrix

"Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?" (Mt 11,2). 

Unser Christusglaube und die 

jüdische Messiashoffnung

1. Die Frage des Johannes - unsere Frage heute

Im Matthäusevangelium lesen wir: "Johannes hörte im Gefängnis von den Werken Christi. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: 'Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?' Jesus antwortete ihnen: 'Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt" (Mt 11,2-6).

Johannes der Täufer liegt im Gefängnis. Er kann seine Verkündigungs- und Taufpraxis nicht fortsetzen. Sie hat ihm die Haft eingebracht. In seiner Gefangenschaft hört er von den "Werken Christi". Das Wirken Jesu, seine Predigt, die seiner eigenen Verkündigung so nahe steht, seine Taten dringen zu dem Gefangenen. Johannes mag auch von den Anfeindungen und Kontroversen, von den Erfolgen und Mißerfolgen Jesu gehört haben. So schickt er seine eigenen Schüler zu Jesus und stellt ihm die Frage: "Bist du der Kommende?" Wer so fragt, setzt voraus: ein Kommender wird erwartet. Im Israel der Johannes- und Jesus-Tage wartete man z.B. auf Elija, der kommen sollte (Mt 11,14). Vielleicht - unsere Exegeten und Historiker sind da schon nicht mehr so sicher - wurde in Israel auch auf den Messias gewartet - als einen "Kommenden". Offenbar war die Identität dessen, der da kommen sollte, nicht eindeutig. Daß einer kommen sollte, das war Thema und Gegenstand von Erwartung und Hoffnung. Aber wer dieser sei und welche Aufgaben er habe - darüber gab es Unsicherheiten. Der zweite Teil der Johannes-Frage drückt die Offenheit und Variabilität der Erwartung aus: "oder sollen wir einen anderen erwarten?". Der Erwartete - sei es Elija, sei es der Messias - war verwechselbar. Viele sollten noch kommen, Zeichen und Wunder wirken und die Auserwählten in die Irre führen (Mk 13,22). Da können jene, die warten, unsicher werden und hin- und herschwanken zwischen solchen, die sagen: "Siehe hier ist der Christus" und solchen, die sagen: "siehe dort" (Mk 13,21). Es gibt eine geschichtliche Verwechselbarkeit des Messias. Das schafft Unsicherheit. Jesus beendet mit seiner Antwort nicht einfach die Unsicherheit des Johannes und seiner Jünger. Er fordert sie lediglich auf, ihren eigenen Ohren und Augen zu trauen. Er spielt die Antwort den Fragenden zurück: aus der Mühe des eigenen Fragens und Erkennens sind sie nicht entlassen; die Antwort ist ihrem eigenen Entscheid aus dem, was sie hören und sehen, anheimgegeben. Die Antwort wird ihnen nicht von einer Autorität vorgegeben, sondern ihrer eigenen Urteilskraft, ihrer Ohren- und Augenzeugenschaft anvertraut.1

Unser heutiger Christusglaube ist der Unsicherheit nicht enthoben. Er hat seine zeitspezifischen Anfechtungen. Es gibt viele Gründe, die uns so in Verwirrung bringen, daß wir wie die Schüler des Johannes fragen: "Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?"

2. Die Verwirrtheiten unserer Tage

Es gehört zur Geisteslage unseres Glaubens heute: Vieles verwirrt, manches bedrängt, neue Fragen sind uns gestellt. An einiges sei erinnert: (1) Das herrschende Zeitgefühl wird zunehmend mit dem Begriff der Postmoderne gekennzeichnet. Dieser Begriff steht für die Auflösung relativ überschaubarer und einheitlicher Lebensbereiche, die einer ungewohnten Unüberschaubarkeit und Pluralität Platz gemacht haben. (2) Der christliche Glaube, der an der Schwelle seines dritten Jahrtausends steht, sieht sich mit einer Geschichte konfrontiert, die viel Schatten und Dunkel enthält: Die Glaubensgeschichte, die über viele Generationen hinweg ein Halt und eine Stütze des Glaubens war, hat ihr doppeltes Gesicht gezeigt und ist auch zur Last des Glaubens geworden. (3) Pluralismus begegnet auch im Raum von Glaube und Kirche selbst. Im Ringen um das rechte Verständnis Jesu von Nazareth, dieses guten Sohnes Gottes und Israels, werden unterschiedliche und manchmal gegenläufige Antworten gegeben.

(1) Die Postmoderne hat tiefe Zweifel an den Leitbildern der Moderne aufkommen lassen. Ob es einen Fortschritt in der Menschheitsgeschichte gibt, ob die Wissenschaft und Technik jene Probleme lösen können, die sie heraufbeschworen haben, ob die großen Institutionen und Traditionen die Verheißungen noch einzulösen vermögen, die sie für sich in Anspruch nehmen - all dies ist vielen Menschen fraglich geworden. Sie sehen sich bedroht von der Zerstörung der Natur, von der Ungerechtigkeit des freien Marktes, von der Vielfalt der auf sie eindrängenden Angebote dieses Marktes. Dieser Markt hat auch den Bereich des Glaubens und der Religiosität erfaßt. In den Ländern Westeuropas machen die Kirchen die kränkende Erfahrung der Entmachtung. Christentum und Kirche werden oder sind aus früheren privilegierten Positionen abgedrängt in Randstellungen. Wo viele Generationen die Welt des biblischen und christlichen Glaubens als einen allgemeinen Lebensrahmen erfuhren, in einer Sprache und Bildwelt lebten, die biblisch geprägt war, und die Geschichten und Themen der Bibel kannten, ist jetzt allerorten ein Vakuum und eine Leere entstanden; das Christliche erscheint immer mehr Menschen als absonderlich. Der feste Rahmen von Glauben, Ritus und Brauchtum der Kirche und des Christentums ist aus der Öffentlichkeit verschwunden. Er ist ersetzt durch einen Markt vielfältiger Angebote von Weltanschauungen, Idolen, Sinnentwürfen, Mythen oder Religionen. Wo früher die überwiegende Mehrheit der Menschen den Kirchen angehörten, bilden heute die Konfessionslosen die Mehrheit.2 Und wo wie in den Vereinigten Staaten das Religiöse in der Öffentlichkeit sehr wohl präsent ist, tritt es in der bunten Pluralität unterschiedlicher Traditionen, Konfessionen und Religionen auf. In Mittel- und Lateinamerika drängen die Sekten in Milieus ein, in denen die katholische Kirche präsent war. Der erstarkende Islam greift über den seit Jahrhunderten islamisch geprägten Raum hinaus und nimmt den Religionswettbewerb mit angestammten Naturreligionen oder mit der Präsenz der Kirchen in Afrika oder mit den asiatischen Hochreligionen in Indien und anderen Regionen Asiens auf. Die religiöse Unübersichtlichkeit und Vielfalt der Postmoderne ist ein beträchtlicher Faktor der Verunsicherung für viele Christinnen und Christen.3

(2) Wir stehen an der Schwelle zum dritten Jahrtausend der Kirchen- und Glaubensgeschichte. Die Kirche wird diese Wegmarke ihrer Geschichte durch ein Jubeljahr feiern. Sie möchte darauf aufmerksam machen, daß Christus der Herr der Zeit ist; sie vertraut darauf, daß er seine Gemeinde auf der Wanderung durch die Zeit führt, begleitet und schützt. Johannes Paul II. hat daran erinnert, daß es zur Vorbereitung eines Jubeljahrs gehört, sich auch jener Ereignisse und Verhaltensweisen zu erinnern, die Versagen und Schuld bedeuten.4 Er mahnte die europäischen Nationen und rief ihnen die Schuld, Irrtümer und Verletzungen des imperialistischen Systems in Erinnerung. Er wies aber auch darauf hin, daß die Kirche selbst der Buße und Reinigung bedürftig ist, und nannte besonders die Sünden an der Einheit der Kirche. Er vergaß nicht jenes Versagen, das er "die in manchen Jahrhunderten an den Tag gelegte Nachgiebigkeit angesichts von Methoden der Intoleranz oder sogar Gewalt im Dienst der Wahrheit" nannte.5 Mancher wird dies als zu unspezifisch empfunden haben und hätte sich z.B. ein deutliches Wort zur Schuldgeschichte zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk gewünscht. Die zurückliegenden Jahre gaben vielfältigen Anlaß zur Erinnerung an die schmerzliche Last der Geschichte der Kirche und des Christentums - ob dies der 500. Jahrestag der Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahre 1492 oder der 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 oder der 900. Jahrestag der schrecklichen Vorkommnisse in den Monaten Mai und Juni 1096 war, bei denen Horden des ersten Kreuzzugs etwa 5.000 Mitglieder der jüdischen Gemeinden des Rheinlands töteten.6 Es ist in das Bewußtsein der Kirche und vieler Christinnen und Christen getreten, daß es in der langen Geschichte der Kirche und der Christen eine Verständnislosigkeit, Lieblosigkeit, ja Feindseligkeit gegenüber dem jüdischen Volk und dem Judentum gab. Als in Deutschland und Europa der nationalsozialistische Antisemitismus mit seiner Brutalität und kriminellen Energie auftauchte und die Schoa ersann und ins Werk setzte, hatte eine lange Theologie und Verkündigung die Gewissen der Christinnen und Christen eingeschläfert und ihre Fähigkeit zu Solidarität und Widerstand geschwächt. Diese geschichtliche Last im Verhältnis zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk bedrückt viele in der Kirche. Sie ruft nach einer geschwisterlichen Geste der Schuldanerkenntnis durch die Kirche, macht ratlos und läßt Verwirrung zurück. "Nach zwanzig Jahrhunderten 'Christentum' stehen wir verwirrt vor den vielen widersprüchlichen Auslegungen des Evangeliums. Im Namen dieses Evangeliums hat man Armut wie Reichtum, Inquisition wie Martyrium, die Veränderung der Welt wie ihre Verachtung, Kolonisation wie Kooperation gerechtfertigt. Der Blick auf die vergangene Geschichte stürzt die Glaubenden in eine beträchtliche Verwirrung über die Rolle des Glaubens in der heutigen Geschichte. Die Identitätskrise hat hier eine ihrer hauptsächlichen Wurzeln."7

(3) Wer verwirrt ist, sucht Halt und Orientierung. So möchten wir angesichts der Verwirrung durch die Geschichte unseres Glaubens gerne bei diesem Glauben selbst Halt und Trost suchen. Aber wir machen die Erfahrung, daß dabei der Trost sich nur schwer einstellt. Auch im Glauben und in seiner Entfaltung durch die Theologie treffen wir nicht das Eine in dem Vielen an, sondern werden noch einmal mit vielen Stimmen des Glaubens konfrontiert. Es ist, als ob wir vor einer kopernikanischen Wende stehen: Seit den großen Konzilien im 4. und 5. Jahrhundert wurde eine Christologie gelehrt, die bei Gott einsetzt, um über seinen Herabstieg zu den Menschen im Sohn Jesus Christus nachzudenken. Gegenüber dieser "Christologie von oben" wird in den letzten Jahrzehnten eine "Christologie von unten" bevorzugt. Sie setzt beim historischen Jesus von Nazareth ein, um in seinem Geschick und in seiner Gestalt die Selbstmitteilung Gottes zu entdecken. Die "Christologie von unten" kann sehr unterschiedlich akzentuiert werden. Für die Theologie der Befreiung steht die Gestalt eines Jesus der Armen im Mittelpunkt, während in Entwürfen einer feministischen Christologie Jesus als die inkarnierte Liebe bedacht wird, die ein neues Verhältnis zwischen den Geschlechtern zueinander ermöglicht.8 

3. Unsere Verwirrtheiten - eine Ortsanweisung unserer Antwort auf die Christusfrage

Die Geisteslage unserer Tage scheint für uns die Christusfrage zu verschärfen: "Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?" (Mt 11,2). Aufs neue werden wir daran erinnert: Unsere Frage nach Christus fällt an uns zurück. Wir werden von ihm aufgefordert, uns umzusehen und das, was uns begegnet, zu wägen und zu prüfen. Weist es auf ihn hin? Gibt es Auskunft darüber, ob wir gut beraten sind, wenn wir seine Nähe suchen?

Gerade die Verwirrtheiten unserer Tage scheinen Spuren zu enthalten, die zu ihm führen. Jesus von Nazareth war nicht der Anfechtung und dem Verwirrtsein enthoben. Er wußte nicht alles. Er machte Entwicklungen durch. Er mußte Versuchungen bestehen. Er fragte seine Jünger und dies nicht nur aus einer überlegenen Souveränität heraus. Er war konfrontiert mit einem Pluralismus von Antworten auf die Frage, was der Wille Gottes für sein Volk und seine Zeit bedeutete. Er gestand in der Frage des Termins des Endgerichts sein Nichtwissen ein. Er hatte seine Getsemani-Erfahrung und erlitt die Entmachtung bis in den Kreuzestod hinein. Darin zeigte sich sein wirkliches Menschsein9, das er mit uns teilt und in dem er uns nahe ist. Wir brauchen also unsere Verwirrtheit nicht zu beklagen. Wir können sie annehmen.

In der Annahme dieser Situation gewinnen wir Christinnen und Christen einen bestimmten Ort für unser Wägen und Prüfen der Christusfrage. Ihr Ort liegt jenseits der Defensive. Er ist ein Ort der Treue - einer Treue, die kostbar ist, weil sie etwas kostet. Solche Treue bedeutet die Kraft, die Situation der Minderheit zu bejahen und den Pluralismus unserer Zeit zu akzeptieren.10 Sie verschließt sich nicht der Geschichte des eigenen Scheiterns. Sie stellt sich der historischen Wirklichkeit. Sie ist offen für neue Versuche, christliche Identität zu formulieren. Sie trumpft nicht auf. Sie ist demütig. Vor allem sucht sie ihren Herrn und Bruder in der Nähe zu seinem Volk. Das ist der zeitgenössische Ort unseres Entscheids der Christusfrage. Das Zeitgenössische dieses Ortes hat einen doppelten Sinn: Zunächst trifft er für Jesus selbst zu: Jesus war Zeitgenosse seines jüdischen Volkes; er war nicht allein; er wollte die communio seines Volkes, und er blieb seiner Sendung treu - auch angesichts des konflikthaften Pluralismus in seinem Volk.11 Dann aber meint der zeitgenössische Ort auch unsere Zeitgenossenschaft: Nach den langen Jahrhunderten christlicher Entscheidung der Christusfrage in Absetzung von Israel und in Polemik gegen Juden und Judentum ist es nun an der Zeit, die Christusfrage aus der Nähe zu Juden, Jüdinnen und Judentum zu beantworten. An diesem zeitgenössischen Ort unsere Antwort auf die Christusfrage zu geben, bedeutet, die Möglichkeiten einer messianischen Christologie zu bedenken. Es bedeutet die Herausforderung, nach einer Theologie zu fragen, die zum Pluralismus fähig ist, und an einer Christologie jenseits von Triumphalismus zu arbeiten. Eine bescheidene Christologie ist kein Verrat des Glaubens an Jesus Christus. Sie will vielmehr aufmerksam sein für das, was am Werk Jesu Christi noch nicht vollendet ist. 

4. Ein messianisches Verständnis Jesu Christi

Nach einer langen Phase der Messiasvergessenheit in der christlichen Theologie erleben wir seit etwa zehn Jahren eine intensive theologische Diskussion12 darüber, ob die Christologie messianisch zu bestimmen sei oder nicht. Ein Konsens zeichnet sich ab: Es ist im Namen Jesu von Nazareth als des Christus eine wesentliche Aussage über seine messianische Würde enthalten. Allerdings wird sehr unterschiedlich gedeutet, inwiefern Jesus eine messianische Qualität hat und worin sie besteht. Für die einen nimmt das Neue Testament in seiner Charakterisierung der Messianität alttestamentliche und frühjüdische Traditionen auf; aus diesen Vorgaben der Tradition sei das Verständnis des Messianischen bei Jesus zu gewinnen.13 Für andere gilt: biblische oder frühjüdische Messiasvorstellungen sind im Neuen Testament so tiefgreifend verändert und transformiert, daß eine Kontinuität zwischen den biblischen und frühjüdischen Vorgaben des Messiasverständnisses und den Messiasaussagen über Jesus nicht nachgewiesen werden kann; es sei ein völlig neuer Messias-Begriff geschaffen, der sich in qualitativer Hinsicht fundamental von der biblisch-frühjüdischen Vorgabe unterscheidet.14

Es steht in der gegenwärtigen Diskussion nicht nur in Frage, ob das Selbstverständnis Jesu oder die ihm von den Jüngern und der Urgemeinde zugesprochenen messianischen Würdebezeichnungen unzweideutigen Bezug auf Aussagen der Bibel Israels oder frühjüdische Vorstellungen haben. Es wird auch im Blick auf die biblischen oder frühjüdischen Traditionen selbst bestritten, daß es im damaligen Judentum eine Rettungserwartung mit einem Messias überhaupt als wesentliche und zentrale Vorstellung gab.15 Die messianischen Vorstellungen seien höchst diffus und verschwommen gewesen; sie tragen den Charakter des Fragments und Unzusammenhängenden. Und doch wird man festhalten müssen: Alle Unschärfen, Disparatheiten oder auch Randständigkeiten messianischer Erwartungen im Judentum der damaligen Zeit bedeuten ja nicht, daß es im Alten bzw. Ersten Testament keine Impulse für eine sich konsolidierende Messiasvorstellung in nachfolgender Zeit gab. Wir haben eine allmähliche Entwicklung der messianischen Idee in der Bibel Israels, die man mit wenigen Strichen etwa so skizzieren kann.16

Das hebräische Wort "maschiach", d.h. "gesalbt", war zunächst Beiwort für Gegenstände und Monumente. Wurden diese "gesalbt", verwandelten sie sich in Zeichen für das Heilige. Dies wird anschaulich in der Erzählung Genesis 28 vom Traum Jakobs, der auf einem Stein schlafend Engel auf- und niedersteigen sieht und diesen Stein mit Öl salbt. Später werden Menschen "gesalbt", wenn Gott sie mit einer Aufgabe betraut: Könige (etwa Salbung Sauls durch Samuel 1 Sam 9f), Propheten (nach 1 Kön 19,16 soll Elija Elischa zum Propheten salben) oder Priester (so Gottes Auftrag an Mose in Ex 28,41, Aaron und seine Söhne zu salben). Die messianische Vorstellung greift aber über das Wortfeld des Gesalbten hinaus und bezieht sich auf entscheidende Momente in der Geschichte Israels. Bei den Propheten wird mit dem "Tag des Herrn" eine messianisch zu verstehende Erwartung verknüpft. Vom zweiten Jahrhundert an wird diese Erwartung auf das "Ende der Zeit" gerichtet (so bei den Apokalyptikern). Oder sie wird offener mit der Rede von "künftigen Tagen" verbunden, wo die erwartete Heilsgestalt Friede und Gerechtigkeit schafft, Israels Königtum erneuert und die Völker zur Anerkennung Israels bringt. Das messianische Material ist weit gestreut: von den Sprüchen Bileams (Num 24) über die Nathan-Verheißung an David (2 Sam 7) oder messianische Anspielungen in den Psalmen bis hin zu den kraftvollen Texten eines prophetischen Messianismus (etwa bei Jes 6; 7; 9;11; 53 oder 61). Und der Hasmonäeraufstand gegen Antiochos IV. Epiphanes (175 - 164 v.Chr.) und die nachfolgenden hasmonäischen Hohenpriester haben die messianische Erwartung wieder erwachen lassen und die Makkabäerbücher und zwischentestamentliche Schriften wie das Testamentum Levi oder das äthiopische Henochbuch zu messianischen Vorstellungen und Erwartungen angeregt. Auch die aus Protest zur hasmonäischen Tempelpriesterschaft sich ausbildende Qumrangemeinde hat eine Fülle von messianischen Texten hinterlassen.

Diese Entwicklungen näher analysierend und bewertend, kommt Clemens Thoma zu dem Fazit: Wenn die Vorstellungen vom Messias sich in der Zeit des Zweiten Tempels in einem sehr vielschichtigen Prozeß auf "eine von Gott in der Entscheidungszeit für die Endzukunft nach Israel gesandte Gestalt mit variierenden königlichen, priesterlichen und prophetischen Eigenschaften" hin entwickelt, "dann hat dies auch Auswirkungen auf das Reden über den Messias Jesus von Nazareth. Weil es vor dem Neuen Testament im Gesamtbereich des Frühjudentums keinen typischen Messias gegeben hat, kann man auch nicht von Jesus als einem untypischen Messias sprechen. Man kann ihn höchstens einen in dieser Konkretheit, so noch nicht entworfenen Messias nennen... Der neutestamentliche Messiasglaube ist eine bestimmte Ausformung des frühjüdischen Messianismus."17 Ganz ähnlich bilanziert Erich Zenger seine Prüfung des christlichen Umgangs mit messianischen Texten des Ersten Testaments: "Jesus ersetzt nicht die Vielfalt der messianischen Texte der hebräischen Bibel, er hebt sie auch nicht durch Transformation auf, er stellt auch nicht eine antithetische, gar antijüdische Messiasversion dar, sondern ist ein weiteres Element in dem komplexen messianischen Mosaik."18

Hier wird der Christusglaube des Neuen Testamentes in den ersttestamentlichen und frühjüdischen Kontext hineingestellt und von diesem her ausdrücklich messianisch verstanden. Was anderswo als eine Schwäche für ein messianisch geprägtes Christusverständnis interpretiert wird - nämlich das Fehlen einer einheitlichen Messiasvorstellung im Frühjudentum -, wird hier als ein Argument für eine messianische Kontur des neutestamentlichen Christusglaubens und dessen Ort im frühjüdischen Kontext gedeutet. Der Christusglaube hat demnach ein unübersehbares messianisches Profil.

Eine heutige christliche Theologie, die den messianischen Gehalt des Christusglaubens freizulegen versucht, hat der unseligen Geschichte christlicher Judenfeindschaft zu gedenken, in welcher der Messiasbegriff zu einem Kampfbegriff geworden war.19 Sie sieht sich an zwei Bedingungen gebunden. Zum einen lautet die Bedingung für ihre Glaubensentfaltung in der binnenchristlichen Kammer, einen messianisch ausgelegten Christusglauben nicht mit der Hypothek einer wertenden und tadelnden Abwehr jüdischer Messiashoffnung zu belasten. Dies geschähe, wenn die jüdische Messiashoffnung christlicherseits unter dem negativen Vorzeichen als nur partikular, national oder diesseitig dargestellt wird, der gegenüber die universale, völkerübergreifende und über das Diesseitige hinausweisende Messianität Jesu vermeintlich um so heller strahlen kann. Beteiligt sich die Theologie am christlich-jüdischen Dialog, so geht zum anderen die Bedingung dahin, daß christliche Theologie sich jeden drängerischen Elementes enthält, das auf jüdische Zustimmung zur christlicherseits geglaubten Messianität Jesu als Erfüllung jüdischer Messiashoffnung aus ist. Dann kann sie dem jüdischen Einwand: "Die Erhebung der Frage der Messianität Jesu zum Haupttraktandum des christlich-jüdischen Gesprächs macht jüdischerseits einen solchen Dialog von vornherein irrelevant"20 einen heuristischen Sinn abgewinnen: er ist ein Protest gegen eine triumphalistische Fehlform von Gespräch, erledigt aber die messianische Frage nicht. 

Eine sich den genannten Bedingungen bewußte christliche Theologie kann mit Friedrich-Wilhelm Marquardt konstatieren: "Ausgeschlossen ist eine Fortsetzung des christlichen Verfahrens, Israels Unglauben 'anzuklagen', wenn eine von Christen behauptete, mit wieviel jüdischem Traditionsmaterial auch immer 'belegte' jüdische Denkmöglichkeit der Messianität Jesu jüdisch nicht akzeptiert wird. Christliche Theologie muß sich abfinden damit, daß der Messias Jesus nicht jüdisches Vorstellungsvermögen, sondern christliche Beweise des Geistes und der Kraft abfordert - in Nachfolge solcher (Geisterweise), die Jesus womöglich wirklich längst gegeben hat. Dies zusammengenommen bewegt uns dazu, Jesus als Messias Israels als eine Hoffnung zu denken, die wir Israel schuldig sind".21

5. Jesus Christus als messianische Gestalt der Verheißung

Eine messianische Christologie steht damit vor der Aufgabe, das Messianische Jesu als eine Hoffnung zu denken, die wir Christinnen und Christen Israel schuldig sind. Diese Aufgabe lenkt den Blick erneut zur Hoffnung Israels, wie sie sich in der ersttestamentlichen und frühjüdischen Tradition des Messianischen zeigt. Was wurde dort als Hoffnung geäußert, die noch unabgegolten ist, deren Einlösung noch aussteht, die ihr "Noch nicht" hat? Mit dieser Frage ist eine Richtung gewiesen, die das Messianische im Christusnamen Jesu als Erinnerung daran reklamiert, daß das messianische Werk Jesu als des Christus noch nicht vollendet ist. Christen können anerkennen, "daß die Messianität Jesu eine Bestimmung Jesu für Israel bedeutet, die noch nicht zum Zuge gekommen ist."22 Anders: "Der 'Messias Jesus' ist nicht primär eine Erfüllungsfigur, sondern eine Verheißungsfigur."23 

Für welche noch unabgegoltene Verheißung steht aber das Messianische Jesu? Jesus als der gekommene Christus steht für die Seligpreisung der Armen, die Berufung der Fernen und die Versöhnung der Feinde, "aber noch nicht die 'Erlösung der Welt', die Überwindung aller Feindschaft, die Auferstehung der Toten und die neue Schöpfung. Die Liebe Gottes ist durch Christus schon offenbar geworden. Die Herrlichkeit Gottes aber ist noch nicht aus ihrer Verborgenheit hervorgebrochen. Darum ist das Leben der Christen hier und jetzt noch 'verborgen mit Christus in Gott', ...leiden sie an dieser 'unerlösten Welt' und 'seufzen' zusammen mit der ganzen geknechteten Kreatur (Röm 8)".24 Clemens Thoma beschreibt die noch offene Verheißung so: "Zeiten des Aufatmens sind verheißen. Das entscheidende Ende wird erst noch kommen, wenn der Messias wie Mose, d.h. als der autoritative, endgültige, öffentliche, richterliche Gesetzgeber kommen wird, der von den Juden eher akzeptiert werden kann als der leidende und verspottete 'König der Juden' Jesus von Nazareth. Es ist ziemlich allgemeine christliche Überzeugung, daß dies Jesus sein wird. Die Juden dürfen inzwischen auf einen anderen warten, den sie als neuen Mose dankbar annehmen werden. Da aber Jesus nicht nur messianisch umschrieben werden kann, ist es denkbar, daß der jüdische Messias noch kommen wird. Als Gesetzeslehrer, als Entscheider über das Land Israel und seine Bewohner? Als Erlöser von Krieg und Uneinigkeit? Eine solche Vorstellung ist jedenfalls christlich nicht unmöglich. Es dürfte den Christen genügen, daß man Jesus als Messias bezeichnen kann (nicht muß!), und daß Jesus der vollkommene lebens- und geschichtsentscheidende Repräsentant Gottes" ist.25 Thomas Überlegung provoziert Rückfragen. Sie hält nämlich einerseits an der Identität des am Ende der Zeiten kommenden Messias mit Jesus von Nazareth fest. Zugleich läßt sie offenbar die Möglichkeit eines jüdischen Messias neben dem wiederkommenden Christus der Parusie offen. Geht beides aber zusammen? So ist in der innerchristlichen Kammer zu fragen.

Möglicherweise hat sich Thoma bei seiner fragenden und tastenden Überlegung von der jüdischen Tradition anregen lassen. Diese verdoppelt die Messiasgestalt und spaltet sie in einen Messias aus dem Hause Davids - Messias ben David - und einen vorauslaufenden und sterbenden Messias aus dem Hause Josefs - Messias ben Josef - auf. "'Sohn Josefs' und 'Sohn Davids' bedeuten nicht zwei unterschiedliche Ausprägungen oder Aspekte der gleichen messianischen Gestalt. Es handelt sich vielmehr um eine wirkliche Verdoppelung, um zwei Zeitmächte, das heißt gewissermaßen um zwei Persönlichkeiten, die nacheinander kommen müssen, aber einander ergänzende Aufgaben zu erfüllen haben. Der Messias als Sohn Josefs hat dem endgültigen Messias, dem Sohn Davids, den Weg zu öffnen. Der Messias als Sohn Josefs ist der Messias der gegenwärtigen Zeit, der Messias des Krieges; der Messias als Sohn Davids dagegen ist der Messias des Endes, der Messias des Friedens".26 Thoma weiß um die Problematik einer Türöffnung für einen jüdischen Messias neben dem Parusiechristus. Von diesem gilt nach christlichem Verständnis z.B. Mt 23,39: "Von jetzt an werdet ihr mich nicht mehr sehen, bis ihr ruft: Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!" oder Apg 17,31: Gott "hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird, durch einen Mann, den er dazu bestimmt und vor allen Menschen dadurch ausgewiesen hat, daß er ihn von den Toten auferweckte". Es ist der Parusiechristus, der "ganz Israel rettet" (Röm 11,26).

Hier haben wir ein Gegenüber von neutestamentlichem Christusglauben und jüdischer Messiashoffnung. Gibt es eine Brücke zwischen beiden? Ein christlich-jüdischer Konsens ist hier nicht einzufordern. Wohl ist die Frage zu stellen, ob der Christ und die Christin die jüdische Hoffnung, die mit einem kommenden Messias rechnet, nicht nur respektvoll hören, sondern darüber hinaus sogar ein affirmatives Verhältnis zu dieser jüdischen Messiashoffnung gewinnen kann, auch wenn diese ein Nein zu Jesus als Christus beinhaltet? Angesichts der wachsenden christlichen Glaubenseinsicht in die Nähe der Kirche zum jüdischen Volk, in welche die Kirche sich von Gott gestellt sieht, möchte man so fragen. Sollen die Ungekündetheit des Bundes Gottes mit Israel, die Fortdauer göttlicher Liebe zu Israel, die unverbrüchliche Treue göttlicher Erwählung Israels wie auch die jüdische Treue zum Bund Gottes und die jüdische Liebe zum göttlichen Namen, von denen die große Karfreitagsfürbitte der Liturgie spricht, nicht eine eigene Schwerkraft auch im Blick auf die jüdischen Messiashoffnungen haben? Sind die jüdischen Messiashoffnungen vom Segen des Gottes Israels ausgeschlossen? Oder meldet sich hier die Möglichkeit einer Pluriformität oder Polarität von Wahrheit - etwa im Sinne von Ps 62,12: "Eines hat Gott gesagt, zweierlei habe ich gehört"? Wir stehen mit diesen Fragen vor einer Spannung im christlichen Glauben und Hoffen selbst. Eine Spannung, die darin besteht, daß der christliche Glaube sich am messianischen Wiederkommen Jesu Christi festmacht und zugleich die jüdische Messiashoffnung als einen Akt der Treue zum Gott Israels auch dann würdigt und bejaht, wenn diese eine Identität des erhofften Messias mit Jesus Christus verneint und mit ihrem Nein gegen die erfahrene und erlittene Unerlöstheit der Welt protestiert. Haben wir die Auflösung dieser Spannung in das Geheimnis des Heilsplans Gottes zu stellen? Es gibt Fragen des Glaubens, die sich der bündigen, einfachen Antwort verweigern; sie führen bisweilen in eine Doppelheit von Antwortversuchen, deren Spannung und Gegenläufigkeit sich nicht vermitteln oder auflösen läßt. Offenbar ist die Christus-Messias-Frage eine solche Frage. So sieht es auch Thoma, wenn er weiterhin sagt: "Die Annahme, Jesus werde der kommende Messias Iudaeorum sein, ist nach Paulus ... ein ähnliches Wunder wie die Auferstehung der Toten. Wir dürfen also den Juden unseren Messiasglauben nicht aufdrängen. Ihre Messiashoffnungen sind - nach alledem - legitim und dürfen auch von christlichen Nichtjuden aus den Völkern bekräftigt werden."27 Solche Bekräftigung jüdischer Messiashoffnung bezieht sich auf das Grunddatum jüdischer Glaubens- und Hoffnungstradition als solche. Sie läßt sich nicht unvermittelt auf eine konkrete Aktualisierung jüdischer Messiashoffnung applizieren, an denen es in der jüdischen Geschichte bis heute nicht mangelt.

6. Die jüdische Messiashoffnung, die Schoa und wir Christen

Die jüdischen Messiashoffnungen haben eine ungeheure geschichtliche Vitalität erwiesen. Die Geschichte des nachbiblischen jüdischen Messianismus ist erst allmählich in den Gesichtskreis der christlichen Theologie getreten. Ihr Doppelcharakter als Hoffnungs- und Enttäuschungsgeschichte tritt besonders beim Aufstand des Bar Kochba im 2. Jahrhundert und bei der Bewegung des Sabbatai Zwi im 17. Jahrhundert hervor. Damals kam es im jüdischen Volk zur messianischen Confessio: "Der Messias ist da". Beide Erfahrungen endeten mit einem Schock: Jerusalem wurde zur Aelia Capitolina, und der jüdische Staat blieb für lange Zeit definitiv zerstört; Sabbatai Zwi aber trat zum Islam über.28 Die beiden geschichtlichen Erfahrungen haben die jüdische Messiashoffnung traumatisiert und eine antimessianische Gegenreaktion im Judentum hinterlassen. Die am Ausgang des 2. Jahrhunderts vorliegende Mischna interessierte sich kaum für messianische Vorstellungen. Das Thema der Erlösung blieb marginal, während das Thema der Heiligung im Zentrum stand: Die Mischna hielt dazu an, die Tora zu befolgen. Erst im Talmud kam es wieder zur Belebung des Messianischen.29 Ganz ähnlich hatte das Scheitern der sabbatianischen Bewegung eine Abkehr vom Messianischen zur Folge. Wo es nicht zum religiösen Nihilismus kam, orientierte man sich wieder strikt an der Tora und hielt sich von jeder messianischen Aktualisierung fern. Die Kabbala war durch die sabbatianische Bewegung in Mißkredit geraten; sie disziplinierte ihr messianisches Interesse und fragte stärker nach der Herkunft als nach der Zukunft des Menschen. Der Chassidismus korrigierte die sabbatianische Engführung des Messianismus auf eine Einzelpersönlichkeit und schärfte die Mitwirkung eines jeden beim messianischen Erlösungsprozeß ein. Im Gefolge der geschichtlichen Reaktionen auf die sabbatianische Bewegung30 ist es faktisch zu einem Judentum ohne Messias und Messianismus gekommen. Und zwischen der doppelten historischen Hinterlassenschaft eines gescheiterten Messianismus und eines atrophierten Messianismus in der Gestalt eines Judentums ohne Messias steht die rabbinisch orientierte Tradition messianischer Hoffnung. Um sie kennenzulernen, muß man sich immer wieder mit den Grundtexten etwa von Sanhedrin 97a bis 99b beschäftigen, zu denen Emmanuel Levinas so scharfsichtige Analysen vorgelegt hat.31 Sie sind auch der Bezugsrahmen für die innerjüdische Kontroverse über das messianische Fieber um den "Messias von Brooklyn", den am 12. Juni 1994 verstorbenen Lubawitscher Rebbe Rabbi Menachem Mendel Schneerson.32 Diese aktuelle messianische Aufwallung beschränkte sich auf eine zwar außerordentlich aktive, aber kleine Gruppe innerhalb des jüdischen Volkes. Bedeutender, wenn auch untergründiger ist für die derzeitige Generation des jüdischen Volkes die Frage nach der Herausforderung, welche die Schoa bzw. Auschwitz für die jüdische Messiashoffnung darstellt.

Emil Fackenheim bedenkt die Tradition über die letzten Dinge, die messianischen Tage und die künftige Welt im Angesicht der Schoa. Er rühmt den Realismus der Rabbinen, die sagten, daß der Messias kommen wird - entweder, wenn die Menschen gut genug geworden sind, um sein Kommen möglich zu machen, oder, wenn sie böse genug geworden sind, um sein Kommen notwendig zu machen. "Eine Zeit kam, als beide Bedingungen erfüllt waren, aber der Messias kam nicht." Dies war die Zeit der Schoa. Grenzenlos war nicht nur die Zahl der Bösen, sondern die Qualität der Bösartigkeit. Sie ehrten weder das jüdische Märtyrertum noch den jüdischen Heldenmut. Sie taten alles, was sie konnten, um die Gelegenheit zu beidem zu zerstören. Während der Schoa machte die menschliche Bösartigkeit das Kommen des Messias notwendig. Aber er kam nicht. Er kam auch nicht, als zur gleichen Zeit menschliche Heiligkeit sein Kommen möglich machte. Fackenheim denkt an die Nichtjuden, die eine nie dagewesene Gerechtigkeit erwiesen. Er denkt an jüdische Männer, Frauen und Kinder, die Reste von Humanität zu bewahren wußten, als alles getan wurde, um sie unmöglich zu machen. Aber der Messias kam nicht. Was statt dessen kam, waren - was die messianische Hoffnung angeht - die schrecklichsten Worte, die jüdische Ohren je hören mußten.33 In dieser Deutung hat die Pein, welche die Schoa bereitet, eine eindrucksvolle Expression gefunden. Andere halten an der messianischen Hoffnung fest, indem sie an jene erinnern, die in Auschwitz ins Gas gingen - mit dem Lied zum Maimonidischen Glaubenssatz auf den Lippen: "Ani maamin bewiat ha-maschiach: Ich glaube an das Kommen des Messias. Auch wenn seine Ankunft sich verzögert, ich will trotzdem auf ihn warten." Manche fragen: Wie nur konnten sie gerade dort an den Messias glauben, wie nur dort auf ihn warten? Sie hätten es doch besser wissen müssen. Einer derjenigen, die so fragen, ist Elie Wiesel.34 Man hat in seinen zahlreichen Schriften, zu denen auch ein chassidisches Gedicht "Ani maamin" gehört, eine große Auseinandersetzung mit der messianischen Hoffnung gesehen.35 Er ringt mit dem Dilemma jüdischer Messiashoffnung: Die Welt ist so schrecklich - warum kommt der Messias nicht?

Christinnen und Christen möchten gegenüber der jüdischen Klage angesichts des Dilemmas der Messiashoffnung "Warum kommt der Messias nicht?" mit dem Bekenntnis antworten: "In Jesus von Nazareth ist der Messias schon gekommen, die Macht des Bösen gebrochen, unsere Welt bereits erlöst." Aber dieses Bekenntnis kann in der Gefahr des Auftrumpfens stehen. Dann würde es aber verkennen, daß das messianische Werk Jesu Christi noch unvollendet ist. Neben dem Dilemma der jüdischen Messiashoffnung steht ja ein Dilemma des christlichen Christusglaubens: "Christus - der Messias - ist bereits gekommen, warum ist die Welt so schrecklich?"36 Wie der eine am Noch-nicht des Kommens des Messias leidet, so der andere daran, daß das Schon-da der Erlösung so verborgen ist.

Uns Christinnen und Christen ist eine neue Empfänglichkeit für den Dienst des jüdischen Volkes geschenkt, der darin besteht, Zeuge dafür zu sein, daß Gottes Erlösungswerk noch unvollendet ist. Israels Zeugendienst schärft uns ein, daß auch das messianische Werk Jesu Christi noch nicht vollendet ist. Wir begreifen: Gottes Herrlichkeit ist noch nicht offenbar; das Reich Gottes steht in seiner Fülle noch aus. Das ist unsere Not, in der wir mit der gesamten Schöpfung seufzen und darauf warten, als Kinder Gottes offenbar zu werden (vgl. Röm 8,22f). Aus unserer Not steigt das Gebet: "Dein Reich komme" (Mt 6,10 par), der Ruf "Komm, Herr Jesus!" (Offb 22,20; vgl. 1 Kor 16,22) auf. Und in unsere Not dringt zugleich ein Ruf von dem her, den wir anrufen; es ist der Ruf, nach seiner Weisung zu leben. Die messianische Erwartung des kommenden Christus enthält einen ethischen Ruf, den Ruf einer Ethik des Lebens. Die messianische Erwartung hat also einen zweifachen Ausdruck: unseren seufzenden Ruf nach dem Kommen des Reiches Gottes, nach dem Offenbarwerden der Herrlichkeit Gottes, und: das Innewerden unseres Gerufenseins zu einer Ethik des Lebens.

Die Schoa bedeutete ja die menschheitliche Erfahrung, daß das Leben nicht einfach gewährleistet ist. Im Menschen liegt die Fähigkeit, sein Leben zu zerstören. In Auschwitz erwies der Mensch erfolgreich seine "moralische Fähigkeit", sein Leben zu vernichten. In Hiroschima erwies er sein "technisches Vermögen" dazu.37 Der Mensch und die Welt haben nicht aus ihrem bloßen Dasein schon eine Gewähr und eine Berechtigung ihres Seins. Es bedarf vielmehr der Liebe, damit die Schöpfung fortbestehen kann.38 Es bedarf einer Liebe, die den Namen Gottes trägt und uns von der Fähigkeit zur Vernichtung des Lebens zu heilen vermag.39 

Für uns Christinnen und Christen hat die Liebe den Namen Jesu Christi. Sein Beiname ist messianischer Titel, der uns daran erinnert, daß das Liebeswerk Gottes noch unvollendet ist und wir bleibend unter seinem Gebot der Gottes- und Nächstenliebe stehen (Mt 22,37ff par; vgl. Dtn 6,5; Lev 19,18, aber auch Joh 13,34). Dieses Gebot ist ein Gebot über bloße Sentimentalität hinaus, schließt es doch den Auftrag ein: "Liebt eure Feinde" (Mt 5,44; vgl. Ex 23,4f; Ps 109,4f). Darin ist es messianisches Hauptgebot, das sich der destruktiven Fähigkeit des Menschen entgegenstemmt. Ihm folgend, ebnen wir dem Kommen des Reiches Gottes die Wege. Das Wissen um die destruktive Macht, sich gegen Gottes Herrschaft und für die Vernichtung des Lebens und der Welt zu entscheiden, ist uns durch die Schoa ins Herz gebrannt. Unsere Verantwortung ist unermeßlich. Die Ethik messianischer Praxis ist unabdingbar. Wenn Jesus vom Kommen des Reiches Gottes spricht (vgl. Mt 7,21; 25,1-13 u. ö.), dann ist ihm keineswegs gleichgültig, "in welcher Verfassung es die Menschen antrifft: wachend oder schlafend, unvorbereitet oder gerüstet".40

Im gerechten Tun, in der Praxis der Ethik oder in der Politik strecken wir uns nach dem Kommen des Reiches Gottes aus. Und doch sagt uns der Glaube: das Reich Gottes, die Herrlichkeit des kommenden Christus wird nicht von uns bewirkt, sondern kommt uns entgegen. "Gottes Reich kommt von Gott allein, es kommt nicht ein für allemal, es kommt konkurrenzlos zur Erfüllung der Schöpfung, zur Vollendung der Gemeinde und zur Erlösung der Welt: 'Das Ende und das Ziel der Welt ist das Kommen des Königreiches ... Das Kommen des Königreiches vollzieht sich gänzlich unabhängig von unserer Macht ...' (Karl Barth). Obwohl nicht von der Welt kommt es jedoch für die Welt, wie Jesus Christus von Gott für die Menschen kam."41

Wie Jesu Auferstehung nicht einfach die Frucht des Tuns dieses Gerechten war, sondern Wundertat des göttlichen Vaters, so wird auch das Reich Gottes nicht Frucht des gerechten Tuns sein, sondern Wundertat Gottes. So sehr die messianische Erwartung ihre Bewährungsprobe und ihren Ernstfall in der ethischen Praxis hat, so wenig hat sie im Tun ihre Grundform. Ethik ersetzt nicht die Eschatologie; aber die Eschatologie macht die Ethik nicht bedeutungslos. Unsere Verantwortung messianischer Ethik bleibt unermeßlich, und doch geht es nicht um eine ethische Überdehnung des Messianischen. Die messianische Erwartung hat ihre Grundform jenseits des Ethischen: es ist das Gebet: "Dein Reich komme!" Das Gebet ist eine Bitte, weil ihre Erfüllung noch aussteht. Wer diese Bitte betet, ist von Allmachtsphantasien des menschlichen Tuns befreit. Er weiß darum, daß er im gerechten Tun ein "unnützer Knecht" ist, der seine Schuldigkeit getan hat (vgl. Lk 17,10). Er setzt darauf, daß Gott, der das gute Werk des gerechten Tuns begonnen hat, "es auch vollenden wird bis zum Tag Christi Jesu" (Phil 1,6).

Schluß

Irael und Kirche gehen in je eigener Identität ihren Weg. Die Herrschaft Gottes kommt ihnen entgegen. Es ist derselbe Gott, der beide ruft. Wie Israel das wandernde Volk Gottes ist, so ist die Kirche als messianische Gemeinde Christi auf dem Weg - der Parusie und dem Reich Gottes entgegen. Bis zur Vollendung des Weges und bis zum Kommen des Reiches Gottes schaut die Kirche mit Wertschätzung auf die messianische Hoffnung Israels. Sie anerkennt die Würde dieser Hoffnung, die besonders nach Auschwitz so kostbar ist. In der Verwirrtheit unserer Tage ist die Treue jüdischer Messiashoffnung ein Licht im Dunkel. Dieses Licht wird nicht dadurch geringer, daß neben ihm das Licht des Christusglaubens leuchtet, der die Johannesfrage sehr wohl kennt: "Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?" (Mt 11,2). Die der Kirche und ihren Gläubigen gegebene Antwort auf diese Frage verheißt eine messianische Wirklichkeit, die in einer Weise Hoffnung für Israel bedeutet, um die allein Gott weiß.

Fußnoten:
  1. So mit F.-W. Marquardt, Das christliche Bekenntnis zu Jesus, dem Juden. Eine Christologie. Band 2, München 1991, 22f.
  2. Die Situation in den Niederlanden ist ein besonders sprechendes Beispiel für die Säkularisierung bzw. Entkirchlichung in Westeuropa. Die Zahl der konfessionslosen Niederländer/innen betrug 1958 erst 24 Prozent der Bevölkerung und war 1991 auf 57 Prozent gestiegen! So: K. Blei, Die Aufgabe der Kirchen in den säkularisierten Niederlanden , in: Der Internationale Karlspreis 1996, Aachen 1996 (z.Z. in Druck). Zur Analyse der Lage des Christentums in Deutschland siehe nur: K. Gabriel, Christentum zwischen Tradition und Postmoderne (Quaestiones Disputatae 141), Freiburg 1992.
  3. Vgl. nur B. Standaert, A la recherche de l'espace Jésus. Contribution herméneutique à la rencontre et au dialogue interreligieux, in: Mysterium Christi. FS B. Studer (Studia Anselmiana 116), Rom 1995, 39-55; J. S. O'Leary, La vérité chrétienne à l'âge du pluralisme religieux, Paris 1994; M. von Brück/J. Werbick (Hg.), Der einzige Weg zum Heil? Die Herausforderung des christlichen Absolutheitsanspruchs durch pluralistische Religionstheologien (QD 143), Freiburg 1993.
  4. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Tertio Millenio Adveniente an die Bischöfe, Priester und Gläubigen zur Vorbereitung auf das Jubeljahr 2000 vom 10. November 1994 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 119), Bonn 1995, Nr. 27. 32-36.
  5. Vgl. ebenda, Nr. 35.
  6. Siehe zu diesen Daten nur: Themenheft "Spain and the Jews - 1492-1992": SIDIC XXV No. 2 (1992); H.H. Henrix (Hg.), 1492 - 1992: 500 Jahre Vertreibung der Juden Spaniens, Aachen 1992; Verlautbarungen der ungarischen, deutschen, polnischen oder niederländischen Bischöfe zum 50. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in: SIDIC XXVIII No. 1 (1995), 23-27 und XXIX No. 1 (1996), 27f.; C. Thoma, Religion und Aggression. Reflexion über den ersten Kreuzzug vor 900 Jahren: Freiburger Rundbrief NF 3 (1996) 161-167.
  7. B. Lauret, Systematische Christologie, in: P. Eicher (Hg.), Neue Summe Theologie. 1 Der lebendige Gott, Freiburg 1988, 136-284, 153.
  8. Siehe die Skizze nur bei H. Kessler, Christologie, in: Th. Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik. Band 1, Düsseldorf 1992, 241-442, 376ff.
  9. So mit B. Lauret, a.a.O., 276 und W. Bruners, Wie Jesus glauben lernte, Freiburg 1991.
  10. Th. Ruster, "Gotteskrise"? Nachtheistisch und pluralismusfähig von Gott reden: Pastoralblatt 48 (1996) 163-175.
  11. B. Lauret, a.a.O., 151 und F.-W. Marquardt, a.a.O., Band 1, München 1990, 11ff; Band 2, München 1991, 226ff., 253ff..
  12. Siehe die Skizze dieser internationalen Diskussion mit Literaturangaben bei H.H. Henrix, Jüdische Messiashoffnung - Christusglaube der Christen. Annäherung an ein schwieriges Thema: Freiburger Rundbrief NF 1 (1993/94) 254-268, 254ff.
  13. Vgl. nur: P. von der Osten-Sacken, Grundzüge einer Theologie im christlich-jüdischen Gespräch, München 1982, 57ff., 115ff., 134ff.; B. Dupuy, Das Kommen des Messias, in P. Eicher (Hg.), a.a.O., 99-135, 100ff.; B. Lauret, a.a.O., 149ff. oder J. Moltmann, Der Weg Jesu Christi. Christologie in messianischen Dimensionen, München 1988, 1-55 und andere.
  14. Aus der deutschsprachigen Diskussion siehe nur H. Hübner, Der "Messias Israels" und der Christus des Neuen Testaments: Kerygma und Dogma 27 (1981) 217-240 oder O. Hofius, Ist Jesus der Messias? Thesen: Jahrbuch für Biblische Theologie 8 (1993) 103-130.
  15. Exponent dieser Position ist die Publikation: J. Neusner/W. Green/E. Frerichs (Hg.), Judaisms and Their Messiahs at the Turn of Christian Era, Cambridge 1987.
  16. Mit B. Dupuy, a.a.O., 100ff..
  17. C. Thoma, Das Messiasprojekt. Theologie jüdisch-christlicher Begegnung, Augsburg 1994, 134; ähnlich J. Moltmann, a.a.O., 18 ("eine bestimmte Gestalt der israelitischen Messiashoffnung").
  18. E. Zenger, Vom christlichen Umgang mit messianischen Texten der hebräischen Bibel, in: E. Stegemann (Hg.), Messias-Vorstellungen bei Juden und Christen, Stuttgart 1993, 129-145, 144.
  19. Was bei den frühen Kirchenvätern wie dem in Rom wirkenden Apologeten, Philosophen und Märtyrer Justin (+ um 165) in seinem "Dialog mit dem Juden Trypho" noch eine dialogisch angelegte Kontroverse um die Messianität Jesu war, wurde im Mittelalter und in den Religionsdisputationen von Barcelona 1263 oder Tortosa 1413-1414 zu einem mit Macht und Gewalt ausgestatteten Kampfmittel christlicher Polemik gegen das nachbiblisch gewachsene jüdische Messiasverständnis. Vgl. dazu nur die beiden Arbeiten im Jahrbuch für Biblische Theologie 8 (1993): St. Heid, Frühjüdische Messianologie in Justins "Dialog": 219-238 und G. Stemberger, Die Messiasfrage in den christlich-jüdischen Disputationen des Mittelalters: 239-250.
  20. R.L.Z. Werblowsky, Artikel "Judentum", in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe III (München 1991), 46-53, 53.
  21. F.-W. Marquardt, a.a.O., Band 2, 217.
  22. K. Haacker, Jesus - Messias Israels?: Evangelische Theologie 51 (1995) 444-457, 457.
  23. E. Zenger Vom christlichen Umgang, a.a.O., 136. Ähnlich H. Vorgrimler, Zum Gespräch über Jesus, in: M. Marcus u.a. (Hg.), Israel und Kirche heute. Beiträge zum christlich-jüdischen Dialog. FS E.L. Ehrlich, Freiburg 1991, 148-160, 159. Gegenüber dem hier mit E. Zenger, C. Thoma und H. Vorgrimler u.a. gesetzten Akzent auf das Messianische Jesu als das noch Ausstehende seines Werkes fällt auf, daß der neue Katechismus der Katholischen Kirche Jesus stärker als eine messianische Erfüllungsfigur zeichnet, siehe nur die Nummern 436f, 529 oder 547; wie Nummer 673f. (dort allerdings die ambivalente Aussage, derzufolge das Ausbleiben des wiederkommenden Christus der "Verstockung" Israels zugeschrieben wird) und 840 zeigen, fehlt im Katechismus die Verheißungsdimension der Messianität Jesu nicht ganz.
  24. J. Moltmann, Jesus zwischen Juden und Christen: Evangelische Theologie 55 (1995) 49-63, 55.
  25. C. Thoma, a.a.O., 140.
  26. B. Dupuy, a.a.O., 119. C. Thoma zitiert die Zwei-Messiaslehre des Talmud (bSukka 52a-b), a.a.O., 166f.
  27. C. Thoma, a.a.O., 140f.
  28. Zur Literatur vgl. nur: P. Schäfer, Der Bar-Kokhba-Aufstand, Tübingen 1981; G. Scholem, Sabbatai Sevi. The Mystical Messiah 1626-1676, Princeton 1973; dt.: Sabbatai Zwi. Der mystische Messias, Frankfurt a. M. 1992 und ders., Zum Verständnis der messianischen Idee im Judentum, in: ders., Judaica 1, Frankfurt 1963, 7-74; G. Stemberger, Artikel "Messias/Messianische Bewegungen. II. Judentum", in: TRE XXII (1993), 622-630.
  29. So nach J. Neusner etwa in: Wann wurde das Judentum eine messianische Religion?: Concilium 29 (1993) 33-49.
  30. Vgl. dazu neben der bereits zitierten Literatur nur G. Scholem, Die Metamorphose des häretischen Messianismus der Sabbatianer in religiösen Nihilismus, in: ders. Judaica III, Frankfurt a.M. 1973, 198-217 sowie J. Maier, Geschichte der jüdischen Religion. Von der Zeit Alexanders des Großen bis zur Aufklärung mit einem Ausblick auf das 19./20. Jahrhundert, Freiburg 1992, 514-617.
  31. E. Lévinas, Textes messianiques, in: ders., Difficile liberté. Essais sur le judaisme, Paris 1963, 83-129, dt.: Schwierige Freiheit. Versuch über das Judentum, Frankfurt a. M. 1992, 58-103. Vgl. dazu die Studie von M. Poorthuis, Het Gelaat van de Messias. Messiaanse Talmoedlezingen van Emmanuel Levinas, Utrecht 1992.
  32. Vgl. die Skizze der Kontroverse, ihrer theologischen und historischen Voraussetzungen bei N. P. Levinson, Der Messias, Stuttgart 1994, 118-130. Eine lehrreiche Skizze der messianischen Positionen in der jüdischen Orthodoxie der Gegenwart bietet D. Biale, Kommt der Erlöser? Kommt die Erlösung? Zum Verständnis von Messianismus und Orthodoxie, in: A. Nachama u.a. (Hg.), Jüdische Lebenswelten. Essays, Berlin/Frankfurt a. M. 1991, 50-67.
  33. E. Fackenheim, What is Judaism? An Interpretation for the Present Age, New York 1987, 264f.
  34. Vgl. R. McAfee Brown, Elie Wiesel. Zeuge für die Menschheit, Freiburg 1990, 158.
  35. R. McAfee Brown, a.a.O., 152ff.; D. B. Batstone, The Transformation of the Messianic Idea in Judaism and Christianity in Light of the Holocaust: Reflections on the Writings of Elie Wiesel: JES 23 (Fall 1986) 587-600; R. Boschki, Der Schrei. Gott und Mensch im Werk von Elie Wiesel, Mainz 1994; ders./D. Mensink (Hg.), Das Gegenteil von Gleichgültigkeit ist Erinnerung. Versuche zu Elie Wiesel, Mainz 1995.
  36. So mit R. McAfee Brown, a.a.O., 199.
  37. Dies betont in seinen Schriften der jüdische Philosoph E. Fackenheim, so in: Die menschheitliche Verantwortung für die Schöpfung. Zur Aktualität der Thora nach Auschwitz, in: W. Breuning/H. Heinz (Hg.), Damit die Erde menschlich bleibt. Gemeinsame Verantwortung von Juden und Christen für die Zukunft, Freiburg 1985, 86-112.
  38. So mit E. Levinas, Vom Beten ohne zu bitten. Anmerkung zu einer Modalität des Jüdischen, in: ebenda, 62-70, 66f..
  39. Vgl. J. T. Pawlikowski, Christian Ethics and the Holocaust: A Dialogue with Post-Auschwitz Judaism: Theological Studies 49 (1988) 649-669, bes. 660ff.
  40. F.-W. Marquardt, Was dürfen wir hoffen, wenn wir hoffen dürfen? Eine Eschatologie. Band 1, Gütersloh 1993, 329.
  41. P. Eicher, Epilog. Dein Reich komme, in: ders. (Hg.), Neue Summe Theologie. 3 Der Dienst der Gemeinde, Freiburg 1989, 471-503, 490.