Für christliche Ohren mag es eine Überraschung sein, dass die Sänger dabei die Melodie des bekannten Adventsliedes „Tochter Zion“ anstimmen, aber Händel kannte mehrere Helden. Er hatte das Lied für sein „Joshua“ geschrieben und konnte es gut noch mal gebrauchen. Als „Judas Maccabaeus“ sich zu seinem erfolgreichsten Oratorium entwickelte, vergrößerte das Werk in nicht geringem Maße die Bekanntheit des jüdischen Freiheitskämpfers in der christlichen Welt. Und die Melodie kommt an Chanukka noch immer zum Einsatz, als „Hava Narimu“.
Vom siegreichen Helden schrieb Händel, um den englischen Prinzen Wilhelm August, Herzog von Cumberland, zu ehren. Er hatte 1745, als England bedroht wurde, den Thronprätendenten aus dem Hause Stuart geschlagen.
Textgeschichte
Die Geschichte war schon einigermaßen bekannt. Die Makkabäer waren in der christlichen Bibel zu finden, allerdings gut versteckt hinter den Propheten. Wie hatten sie es so weit gebracht? Die Bücher gehören zu den sogenannten Apokryphen. Das Wort wird in der evangelischen Kirche gebraucht und zeigt die Problematik: Es sind die „verborgenen“ Bücher, die nicht zur Hebräischen Bibel gehören. Wir haben nicht einmal einen hebräischen Text davon. Ein Umweg war nötig, damit sie bewahrt blieben.
In der Septuaginta, der griechischen Übersetzung, finden wir eine ganze Reihe Bücher, die nicht aufgenommen wurden in die Hebräische Bibel. Die Übersetzer haben einige alte, ehrwürdige Bücher zusätzlich in ihre griechische Bibel aufgenommen. Die Entscheidungen der Rabbinen kamen erst später, deswegen ist die Septuaginta um einiges dicker als die Hebräische Bibel. Im Judentum nahm der Gebrauch später ab, die Christen aber übersetzten sie ins Lateinische und ergänzten diese „Vulgata“ mit dem sogenannten Neuen Testament.
Erst in der Zeit der Reformation wurde die Frage noch einmal diskutiert. Die Evangelischen wollten „zurück zu den Quellen“ und nahmen die Hebräische Bibel als Maßstab. Luther stellte die Apokryphen als eine eigene Gruppe Bücher zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, die Reformierten nahmen sie nicht in ihre Bibel auf.
Es gibt vier Makkabäerbücher, das erste ist das wichtigste: Es erzählt die ganze Geschichte von der Entweihung des Tempels durch Antiochus IV Epiphanes bis 30 Jahre später der Nachfolger der fünf Brüder, Johannes Hyrkanus, Hohepriester wird. Das zweite Buch der Makkabäer behandelt den Anfang dieser Geschichte nochmals ausführlicher, beschreibt aber nur einen Abschnitt von sechs Jahren. Das dritte Buch erwähnt Gegebenheiten aus ungefähr derselben Zeit, nennt aber die Makkabäer überhaupt nicht, und das vierte will mit Beispielen aus der Makkabäergeschichte die Bedeutung der Vernunft beweisen.
Militärische Auseinandersetzungen
Es wird viel erzählt von den militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Makkabäern – Vater Mattatias, fünf Söhne – und ihren Gegnern, den Königen über das damalige syrische Königreich, das nach dem Tod Alexanders des Großen entstanden war. Dabei wiederholt die Geschichte sich regelmäßig: Das kleine Reich mit Jerusalem als Mittelpunkt wird ständig bedroht, und es ist nicht ganz einfach, die Könige über Syrien, ihre zahlreich auftretenden Generäle und Statthalter, ihre Söhne und Verwandten auseinanderzuhalten. Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Lage weniger prekär, die Juden konnten sich etwas ausbreiten und schlossen Verträge mit anderen Staaten. Schon recht früh sind da die Römer genannt, wobei die Makkabäer ziemlich stolz waren, als ernstzunehmende Größe mit den Römern zu verhandeln. Es gibt noch einige wenige Momente in der Geschichte, die etwas beitragen zum Verständnis auch des Neuen Testamentes. Am wichtigsten ist die Eroberung Jerusalems und die Wiedereinweihung des Tempels. Diese Tatsachen haben einen würdigen Platz in der Geschichte, doch das Wunder mit dem Öl suchen wir vergeblich.
Zunehmend fühlen die erfolgreichen Makkabäer sich wohl im eigenen Land wie auch in der hellenistischen Welt. Die Familie der Makkabäer wird später meist Hasmonäer genannt: Es ist derselbe Stammbaum, aber die Früchte des Baumes werden größer, üppiger und, wenn man so sagen darf, nicht ganz koscher. Eine der letzten hasmonäischen Prinzessinnen fand einen Mann namens Herodes – aber das ist eine andere Zeit, hundert Jahre nach dem Aufstand: Da hätte Judas, wenn er gekonnt hätte, vermutlich seinen Streithammer noch mal aufpoliert, um eine neue Reinigung des Landes vorzunehmen.
Spätere Rezeption
Es gibt nur wenige Hinweise auf den kirchlichen Gebrauch der Bücher. So haben sie auch im Christentum eine Art Schatten-Existenz geführt: Man konnte nicht so viel mit ihnen anfangen. Hat das zu tun mit Abkehr von Gewalt und Muskelkraft? Ach, das wurde in der Kirche nicht immer so konsequent gehandhabt. In den Apostolischen Schriften werden die Makkabäer aber nie genannt, sie hatten auch keinerlei Verbindung mit David und den direkten Vorfahren Jesu. In der evangelischen Perikopenordnung haben die Bücher keinen Platz.
Der Streit zwischen Orthodoxie und Hellenisten aller Zeiten ist ein Thema, das uns immer noch beschäftigt – in mehreren Religionen. So ist es angemessen, vor allem Georg Friedrich Händel, aber auch den vielen sportlichen und friedlichen Makkabäern, zu danken, dass die Erinnerung an diese siegreichen Helden nicht ganz verloren gegangen ist.
Auszug aus dem Themenheft 2022 des Deutschen Koordinierungsrates: