Die Geheimnisse des Pessachmahls

Der Journalist und Schrifsteller Tobias Daniel Wabbel hat sich für sein jüngstes Buch auf die Suche nach dem Abendmahlskelch Jesu' begeben. Diese Suche nach dem Heiligen Gral fasziniert die Menschheit schon seit Jahrhunderten. In Filmen wurden daraus actiongeladene Storys. Aber was steckt wirklich hinter diesem Mythos? Wabbel geht dieser Frage auf den Grund. Er stellt den aktuellen Forschungsstand dar, berichtet über die Gralsdichter, untersucht die Legenden dazu und geht auf Spurensuche in Kirchen. So findet er seine ganze eigene Theorie zum Abendmahlskelch. Nachfolgend ein Auszug aus dem Buch.
(JCR)

Der Streit um das Datum

Bibelforscher:innen versuchen zu ergründen, wie Jesus nach dem Pessachfest am Gründonnerstag direkt am Morgen des Karfreitags hingerichtet werden konnte. Wir wissen nichts über den Mittwoch oder die Tage davor.[1] Das ist deshalb problematisch, weil der hohe Jerusalemer Tempelrat – Sanhedrin – es verbot, in der Nacht und an Feierlichkeiten wie dem Pessachfest Gerichtsprozesse zu Kapitalverbrechen abzuhalten. Der Sanhedrin beschuldigte Jesus von Nazareth eines Kapitalverbrechens, weil er behauptet hatte, der König der Juden zu sein. Das war Gotteslästerung. „Lebensstrafsachen muss man bei Tag verhandeln und muss man bei Tag entscheiden“, schreibt die Mischna Sanhedrin vor.[2] Die Mischna Sanhedrin wurde zwischen 50 v. Chr. und 200 n. Chr. von 150 Rabbinern aufgeschrieben und ist die erste verschriftlichte Form des bis dahin nur mündlich überlieferten Thora-Gesetzes.

Sofern wir dieses Gesetz berücksichtigen, ist es schwer zu erklären, wie Jesus mit den Angaben, die uns die drei synoptischen Evangelien Markus, Matthäus und Lukas zur Verfügung stellen, das Abendmahl abhalten und dann über Nacht verurteilt und hingerichtet werden konnte. „Lebens-Strafprozesse kann man bloß zur Freisprechung an demselben Tage entscheiden, zur Verurteilung aber erst am folgenden Tage; deshalb richtet man nicht am Vorabend des Schabbats oder eines Feiertages“, so die Mischna Sanhedrin weiter.[3] Jesus konnte demnach nicht nachts dem Sanhedrin vorgeführt und im Schnellprozess verurteilt worden sein. Was stimmt hier nicht?

Die Evangelien geben an, dass das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern am Pessachabend stattgefunden habe. Demzufolge war es der 14. Nisan, der Vorabend des Pessachfestes, das am 15. Nisan beginnt und am 21. Nisan endet.[4] Die Gläubigen schlachteten ihre Lämmer und opferten sie im Tempel gemäß der Vorschriften aus dem 2. Buch Mose, dem Exodus. Die Evangelien Markus, Matthäus und Lukas gingen mithin davon aus, dass Jesus am Freitag, dem heutigen Karfreitag, am 15. Nisan, dem Beginn des Pessachfestes, am Kreuz gestorben war. Das Johannesevangelium widerspricht jedoch den Evangelien des Markus, Matthäus und Lukas. Es gibt an, dass Jesus sein Pessachmahl vor dem 14. Nisan, an einem Tag vor dem heutigen Gründonnerstag, abhielt: „Es war vor dem Paschafest“.[5] Trotz seiner allgemein als unhistorisch eingeschätzten Erzählung würde hier jedoch das Johannesevangelium mit dem Gesetz der Mischna Sanhedrin übereinstimmen. Was ist korrekt?

Der Physiker Colin J. Humphrys von der Cambridge University hat errechnet, dass Jesus am 3. April 33 gekreuzigt wurde.[6] Er leitet diese erstaunliche Schlussfolgerung aus einem Abgleich des julianischen Sonnenkalenders mit dem Kalender der jüdischen Essēner-Sekte in Qumran am Toten Meer ab. Die zwischen 1947 und 1956 von Beduinen zufällig entdeckten Schriftrollen vom Toten Meer erwähnen zwar die Gemeinschaft der Essēner. Doch es ist nicht sicher, ob es sich bei den Bewohnern der Gebäude von Qumran um eine ständige Siedlung der in Enthaltsamkeit lebenden, nur männlichen Essēner handelte. Wahrscheinlich war es ein Pilgerort.[7]

Darauf deutet auch die sogenannte Damaskus-Schrift vom Toten Meer hin, die in mehreren fragmentarischen Exemplaren überliefert ist.[8] Sie enthält Gesetzesschriften und Mahnungen, das Gesetz der Thora zu achten. Die essēnischen Autoren waren Eschatologen, die das Ende der Zeit erwarteten und somit auch fest davon ausgingen, dass der Messias erscheinen werde. Sie betrachteten sich als die einzig wahren Juden und sahen den Tempel in Jerusalem als geschändet an. Im Sinne der Offenbarung des Johannes erwarteten sie einen Endkampf zwischen Gut und Böse und hatten das Konzept der Auferstehung, anders als etwa die Sadduzäer, verinnerlicht.[9]

Die Essēner nannten ihren zukünftigen Erlöser „Lehrer der Gerechtigkeit“. Dies geht aus dem in Qumran in Höhle 4 gefundenen Textfragment 4QMMT, das auch als „halachischer Brief“ bekannt ist sowie aus der Damaskus-Schrift hervor. Um etwa 100 v. Chr. verfasst, hatte dieser zukünftige Erlöser und Lehrer der Gerechtigkeit bereits sehr ähnliche messianische Züge, wie wir sie auch von Jesus von Nazareth kennen. Unter anderem erfahren wir, dass der Lehrer der Gerechtigkeit ein exzellenter Kenner der Thora sei und dereinst schonungslos aufzeigen werde, welche Irrwege Israel gegangen sei.[10]

Jesus wird mit den Texten und Menschen von Qumran in Kontakt gekommen sein. Er übernahm die Sonnenzeitrechnung der Qumran-Gemeinde. Die essēnische Zeitrechnung zählte gemäß des Dokuments 4QMMT mit 364 Sonnentagen.[11] Die Sadduzäer und Tempelpriester hingegen verwendeten den lunaren Kalender, der nur 354 Tage umfasste.[12] Die Qumran-Rechenweise war ein Relikt der wenigen Menschen, die nach der Invasion der Babylonier unter Nebukadnezar II. im Jahr 586 v. Chr. nicht ins babylonische Exil gehen mussten. Sie blieben in Israel und behielten die alte Kalenderrechnung von 364 Tagen bei. Darunter waren Angehörige aus Samaria, Zeloten, auch Galiläer – und die Essēner in Qumran.[13]

Sir Humphrys folgerte daraus, dass das Letzte Pessachmahl Jesu am Mittwoch, dem 1. April des Jahres 33, stattgefunden hatte.[14] Die Römer kreuzigten Jesus demnach zwei Tage später, am 3. April 33, den 15. Nisan, den Beginn des Pessachfestes.[15] Somit hätte der Sanhedrin genug Zeit gehabt, Jesus am Donnerstag, den 2. April zu verhören und dem römischen Präfekten Pontius Pilatus zur Hinrichtung zu übergeben. Nach dieser nachvollziehbaren Deutung zog Jesus das Letzte Pessachmahl vor, weil er den Kalender der vorexilischen Zeitrechnung der Essēner in Qumran nutzte. Eine andere Kalenderrechnung Jesu hatte auch Papst Benedikt XVI. als Lösung des Konflikts um die unterschiedlichen Evangelien vorgeschlagen. Benedikt XVI. hatte angemerkt, dass Jesu Kreuzigung als Symbol für das geopferte Lamm Gottes mit der realen Opferung der Lämmer im Tempel zu Pessach zeitlich zusammenfiel, sodass das Johannesevangelium seiner Ansicht stimmig sei.[16]

Wenn wir wissen, wann das Letzte Pessachmahl stattfand, was können wir daraus schließen?

Der Ursprung des Pessachfests

Der erste Brief des Apostels Paulus an die Stadt Korinth erwähnt erstmals das Letzte Pessachmahl, das Jesu mit seinen Jüngern feierte.[17] Er beschrieb es in seinem Brief weniger detailreich als die drei synoptischen Evangelien Markus, Matthäus und Lukas. Wir haben gerade die besondere Symbolik kennengelernt: Jesus opferte sich als das göttliche Lamm am Pessachfest, dem Fest des Opfers der Lämmer. Aber noch etwas Bedeutenderes spielt hier mit: Pessach war nicht erst durch das Massaker mit schrecklichen Ereignissen verbunden, das der von Rom eingesetzte Klientelkönig für Judäa, Herodes Archelaos (23 v. Chr.–18 n. Chr. in Gallien), an 3.000 Juden im Jahr 4 n. Chr. begehen ließ. Pessach war schon vorher ein Zeugnis der traumatischen Geschichte der Israeliten. Es ist das Fest, an dem das jüdische Volk den Exodus aus Ägypten und die erfolgreiche Flucht vor der Sklaverei durch den ägyptischen Pharao feiert.[18]

Was war um etwa 1200 v. Chr. geschehen? Der deutsche Ägyptologe Jan Assmann (1938–2024) folgerte, dass die biblische Geschichte des Exodus kein Bericht gewesen sei, sondern ein Text der Erinnerung, wie sich nachfolgende Generationen den Auszug vorstellten. Es sei ein Erinnerungsprotokoll, das durch archäologische Forschungen nur schwer belegbar sei.[19] Der Exodus vereine Erzählungen über israelitische Flüchtlingsströme aus Ägypten. Aktuelle Forschungen gehen davon aus, dass einige tausend hebräische Sklaven verschiedenster Ursprünge aus Ägypten flohen, doch nicht die enorme Menge von einigen Hunderttausend, wie es das 2. Buch Mose behauptet.[20] Einer historisch-mathematischen Analyse zufolge waren es nur bis zu 20.000 Männer, Frauen und Kinder, die aus Ägypten flohen.[21]

Doch die relativ kleine Zahl darf nicht über die Historizität hinwegtäuschen: Der Exodus ist religionsanthropologisch belegt. Das Volk Israel feiert Pessach seit dem 5. Jahrhundert vor Christus. Der sogenannte Pessach-Papyrus aus dem Jahr 419 v. Chr. gibt einen Brief wieder, den der Heerführer Yedonia der jüdischen Exklave auf der Insel Elephantine – im Nil gelegen – an seinen Bruder Hanania richtete. Darin bat Yedonia seinen Bruder, im Jahr des persischen Königs Dareios ein Fest des ungesäuerten Brotes für die jüdische Garnison zu erlauben.[22]

Pessach (פֶּסַח) bedeutet „vorübergehen“, was auf Englisch treffend „passover“ heißt. Der israelitische Gott JHWH hält laut dem 2. Buch Mose Strafgericht über die Ägypter, weil der Pharao die israelitischen Sklaven nicht ziehen lassen will. Als der Pharao sich weigert, schickt JHWH neun Plagen: Blut im Nil, Frösche, Stechmücken, Stechfliegen, Viehpest, die Blattern, Hagel, Heuschrecken und Finsternis. Aber der Pharao bleibt unbeeindruckt. Er lässt die Sklaven nicht gehen.[23] Da zürnt JHWH und sagt, dass er mit einer zehnten Plage alle Erstgeborenen Ägyptens töten werde.[24] Die Israeliten weist JHWH an, nur ungesäuertes Brot zu essen, denn auf der Flucht muss es schnell gehen. Man hat keine Zeit, wochenlang den Teig mit Hefe und Milchsäurebakterien „gehen“ zu lassen. Die Israeliten sollen gesunde Lämmer opfern und verzehren und mit ihrem Blut die Türpfosten bestreichen.

Die Rache des Gottes JHWH geht an den mit Blut markierten Türen der israelitischen Häuser vorüber (פֶּסַח).[25] So verschont er die Erstgeborenen Israels, doch der älteste Sohn des Pharaos stirbt. Der Pharao beugt sich dem Willen JHWHs und die Israeliten fliehen. Doch er ist wütend und lässt die Israeliten verfolgen. In dieser achttägigen Zeit vom 14. bis zum 21. Nisan des Pessehfests zum Gedenken an den Exodus dürfen Juden selbst heute noch nur ungesäuertes, mit Mehl und Wasser gebackenes Brot essen. Pessach ist ein Fest der Erinnerung an die Qualen der Sklaverei, aber auch ein Fest der Freiheit.

Doch wie läuft die Pessachfeier ab?

Die Berichte über das Letzte Pessachmahl

Paulus schrieb um etwa 52 n. Chr. auf Ephesos seinen Brief an die Gemeinde von Korinth in Griechenland, um an die Einhaltung der christlichen Werte zu erinnern.[26] Paulus kritisiert darin auch, dass die Korinther während ihrer Gottesdienste das Letzte Pessachmahl Jesu falsch zelebrieren würden.[27] Seine Kritik war erfüllt von beißendem Spott, als er schrieb: „Was ihr in euren Gottesdiensten feiert, ist gar nicht das Mahl des Herrn. Denn anstatt miteinander zu teilen, isst und trinkt jeder das, was er selbst mitgebracht hat. So bleibt der eine hungrig und durstig, während der andere sich betrinkt. Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken?“[28]

Wir sehen, dass um 52 n. Chr. exakte Informationen über Jesu Letztes Pessachmahl noch nicht weit über die Urgemeinde von Jerusalem hinausgedrungen waren. Daher machte Paulus in seinem Brief konkrete Angaben: „In der Nacht, in der unser Herr Jesus verraten wurde, nahm er ein Brot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und sprach: ‚Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Feiert dieses Mahl immer wieder und denkt daran, was ich für euch getan habe, sooft ihr dieses Brot esst!‘ Ebenso nahm er nach dem Essen den Kelch mit Wein, reichte ihn seinen Jüngern und sprach: ‚Dieser Kelch ist der neue Bund zwischen Gott und euch, der durch mein Blut besiegelt wird. Sooft ihr aus diesem Kelch trinkt, denkt an mich und an das, was ich für euch getan habe!‘“[29]

Paulus erklärte, dass es wichtig sei, das tatsächliche Geschehen in jener Nacht des Letzten Pessachmahls zu verstehen. Wenn die Gläubigen das Brot brächen und den Wein aus Kelchen tränken, täten sie damit ihren Glauben kund und bestätigten, was Jesus durch seinen Kreuzestod für die Menschheit getan habe, so Paulus. Daher warnte Paulus vor dem leichtfertigen Genuss des Brotes und des Weins aus dem Kelch. Man mache sich „schuldig am Leib und am Blut unseres Herrn“. Man liefere sich dem Gericht Gottes aus.[30] „Deshalb sind so viele von euch schwach und krank“, folgerte Paulus, „und nicht wenige sind schon gestorben. […].“[31]

Detaillierter berichten darüber die drei synoptischen Evangelien, wie etwa der Verfasser des Markusevangeliums, den neutestamentliche Experten mit Johannes Markus identifizieren. Er war, wie der Evangelist Lukas, ein Gefährte des Apostels Paulus und begleitete ihn bei seinen Reisen.[32] Wenn das Markusevangelium auch erst um etwa 65–70 n. Chr. entstand und sich viele Erinnerungen an Jesus von Nazareth verflüchtigt oder verfälscht hatten, so ist es der älteste direkte Bericht über das Letzte Pessachmahl Jesu.

Johannes Markus macht konkrete Zeitangaben vom Mahl Jesu mit seinen Jüngern: „Und am ersten Tage der ungesäuerten Brote, da man das Passalamm opferte […]“.[33] Selbst wenn wir gesehen haben, dass es an einem Mittwochabend war, wissen wir, dass Jesus wegen seiner Qumran-Zeitrechnung das Pessachfest feierte. Johannes Markus schrieb, dass Jesus zwei seiner Jünger damit beauftragte, einen Mann zu suchen, der einen Wasserkrug trug. Sie sollten ihm folgen und ihn, sobald er ein Haus beträte, nach dem Raum fragen, der für das Pessachmahl zur Verfügung stünde. Der Hausherr würde ihnen einen großen Saal im Obergeschoss zeigen, der „schön ausgelegt und vorbereitet“ sei. Dort sollten sie das Pessachmahl zubereiten.[34] Im Lukasevangelium erfahren wir, dass die beiden Jünger Petrus und Johannes waren.[35]

Wem gehörte das Haus? Jesus bat Petrus und Johannes, dem Mann mit dem Wasserkrug auszurichten, dass der Standort des Raumes, in dem er mit seinen Jüngern das Passalamm essen könne, vom „Meister“ komme. So liegt die Antwort nahe: Die Redewendung „der Meister“ verrät, dass es sich bei dem Besitzer nur um einen sehr engen Vertrauten Jesu gehandelt haben kann.[36] Nach Jesu Himmelfahrt versammelten sich über 120 Menschen im oberen Raum, wo das Letzte Pessachmahl stattfand. Die Apostelgeschichte berichtet, dass sich Petrus nach seiner Verhaftung zum Haus des Apostels Markus begibt und dort um Einlass bittet: „Als er sich darüber klar geworden war, ging er zum Haus der Maria, der Mutter des Johannes, mit dem Beinamen Markus, wo nicht wenige versammelt waren und beteten.“[37] Das Letzte Pessachmahl könnte demnach im Haus von Johannes Markus’ Eltern stattgefunden haben.

Ein Reisebericht des deutschen Pilgers und Archidiakons Theodosius beschreibt um das Jahr 540, dass der „obere Raum“, wo das Letzte Pessachmahl stattfand, der Familie des Apostels Johannes Markus gehört habe: „Es war das Haus des Heiligen Markus des Evangelisten.“[38] Allerdings hätte dann im schlimmsten Fall auch jemand Einfluss auf den Sanhedrin und die Römer nehmen müssen, damit das Haus nicht gestürmt und sie alle verhaftet worden wären. Diesen Einfluss hatte nur Joseph von Arimathäa. Wir werden ihm später erneut unter mysteriösen Umständen begegnen.

Im Raum des Letzten Pessachmahls

Folgen wir Petrus und Johannes die Treppe hinauf in das sogenannte Coenaculum (lt. für „Abendmahlsraum“). Es befindet sich auf dem Hügel Zion in einem Haus, das der Dormitio-Kirche angeschlossen ist. Dort soll Jesu Mutter Maria angeblich in den Schlaf gefallen – mithin gestorben – sein. Sie ist heute Teil des deutschsprachigen benediktinischen Dormitio-Klosters unterhalb des Zion-Tors südlich der Jerusalemer Altstadtmauern. An dieser Stelle wurde die byzantinische Kirche Hagia Sion um etwa 393 geweiht.[39] Die Hagia Sion stand an dieser Stelle, bis der persische Sassanidenkönig Chosrau II. Jerusalem plünderte und das in Silber eingefasste Kreuzreliquiar Christi und andere Schätze nach Bagdad brachte.

Der vermutete Speiseraum im zweiten Stock ist ein Überbleibsel der einst etwa 70 Meter langen und verschwundenen Marienkirche Unsere Liebe Frau auf dem Berg Zion, die Kreuzfahrer auf den Fundamenten der byzantinischen Kirche errichteten. Der Raum ist rechteckig und misst heute etwa 15 × 10 Meter. Freistehende Säulen mit korinthischen Akanthusblätter-Kapitellen schmücken und unterteilen den Raum in zwei Joche. Das Gewölbe ist durch vier Kreuzrippen gekennzeichnet und weist auf eine rege Umbauaktivität der Kreuzfahrer im 12. Jahrhundert hin.[40] Die britische Architekturhistorikerin Nicola Coldstream erkannte, dass einige nordfranzösische Kathedralen sehr ähnliche Säulenformen, Kapitelle und Kreuzrippengewölbe haben wie die des Abendmahlsraums. Insbesondere die Kathedrale von Laon in der Picardie sei ein Vorbild für die Kreuzfahrerkirche auf dem Berg Zion.[41] Tatsächlich beobachtete Coldstream, dass der gleiche Meistersteinmetz, der in der Kathedrale von Laon tätig war, auch den Abendmahlsraum gestaltete.[42]

Adomnán von Hy erwähnte in seinem Bericht De Locis Sanctis die seinerzeit kursierende Überlieferung, dass sich an der Stelle der byzantinischen Kirche nicht nur der Abendmahlsraum als Ort des Letzten Pessachmahls, sondern auch das Grab des Heiligen und Märtyrers Stephanus befinde.[43] Adomnáns Erwähnung der Kirche in De Locis Sanctis ist korrekt: Der Raum des Letzten Pessachmahls war über Treppen zugänglich. Eine dieser Treppen führte direkt in den Raum des Letzten Pessachmahls. Eine andere Treppe verband die angrenzende Heilig-Geist-Kapelle mit dem unteren Raum, von dem aus ein Gang auf die andere Seite des Kirchenschiffs der Basilika führte. Dort befand sich das Grab des Heiligen Stephanus. So können wir davon ausgehen, dass die Kirche auf dem Berg Zion eine Apsis mit Chorumgangskapellen aufwies.[44]

Die Kreuzfahrer errichteten ein leeres Kenotaph-Grabmal, mit dem sie auf König Davids Ruhestätte hinwiesen.[45] Wir müssen uns vorstellen, dass die Decke zur Zeit Jesu ein rundes Tonnengewölbe hatte. Bei Restaurierungsarbeiten entdeckte Aliza van Zuiden von der Israelischen Altertumsbehörde (IAA) im Jahr 1995 an zwei Schlusssteinen der Kreuzrippengewölbe unter dem mittelalterlichen Putz verborgene Reliefs: ein Lamm, dessen Kopf fehlte, doch dessen linkes gefaltetes Bein einen Stab festhält, sowie ein Löwe, der seine rechte Vorderpfote anhebt.

Das Lamm – agnus dei – ist das Symbol für das geopferte Blut des göttlichen Lammes, des auferstandenen Jesus. Es ist aber auch ein Hinweis auf das Abendmahl am Tag der Opferung des Pessachlamms. Oft erscheint das Lamm auch in Zusammenhang mit dem Berg Zion.[46] Der Löwe – lion passant – symbolisiert Judäa, was die Offenbarung des Johannes bestätigt.[47] Der Löwe von Juda symbolisiert damit auch König David, denn Jesus entstammt dem Stamm Davids.

Die Schlussteine in den Kreuzrippengewölben des Speiseraums weisen jedoch noch mehr auf eine besondere Beziehung zwischen Jesus von Nazareth, des Letzten Pessachmahls und Frankreich hin.[48] Das erscheint in einem sehr plausiblen Licht, wenn wir uns vor Augen halten, dass der Begründer der Gotik, Abt Suger von Saint-Denis, in seiner Schrift De Consecratione beschreibt, dass Jesus von Nazareth der Schlussstein sei, der die Mauern des christlichen Glaubens, die auf den Aposteln beruhen, miteinander verbinde.[49] Wir werden Abt Suger von Saint-Denis später erneut begegnen.

Die Tatsache, dass der Rest der Basilika abgerissen wurde, um die Steine für andere Bauarbeiten im 12. Jahrhundert zu nutzen, der Abendmahlsraum allerdings stehen blieb, ist ein Hinweis darauf, dass dem Ort besondere Bedeutung zukam. Unter Putz entdeckte Graffiti, die Pilger zwischen 1300 und dem 16. Jahrhundert hinterließen, lassen den Schluss zu, dass der Glaube an die Echtheit des Raumes als Ort des Letzten Pessachmahls allgegenwärtig war.[50] Auch die mündliche Überlieferung stützt das.[51] Da es angesichts hoher behördlicher Hürden schwierig ist, tiefergehende archäologische Untersuchungen durchzuführen, müssen wir in Ermangelung an Fakten in Betracht ziehen, dass Petrus und Johannes die Vorbereitungen für das Letzte Pessachmahl im dortigen oberen Stockwerk trafen.

Eine Begegnung mit Jesus

Wir sehen Jesus und seine Jünger direkt vor uns. Sie sitzen nicht an einem Tisch, wie es uns Gemälde weismachen wollen. Gemäß den Sitten im Palästina des 1. Jahrhunderts liegen oder sitzen sie auf Kissen auf dem Steinboden. Das Johannesevangelium bestätigt das.[52] Der Steinboden ist mit gewebten Teppichen ausgelegt. Die wichtigsten Personen befinden sich zur rechten oder linken Seite Jesu. Demnach liegen Judas, Johannes, Petrus und Jesu Bruder Jakobus direkt neben Jesus. Auf Flachtischen stehen die Teller mit den Mahlzeiten des Pessachmahls.[53]

Alle Teller, Schalen und Krüge waren aus Stein gefertigt. Darauf weisen Funde von Steingefäßen aus Jerusalem und Galiläa des 1. Jahrhunderts hin. Diese Kalksteingefäße waren entweder von Hand aus dem Stein gehauen oder aber Handwerker drehten sie mit einer Maschine heraus. Arme wie reiche Familien bedienten sich dieser Gefäße. Je nach sozioökonomischer Stellung waren die Gefäße mehr oder weniger elegant gefertigt.[54] Gemäß archäologischer Funde in spätrömischen Schichten in der einstigen galiläischen Hauptadt Sepphoris nutzten die Menschen dort bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. Kalksteingefäße. In Judäa und Jerusalem verwendeten Menschen nach der Zerstörung Jerusalems und nach der endgültigen Zerschlagung des jüdischen Aufstands durch die Römer im Jahr 74 n. Chr weitgehend keine Kalksteintrinkgefäße mehr.[55] Doch Jesus und die Jünger verwenden keine gewöhnlichen Steingefäße. Sie haben ihre eigenen Ess- und Trinkgefäße, da sie auf die durch die Thora vorgeschriebene, jüdische Reinheit achten müssen.

Betrachten wir Jesus von Nazareth. Wir könnten ihn auch mit Simon Petrus oder Johannes Markus verwechseln. Historisch-forensische Forschungen zu Jesu Körperbau und seinem Aussehen zeigten, dass er ein 1,60 bis 1,70 Meter großer Mann war und kurze, lockige schwarze Haare und – entsprechend der damaligen palästinensischen Mode – einen kurzen Vollbart trug. Bereits im ersten Korintherbrief ermahnte der Apostel Paulus die Männer, keine langen Haare zu tragen.[56] Jesus hat genetisch bedingt braune Augen und olivfarbene Haut durch die ständige Sonneneinstrahlung und seine harte Arbeit als Zimmermann – griechisch tektōn – im Freien.[57] Jesus sieht also ganz anders aus, als wir es aus kirchlichen Darstellungen kennen.

Wir können vom Erscheinungsbild eines zeitgenössischen Galiläers ausgehen. Seine Feinde erkennen ihn nicht. Auch seine Kleidung fällt nicht auf: eine beige, nahtlose und kurze Tunika, die bis zu den Oberschenkeln reicht, ein sandfarbener Schal, ein hellbrauner Umhang mit Bändern und zerschlissenen Ledersandalen mit Schnürsenkeln.[58] Obwohl Jesus gerne Wein und Speisen zu sich nimmt, scheint er seine Grenzen zu kennen.[59] Richten wir uns nach dem Hebräerbrief, können wir Jesus folgendermaßen charakterisieren: Wie jeder Mann in Palästina, isst, trinkt, arbeitet, schläft, weint und lacht Jesus. Wir erkennen ihn nun daran, dass er recht schweigsam ist und seine Jünger beobachtet, die miteinander diskutieren. In der Tat sieht Jesus angsterfüllt aus. Er weiß, was ihm bevorsteht.

Jesus wird sich wieder bewusst, dass er verfolgt und bald verhaftet wird. Er verspürt ein Übelkeitsgefühl im Magen. Sein Leben läuft vor seinen inneren Augen ab. Jesus musste ab dem 12. Lebensjahr arbeiten. Auf der anderen Seite packte ihn früh das Thorastudium. Zusammen mit seinem Vater war er als tektōn daran beteiligt, Dächer für Häuser, Holzkonstruktionen wie Ölmühlen, Möbel, Ochsenkarren, Wagenräder, Kähne, Wasserräder und Boote zu bauen. Holztüren und -fenster anzufertigen fiel ebenso in seinen Aufgabenbereich, wie Baugerüste, Kräne, Türme, Holzbrücken, Verteidigungsmauern und Maschinen für Belagerungen zu bauen.[60] Das Lukasevangelium bestätigt, dass Jesus in seiner Weisheit und körperlichen Erscheinung wuchs und kräftiger wurde.[61]

Das Bauprogramm von König Herodes Antipas, der in Sepphoris residiert, fördert das örtliche Konstruktionsgewerbe. Der Familienbetrieb von Jesus’ Stiefvater Joseph ist an diesem Bauprogramm beteiligt.[62] Jesus hat die brutale Willkür von Herodes Antipas und der römischen Truppen erlebt und ist dadurch traumatisiert. Jesus denkt an die hingerichteten Aufrührer, die in der Sonne an den Kreuzen verrotten und von Krähen aufgefressen werden. Das steht auch ihm bevor.

Jesus erinnert sich an seinen Temperamentsausbruch, als er die Geldwechsler aus dem Tempel von Jerusalem peitschte und sie anschrie, sie sollten Gottes Haus nicht mit ihren Geschäften beschmutzen.[63] Die Tempelreinigung zeigt, dass die Geschäftemacher JHWHs Heiligtum in Jerusalem und das mosaische Gesetz nicht mehr achten. Sie zeigt auch, dass Jesus keine neue Religion gründen, sondern das Judentum reformieren will. Er will die Ehrfurcht der Priester und Schriftgelehrten für den Jerusalemer Tempel und das Gesetz wiederherstellen. Das Übelkeitsgefühl und die Angst in ihm werden stärker. Herr, stehe mir bei!

Jesus schüttelt leicht den Kopf. Wollte er eine eigene Religion gründen, wäre er als Zimmermann und Steinmetz durchaus in der Lage, eine bescheidene Holz- oder Steinkirche zu errichten. Aber das will er nicht. Jesus beobachtet wieder seine Freunde. Sie wollen noch nicht verstehen, dass er bald stirbt. Sie scherzen laut und diskutieren miteinander. Böse Worte, die Jesus den Pharisäern und Sadduzäern des Hohen Rates entgegengeschleudert hat, jagen durch seinen Kopf: „Schlangen und Otterngezücht“ seien sie.[64] Er schrie sie an: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein und die hineinwollen, lasst ihr nicht hineingehen.“[65] Von außen seien die Pharisäer und Schriftgelehrten gerecht zu den Menschen, doch von innen seien sie voller Heuchelei und Missachtung des Gesetzes.[66]

Es sind sehr harsche Worte, die Jesus aus Verzweiflung und Wut sprach. Sie sind zutiefst menschlich. Doch Jesus bereut nichts. Es gibt keinen Weg zurück. Der Hohe Rat will Jesus tot sehen nach der Auferweckung des totgeglaubten Freundes Lazarus. Denn die Zahl der Juden, die glauben, dass Jesus doch der ersehnte Messias ist, wächst.[67]

Jetzt sagt Jesus laut: „Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide. Denn ich sage euch, dass ich es nicht mehr essen werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.“[68]

Die Jünger schweigen erschrocken. Jesus greift nach einem Kelch vor sich …

Die Frage nach der Beschaffenheit des Pessachmahls

Obwohl Jesus ein sehr gläubiger Jude war, der in seiner Kindheit häufig das Pessachfest mit seinen Eltern in Jerusalem feierte, hegen Theolog:innen Zweifel, dass das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern ein Pessachmahl war. Das Pessachmahl war auf den ersten Blick das althergebrachte Fest mit ungesäuertem Brot und Lämmern, die jüdische Gläubige zuerst im Jerusalemer Tempel opferten.[69]

Den exakten Ritus teilt JHWH seinem Volk im 2. Buch Mose mit: Demnach soll am zehnten Tage des ersten Monats jüdischer Zeitrechnung jeder Hausvater je ein Lamm für ein Haus nehmen. Der Vater soll das Lamm mit seinen Nachbarn teilen, wenn in der Familie zu wenig anwesend seien. Das Lamm muss makellos und darf nicht älter als ein Jahr sein. Der Vater sollte es bis zum 14. Nisan hüten. Er sollte es am Abend schlachten und zusammen mit der Familie nach Einbruch der Dunkelheit mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern verspeisen. Doch Gläubige durften es weder roh essen, noch kochen. Es sollte über Feuer gebraten werden mit Kopf, Schenkeln und inneren Teilen und nichts davon durfte übrig bleiben. Blieb doch etwas übrig, musste es bis zum darauffolgenden Morgen verbrannt sein.[70]

Das Pessachmahl sollte in Eile eingenommen werden. Sieben Tage sollte die Familie ungesäuertes Brot essen. Bereits am ersten Tag sollte sie den Sauerteig aus dem Haus entfernen. Und JHWH war streng, denn wer gesäuertes Brot aß, der sollte ausgerottet werden aus der Gemeinde Israel.[71] Es ist verständlich, weil JHWH sichergehen wollte, dass die Israeliten entkamen. Wir wissen durch die Mischna Pessachim, dass Priester das Blut der geopferten Lämmer, das den Boden des Tempels bedeckte, mit einem Kelch oder einer hohen Schale auffingen. Daraus besprengten sie mit einem Quast die Basis des Altars.[72] Wir erkennen in der Blutschale die mit Wein gefüllten Kelche Jesu und seiner Jünger wieder. Lief es bei Jesu Letztem Abendmahl ebenso ab?

Dass Jesus und seine Jünger ein geschlachtetes Lamm oder Teile davon aßen, beschreiben Markus und Lukas: „Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin und bereitet uns das Passalamm, damit wir’s essen.“[73] Man mag einwenden, dass das Wort „Passalamm“ nur der Übersetzung Martin Luthers anzulasten sei, denn im griechischen Originaltext erscheint das Wort „Lamm“ gar nicht. Es ist jedoch unsinnig anzunehmen, dass Jesus und seine Jünger kein Lamm aßen, denn in den drei synoptischen Evangelien lesen wir von πάσχα, also „pás-cha“.

Ohne Lamm ist das Pessachmahl nicht vollständig und kann nicht als solches gelten. Jesus war bereits in seiner Kindheit oft genug mit seinen Eltern bei Pessachfeiern, um zu wissen, wie sie gefeiert wurden.[74] Markus, Matthäus und Lukas bestätigen, dass es sich um ein Pessachmahl handelte.[75] Jesus und seine Jünger werden demnach Teile des Pessachlammes gegessen haben, das der Hausherr vorher im Tempel hatte schlachten und zubereiten lassen. Er muss ein einflussreicher Jude gewesen sein. Petrus und Johannes konnten das Lamm nicht im Tempel schlachten. Die Tempelwachen wären ihnen zum Abendmahlsraum gefolgt und hätten Jesus und die Jünger sofort gefangen genommen. Also musste es eine geheime Feier gewesen sein.

Doch ähnelte das Pessachmahl Jesu und seiner Jünger der heutigen jüdischen Sederfeier am Abend vor dem Pessachfest?

Das Sedermahl ab 70 n. Chr.

Seder bedeutet „die Ordnung“. Diese Ordnung ist im Buch Haggadah festgelegt, das jeder Seder-Teilnehmer beim Essen vor sich liegen haben muss. Der Sederabend ist gemäß des Buchs Haggadah in vierzehn Schritte unterteilt. Nach der Zubereitung des Sederessens deckt die Familie den Tisch. Der Sederabend beginnt, sobald die Kerzen angezündet sind und die Feiergesellschaft den Segensspruch für das Licht Gottes gesprochen hat. Der Vater füllt einen Kelch, den Kiddusch-Kelch, mit Rotwein. Kiddusch stammt von dem hebräischen Wort kadosch (קידוש) für „heilig“.

Über den Bechern oder Kelchen spricht der Vater die Preisung (Kadesch), dass der Ewige, JHWH, der die Welt regiert, gepriesen sei. Er habe die Frucht des Weinstocks geschaffen.[76] Die Anwesenden antworten mit einem „Amen“ und trinken den ersten von vier Kelchen oder Bechern Rotwein oder – für die Kinder – Traubensaft. Alle Teilnehmer:innen des Seders haben einen Kelch vor sich. Es folgt die Waschung der rechten und dann der linken Hand. Die Anwesenden müssen sich links anlehnen – ein Zeichen für die Freiheit. Denn nur freie Völker konnten sich beim Mahl anlehnen.

Auf der Sederplatte oder dem Sederteller befinden sich sieben verschiedene Speisen, die alle eine übertragene Bedeutung haben. Darunter ist ein Knochen mit angebratenem Lammfleisch, Sero’a. Das Lammfleisch symbolisiert die Opferung der Lämmer im Tempel von Jerusalem. Aber der Knochen erinnert auch an Gott JHWH, der die Israeliten „mit ausgerecktem Arm“ aus Ägypten holte.[77]

Auch ein gesottenes Ei, Beitzah genannt, liegt auf der Sederplatte. Das Ei ist ein Symbol für das chagiga (חֲגִיגָה), was „Fest“ oder „Feier“ bedeutet. Die Gläubigen mussten an den drei Wallfahrtsfesten Pessach, Schawuot und Sukkot im Jerusalemer Tempel ein Lammopfer darbringen. Schawuot feiert den Bund, den Gott JHWH mit Moses und den Israeliten auf dem Berg Horeb im Sinai in Gestalt der Zehn Gebote schloss. Sukkot, das Laubhüttenfest, gedenkt der Zeit der Israeliten in der Wüste, in der sie notdürftig Hütten als Unterkünfte errichteten. Das Ei auf dem Sederteller ist auch ein Symbol für die Trauer über die Zerstörung des Tempels um 70 n. Chr. durch die Truppen des Kaisers Titus.[78] Der Tempel steht nicht mehr, nur die Klagemauer ist noch übrig, die ein Teil des westlichen Gemäuers ist.

Doch zunächst isst die Familie Karpas, ein Bittergemüse, das meistens aus Petersilie besteht. Es ruft die bittere Erfahrung der Unterernährung in der Sklavenzeit wach.[79] Ein Glas mit Salzwasser daneben soll die tränenreiche Zeit der Unterdrückung durch den ägyptischen Pharao in Erinnerung bringen. Die Anwesenden tauchen jeweils ihr Büschel Petersilie in das Salzwasser und verzehren es.

Es folgt das Jachatz. In der Mitte des Sedertellers befinden sich drei ungesäuerte Brote, die maẓẓah, übereinander. Sie symbolisieren unter anderem den Stamm Levi und der Untergruppe der Kohanim (Cohen). Die Kohanim innerhalb des Stammes der Leviten waren die Tempeldiener, die das Allerheiligste des Salomonischen Tempels in Jerusalem mit der Bundeslade und den Zehn Geboten JHWHs betreten durften. Sie standen in der Tradition von Moses’ Bruder Aaron.[80] Das Brot steht für das Elend, das die Israeliten vor und während ihrer Flucht vor dem Pharao erleben mussten. Der Vater bricht das Brot in zwei ungleiche Teile. Den kleineren Teil legt er auf den Sederteller, das größere Stück wickelt er in ein Tuch und versteckt es als sogenanntes Afikoman (aramäisch für „nach dem Mahl“), damit die Kinder es am Ende des Sederabends suchen können.

Dann folgt im Magid die Nacherzählung des Auszugs der Israeliten aus Ägypten. Der Vater füllt den zweiten Kiddusch-Becher  mit Wein. Wenn die Pessach-Feiernden den zweiten Becher trinken, stellt das jüngste Kind am Tisch vier Fragen, Ma Nischtanah. Das Kind fragt, warum dieser Abend und diese Nacht sich von allen anderen Abenden und Nächten unterscheiden:

1) Warum essen wir in dieser Nacht nur ungesäuertes Brot?
2) Warum essen wir in dieser Nacht nur Bitterkraut als Gemüse?
3) Warum tunken wir in dieser Nacht gleich zweimal das Gemüse ein?
4) Warum essen wir in dieser Nacht alle nur in angelehnter Sitzhaltung?[81]

Der Vater muss die vier Fragen richtig beantworten. Die Teilnehmer des Seders trinken den zweiten Becher Wein. Es folgt der erste Teil des Hallel, das aus der Rezitation der Psalme 113–114 besteht.[82] Jetzt geht das Seder mit dem Rochtzo weiter. Die Anwesenden waschen sich die Hände. Die Familie isst Teile des ungesäuerten Brotes und spricht die Bracha, eine Lobpreisung JHWHs.

Die Familie isst in der Mozi noch mehr von dem ungesäuerten Brot. Auf der Sederplatte liegt Maror, ein Bitterkraut wie Meerrettich oder Radieschen, das an die bittere Fronzeit der Israeliten erinnern soll. Bitterkraut zu essen soll aber auch an die Hoffnung erinnern, dass sich Süßes ereignen wird: die Freiheit. Charosset, ein Fruchtmus aus Apfelstücken, Mandeln, Nüssen und Wein, liegt daneben auf dem Sederteller. Das Fruchtmus verdeutlicht den Lehm, aus dem die israelitischen Sklaven in Ägypten Ziegel formen und brennen mussten, um damit die Tempel für den Pharao zu bauen. Weil die Freiheit süß schmeckt, isst die Familie das bittere Maror mit süßem Charosset. Sie isst es im nächsten Schritt – Korech – zusammen mit noch mehr ungesäuertem Brot.

Das ausgiebige Festessen, Schulchan Orech, beginnt, denn niemand aus der Familie ist bisher auch nur im Entferntesten satt geworden. Es beginnt mit dem Ei, über das Salzwasser gesprenkelt wird. Nach dem Festessen gehen die Kinder im Rahmen des Zafun auf die Suche nach dem versteckten und eingewickelten Mazzen-Brot, dem Afikoman. Nachdem sie es dem Vater gegeben haben, verteilt er das ungesäuerte Brot an die Anwesenden.

Im Bairach trinkt die Familie die dritten Becher mit Wein.[83] Jemand öffnet die Haustür, um den Propheten Elias symbolisch hereinzulassen. Es folgt die Lobpreisung des Herrn mit dem Hallel und der Zitierung der Psalme 115–118. Die Familie trinkt die vierten Becher Wein und singt dann Pessachlieder. Das Seder ist beendet und das Pessachfest kann kommen.[84] Die Mischna Pessachim empfiehlt nicht ohne Humor, dass die Teilnehmer den Abend nicht mit einem Trinkgelage schließen sollen. Sind manche eingeschlummert, so dürfen sie, wenn sie aufwachen, nicht mehr essen.[85]

Die vier Kelche sind Sinnbilder für die vier Versprechungen, die Gott JHWH den Israeliten machte, bevor sie entkommen konnten. Der erste Becher des Seder erinnert an JHWHs tröstende Worte: „Ich bin der HERR und will euch wegführen von den Lasten, die euch die Ägypter auflegen …“[86] Der zweite Becher symbolisiert sein Versprechen der Errettung: „… und will euch erretten von ihrem Frondienst …“[87] Der dritte Becher besagt: „und will euch erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch große Gerichte …“[88] Der vierte Becher besiegelt den Bund JHWHs: „… ich will euch annehmen zu meinem Volk und will euer Gott sein, dass ihr’s erfahren sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott, der euch wegführt von den Lasten, die euch die Ägypter auflegen.“[89]

Ein fünfter Becher mit Wein erinnert heutzutage an den Propheten Elias, der die Ankunft des zukünftigen Messias verkündete und an das Versprechen der Landnahme Kanaans.[90] Elias soll Armut und Not vertreiben und das Kommen des Messias verkünden. Er bringt das Versprechen einer neuen und besseren Welt. Anhand der vier Kelche sehen wir, dass es bei der Sederfeier darum geht, die Erinnerung an die Leiden durch den Auszug aus Ägypten und den Sieg über den Pharao aufrechtzuerhalten. Die Kinder sollen die vier Fragen stellen, die Geschichte lernen und sie ihren Kindern weitergeben.

Einige jüdische Schriftgelehrte wenden ein, dass Juden den Seder erst nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. einführten. Denn das 2. Buch Mose kennt weder das Buch Haggada mit der Ordnung des Seders noch ein Sedermahl selbst. Die jüdische Tradition sieht in dem Seder eine Ersatzhandlung, weil die Gläubigen keinen Tempel mehr hatten, um dort Lämmer zu opfern. Demzufolge habe auch Jesus Christus kein Seder feiern können.[91] Die Pessach-Riten vor und nach der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. seien spürbar unterschiedlich gewesen.[92] Außerdem habe Jesus an Festmahlen teilgenommen und dort häufig Brot und Wein gegessen und getrunken. Ungesäuertes Brot und Wein seien die Bestandteile vieler jüdischer Mahlzeiten.[93]

War das Letzte Pessachmahl also doch kein Seder?

Das vereinfachte Sedermahl

Einige Fakten sprechen tatsächlich für ein Sedermahl Jesu und seiner Jünger. Das Buch der Jubiläen, das um etwa 200 v. Chr. entstand und mit dem Bund JHWHs mit seinem auserwählten Volk auf dem Sinai beginnt, führt uns hier auf eine spannende Spur.[94] Das Buch der Jubiläen fand in der Gemeinde von Qumran und unter der Sekte der Essēner große Beachtung. Spätantike christliche Schriftgelehrte wie Justinius der Märtyrer (100–165 v. Chr.), Origines von Alexandria (185–253) oder Diodorus von Tarsus (†394) kommentierten es oft. Es handelt sich um ein Geschichtsbuch aus Sicht des Judentums, das Ereignisse aufarbeitet, die alle 49 Jahre, basierend auf 7 Wochentagen mal 7 Jahrwochen, stattfanden. Multiplizieren wir die 7-Tage-Woche mit 52 Wochen, erhalten wir die 364 Tage des Kalenders, mit der die Gemeinde von Qumran rechnete, wie wir bereits gesehen haben.[95]

Das Buch der Jubiläen enthält jedoch nicht nur geschichtliche Schilderungen, sondern auch gesetzliche Kommentare zu jüdischer Reinheit und den Ablauf und die Bestandteile von Mahlzeiten, also auch zum Pessachfest. So widerspricht das Buch der Jubiläen dem 2. Buch Mose, dass die Pessachmahlzeit schnell gegessen werden müsse.[96] Es gibt zwar nicht an, dass Juden das Pessachfest zu Hause feierten, bestätigt aber, dass Juden, die das Pessachmahl aßen, zu Hause Wein dazu tranken.[97] Am Abend des Letzten Pessachmahls werden Jesus und seine Jünger einen süßen Rotwein, „passum“ genannt, getrunken haben. Juden verdünnten ihren Wein jedoch mit Wasser.[98] Denn die Psalme berichten, dass die Pessach-Feiernden Kelche oder Becher mit gemischtem Wein füllen sollten.“[99]

Diese Weinmischung bezieht sich auch auf die Szenen, die sich gemäß der Mischna Pessachim bei der Schlachtung der Lämmer im Tempel von Jerusalem abspielten: „Ein Israelite schlachtet, und der Priester fängt das Blut auf; er gibt es seinem Nebenmann, der Nebenmann wieder seinem Nebenmanne, und nimmt das Volle und gibt zurück das Leere. Der Priester, der dem Altar am nächsten ist, sprengt es gegen den Altargrund.“[100] Durch das Weiterreichen der Schalen vermischte sich das Blut der geschlachteten Lämmer.

Es fällt auf, dass das Buch der Jubiläen sich strikt gegen eine häusliche Feier des Pessachfestes wendet. Das können wir als eine Bestätigung dafür lesen, dass viele Juden zur Abfassungszeit des Buches der Jubiläen aus Trotz zu Hause Pessach feierten, Lamm und ungesäuertes Brot aßen und verdünnten Wein tranken.[101] Wenn wir von einer Pessachfeier in den eigenen vier Wänden sprechen, dann bezieht das auch die Schlachtung der Lämmer zu Hause ein.

Dies stimmt überein mit dem Kommentar des jüdischen Gelehrten und Historikers Philon von Alexandria (15 v. Chr–40 n. Chr.). Philon machte sich in seinem mehrbändigen Werk De specialibus legibus unter anderem Gedanken über die Arbeit der Priester, Opferungen im Tempel oder den Sabbat. „An diesem Tag wird jedes Wohnhaus mit dem äußeren Schein und der Würde eines Tempels ausgestattet“, kommentiert Philon das Pessachfest.[102] Er meint damit, dass Juden in jedem Haus (ἑκάστη δὲ οἰκία) das Pessachfest feierten – und das etwa 165 Jahre vor Christi Geburt. Pessach war vor der Zerstörung des Tempels ein zentralisiertes Fest und jüdische Gläubige pilgerten aus der Ferne nach Jerusalem. So ist es nur verständlich, dass viele Menschen Pessach in den eigenen vier Wänden feierten, wenn sie aus gesundheitlichen, zeitlichen oder politischen Gründen nicht nach Jerusalem kommen konnten oder durften, um dort ein Lamm zu opfern.[103]

Philon von Alexandria wird noch deutlicher, wenn er sagt, dass ungesäuertes Brot ein Zeichen für große Eile und Schnelligkeit sei, während die bitteren Kräuter ein Zeichen für das Leben in Bitterkeit und Kampf sind, das sie als Sklaven ertragen.[104] Er interpretiert das Pessachfest als ein Seder, wie es das Buch Haggada vermittelt und die Mischna Pessachim bestätigt.[105] Wichtig sei hier, so der Judaist Joel Marcus von der Duke University in Durham, North Carolina, dass Philon von Alexandria keine eigene Interpretation vornehme, sondern mit der Redewendung „wie man sagt“ auf alte Traditionen verweise.[106] Joel Marcus zufolge verteilte Jesus das ungesäuerte Brot an die Teilnehmer, wie der Vater beim heutigen Sederessen. Darin sieht er einen unzweideutigen Beweis, dass Jesus ein Jude war, der das Pessachmahl zu Hause und mit Wein gefeiert habe.[107] „Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“, berichtet das Evangelium des Lukas.[108]

Joel Marcus spitzt die Frage deshalb zu. Nicht dass es sich bei Jesu Abendmahl um ein Pessachmahl handele, solle die Frage sein, da die drei synoptischen Evangelien jüdische Traditionen vor der Zerstörung um 70 n. Chr. wiedergäben. Die Frage laute vielmehr, ob die drei synoptischen Evangelien Jesu Pessachmahl entsprechend wiedergäben, und die Antwort sei hier eindeutig positiv.[109] Dafür spreche auch eine verblüffende Parallele zwischen dem Johannesevangelium und dem Ha Lachma, der ausgesprochenen Einladung an Fremde zum Sederabend, die hungern und bedürftig sind: „Das ist das Brot für die Armen, alle, die hungrig sind, sollen hereinkommen und essen.“ Jesus sagt: „Ich bin das Brot des Lebens, Wer zu mir kommt, wird nicht Hunger leiden.“[110] Daher decke sich das „Brot der Armen“, auf das bereits Philon von Alexandra hinwies und das auch in der Ha Lachma des Sederabends erscheint, mit Jesu Aussage, dass niemand mehr Hunger leiden müsse.[111]

Was können wir demnach über Jesu Letztes Pessachmahl sagen? Wir können davon ausgehen, dass Jesus eine vereinfachte Form des Seders mit ungesäuertem Brot, gebratenem Lammfleisch, Kräutern, Fruchtmus und Gemüse durchführte. Wie manche Juden laut Philon von Alexandria verfuhren, tranken Jesus und seine Jünger den verdünnten Wein nicht nur aus einem Kelch …

Die vier Kelche des Hausherrn

Jesus und seine Jünger waren Juden. Jesus selbst sagte zu einer Frau, die er an einem Brunnen in Samaria traf, dass das Heil „nur von den Juden“ komme.[112] Er bestätigte seinem Ankläger Pontius Pilatus, dass er sich als König der Juden betrachte und wurde dafür zum Tod verurteilt.[113] Jesus sah sich trotz des Ärgers mit den Pharisäern und Sadduzäern des Jerusalemer Tempels als Jude, der von König David abstammte. Daher muss Jesus die Reinheitsgebote streng befolgt haben: Das Essen, das Essensgeschirr und die Trinkgefäße mussten rein sein.  Das Geschirr musste vor der Verwendung im mikva’ot-Tauchbecken durch rituelles Wasser gereinigt – „getowelt“ – werden.

Das bedeutet aber auch, dass Jesus unmöglich nur einen Kelch in den Reihen seiner Jünger umhergehen lassen konnte. Jeder Jünger hatte seinen eigenen Kelch. Gemäß der Mischna waren Becher und Kelche aus Metall unrein.[114] Steingefäße hingegen, anders als etwa Keramikware oder metallische Trinkgefäße, nicht.[115] „Es gibt keinen Beweis dafür, dass Jesus die Reinheitsvorschriften übertreten, in Frage gestellt oder missachtet hat“, stellt Cecilia Wassen, Professorin für Theologie an der schwedischen Universität Uppsala fest. Sie verweist darauf, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten des Jerusalemer Tempels Jesus im Matthäusevangelium einmal als „Vielfraß“ und „Trunkenbold“ bezeichneten und ihm ein anderes Mal vorwarfen, von Dämonen besessen zu sein, weil er Menschen durch Zauberei heile.[116] Jedoch kritisierten die Pharisäer ihn nicht, dass er die jüdischen Regeln der Reinheit überschreite, so Wassen.[117] Die Pharisäer werfen Jesus in keinem Text des Neuen Testaments oder in den Apokryphen vor, unreine Praktiken zu betreiben.

So müssen wir davon ausgehen, dass Jesus sich wie ein streng gläubiger Jude verhielt, der nach jüdischem Gesetz aß, trank und handelte. Jesu Kelch, dessen Kuppa wegen jüdischer Reinheitsgebote aus Stein oder Halbedelstein gefertigt war, könnte dann frühestens im Mittelalter mit goldenen oder silbernen Gestellen ausgestattet worden sein. Nachdem Papst Zyphyrinus (†217 n. Chr.) geboten hatte, dass für das Abendmahl nur gläserne Kelche Verwendung finden sollten, ordnete Papst Urban I. (175–230 n. Chr.) an, dass die Abendmahlskelche aus Gold oder Silber sein müssten. Die Synode von Reims im Jahr 813 bestätigte das. Kupfer und Messing, Holz und Glas seien verboten.[118]

Auf den ersten Blick könnten wir den Kelch ausschließen, den Bischof Arculfus in Jerusalem in der Exedra der Grabeskirche um 583 gesehen und geküsst haben wollte und den Adomnán für seinen Bericht De Locis Sanctis beschrieb. Arculfus beschrieb, dass der Kelch aus Metall sei. Wir erinnern uns aber auch an den anonymen Pilger von Piacenza, der um das Jahr 570 Jerusalem besuchte. Er gab an, dass der Kelch Jesu sich nicht nur in einer Halle hinter der Grabeskirche befinde, sondern auch aus Onyx gefertigt sei.[119] Er ist hier präziser als Adomnán von Hy. Die Trinkschale des Kelchs war aus Onyx und das Gestell aus Silber gefertigt. Onyx ist ein Chalcedon, eine Variante von Quarzgestein, das dunkle bis schwarze Einsprengsel und Adern aufweist. Eine Form des Onyx ist Sardonyx, das rotbraun oder rötlich gefärbt ist. Achat ist eine Spielart des Onyx, das ein Silikatmineral ist, dem chemisch betrachtet Silizium- und Sauerstoffatome zugrundeliegen. Onyx und Sardonyx werden in Ägypten seit über 4.000 Jahren abgebaut. Viele antike und mittelalterliche Schmuckstücke und Trinkgefäße wurden daraus hergestellt.

Hinweise darauf, ob wir es nur mit einem Kelch des Pessachmahls zu tun haben, finden wir in den drei synoptischen Evangelien. Dort lesen wir, dass Jesus „den Kelch“ nahm und dankte und seinen Jüngern das Trinkgefäß überreichte. Sehen wir uns das aber genauer an, finden wir etwas anderes: Im ältesten der vier Evangelien, Markus, lesen wir auf Griechisch: „Und er nahm einen Kelch, dankte und trat zu ihnen und dankte, und sie folgten ihm alle. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das über viele vergossen wird.“[120]

Wir können diese Diskrepanz zwischen „den Kelch“ und „einen Kelch“ noch als einen Übersetzungsfehler abtun. Doch auch im Matthäusevangelium lesen wir, dass Jesus seinen Jüngern nicht den, sondern einen Kelch reichte: „Und er nahm einen Kelch, dankte und reichte ihn ihnen und sprach: Trinkt alle daraus, denn dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“[121] Sehen wir uns das Lukasevangelium an, entdecken wir ebenfalls, dass Jesus einen Kelch nahm. Alle drei Autoren schrieben ihre Evangelien in Koiné, dem umgangssprachlichen hellenistischen Griechisch des 1. Jahrhunderts. In den drei Texten heißt es, dass Jesus „einen Kelch“ nahm. Wörtlich lesen wir im Lukasevangelium auf Griechisch: „Und er hielt einen Kelch der Dankbarkeit in der Hand und sagte: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch auf; denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt.“[122]

Das Wort „ποτήριον“ für „Kelch“ ist mit dem Begriff „Glasware“ aber auch dem lateinischen Poterium, dem „Becher“, verbunden. Der Kelch aus Stein ist so dünn, dass er die Qualität eines Glasbechers hat. Demzufolge wären die Steinkelche oder besser Steinbecher aus so dünnem Material, das Licht durchscheint. Dass es sich um eine Trinkschale aus Stein und nicht um Glas handelte, ersehen wir aus folgender Tatsache: Archäologische Ausgrabungen in Bodenschichten des Palästina des 1. Jahrhunderts förderten bisher nur sehr wenige farbige Glasgefäße zutage. Diese Gefäße datieren auf die Zeit nach der Zerstörung des Tempels um 70 n. Chr. Davor war selbst farbloses Glas in reichen Wohngegenden Judäas sehr selten.[123] So können wir Glas ausschließen, aber auf dünne Steine oder Halbedelsteine wie Onyx oder Sardonyx als Material für die Kelche schließen.

Eine weitere Tatsache müssen wir bei unserer Spurensuche bedenken. Die Aussage „er nahm einen Kelch“ weist eindeutig auf mehrere Gefäße hin, wie wir es bei der Sederfeier zum Auftakt des Pessachfestes gesehen haben. Jesus musste alle Kelche segnen, um allen Jüngern das Heil Gottes zuteil werden zu lassen und um das jüdische Gebot der Reinheit zu wahren. Das Lukasevangelium bestätigt das: „Ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt“, sagte Jesus seinen Jüngern.[124] Sie hatten aus den Kelchen mit Wein getrunken, um das Blut des neuen Bundes mit Gott in sich aufzunehmen und um Jesus in Erinnerung zu halten. Jesus Letztes Pessachmal enthielt vier Kelche gemischten Weins.[125] Doch dann, vor dem vierten Kelch, brach Jesus das Mahl ab.[126]

Dem jüdischen Schriftgelehrten Rabbi David Daube zufolge weist Jesu Entscheidung, den vierten Kelch oder Becher nicht zu trinken, stark auf das Buch Haggada und den Segenskelch des Seders hin. Indem Jesus kundtue, dass er den vierten Becher nicht trinke, bis er im Reich Gottes sei, signalisiere er, dass der vierte Becher für das neue Reich Gottes, den neuen Bund stehe.[127] Die Lobpreisung (hebräisch: barach, ברך) deutet an, dass Jesus mit den Worten des Sederabends und des vierten Kelchs sprach. Jesus wählte absichtlich die Worte: „die Frucht des Weinstocks trinken“, die auch im Segen des vierten Seder-Bechers enthalten ist. Dort heißt es, dass Adonai, der Herr des Universums, der die „Frucht des Weinstocks“ geschaffen habe, gepriesen sei.

Rabbi Daube folgert ferner, dass es verboten sei, zwischen dem dritten und vierten Becher Wein zu trinken.[128] Nach dem dritten Kelch weigerte sich Jesus weiterzutrinken. Und schließlich verweist das Lukasevangelium darauf, dass Jesus einen anderen Kelch des Letzten Pessachmahls, als den vorher von ihm benutzten, segnete: „Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“[129] Jesus benutzte den dritten Kelch, der mit der Erlösung verbunden war, um damit seinen Tod für die Sünden der Menschheit anzuzeigen. Er wies aber den vierten Kelch zurück.

Diese Erkenntnisse sind äußerst erstaunlich und überraschend. Die Suche nach dem Heiligen Gral, wie sie mittelalterliche Dichter schildern, ist in Wirklichkeit eine Suche nach vier Objekten: den Kelchen des Letzten Pessachmahls Jesu, das ein vereinfachtes Seder war.

Was geschah mit den Kelchen nach Jesu Letztem Pessachmahl?

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Tobias Daniel Wabbel

Jesus und der Heilige Gral

Auf der Suche nach dem Abendmahlskelch
 

Verlag Bassermann
München 2025
256 S.; Euro 9,99 

 


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[1] Humphrys, C. J.: The mystery of the Last Supper, Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2011, S. 10
[2] Mishna Sanhedrin 4,1
[3] Mishna Sanhedrin 4,1
[4] 2. Mose 12:18
[5] Johannes 13:1
[6] Humphrys, C.J.: The mystery of the Last Supper, Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2011, S. 62–71
[7] Der israelische Archäologe Daniel Vainstub deutet die Mauerreste, die in Qumran auch Bäder und Vorratskammern umfassen, als einen Pilgerort für eine jährlich stattfindende Feier zur Erneuerung des Bundes mit JHWH. Die Bäder dienten rituellen Waschungen der Pilger. Vergl. Vainstub, D.: The covenant renewal ceremony as the main function of Qumran, in: Religions, Juli 2021, Vol. 12(8): 578. Online: https://doi.org/10.3390/rel12080578
[8] 4Q266 1, 4Q270 7 II und 4Q269 16, 15–18. Vergl. Vainstub, D.: The covenant renewal ceremony as the main function of Qumran, in: Religions, Juli 2021, 12(8), 578: Online: https://doi.org/10.3390/rel12080578
[9] Stemberger, G.: Jewish contemporaries of Jesus, Minneapolis, MN: Fortress Press, 1995, S. 72ff. Verschiedene Stellen im Neuen Testament deuten an, dass die Sadduzäer die Auferstehung ablehnten: Matthäus 22:23; Apg 23:8; Apg 4:2; Apg 17:32; Apg 26:8; 1. Korinther 15:12.
[10] Schrift Cairo-Damascus (CD) 3:12–15
[11] Humphrys, C. J.: The mystery of the Last Supper, Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2011, S. 101–107
[12] Hahn, S. W.: Covenant and communion, Grand Rapids, MI: Baker Publishing Group, 2009, S. 147–149
[13] Humphrys, C. J.: The mystery of the Last Supper, Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2011, S. 101–107
[14] Ebd., S. 164
[15] Ebd., S. 62–63
[16] Hahn, Scott W.: Covenant and communion, Grand Rapids, MI: Baker Publishing Group, 2009, S. 147–149. Vergl.: Benedikt XVI.: Predigt in der Lateranbasilika, Gründonnerstag, 5. April 2007. Online: https://www.vatican.va/content/benedict-xvi/en/homilies/2007/documents/hf_ben-xvi_hom_20070405_coena-domini.html
[17] 1. Korinther 11:17–34
[18] 2. Mose 2:1–51
[19] Assmann, J.: Exodus – Die Revolution der Alten Welt, München: C.H. Beck, 2015, S. 69ff.
[20] Faust, A.: The emergence of Iron Age Israel, in: Levy, T. E.; Schneider, T. und Propp, W. H. C. (Hrsg.): Israel’s Exodus in transdisciplinary perspective, Heidelberg: Springer, 2015, S. 476
[21] Humphreys, C. J.: The number of people in the Exodus from Egypt, in: Vetus Testamentum (Brill), April 1998, Vol. 48, Fasc. 2, S. 196–213
[22] Ginsburg, H. L.: Aramaic letters: letters of the Jews in Elephantine, in: Prichard, J. B. (Hrsg.): The Ancient Near East – An anthology of texts and pictures, Vol. 1, Princeton, NJ: Princeton Univ. Press, 1958, S. 278
[23] 2. Mose 7:20–2. Mose 10:21
[24] 2. Mose 11:4
[25] 2. Mose 12:13–15
[26] Fee, G. D.: The first epistle to the Corinthians, Grand Rapids, MI: William B. Eerdmans Publishing Company, 2014 (Revised Edition), S. 15
[27] 1. Korinther 11:17–34
[28] 1. Korinther 11:20–22
[29] 1. Korinther 11:23–25
[30] 1. Korinther 11:26
[31] 1. Korinther 11:28–30
[32] Theißen, G. und Merz, A.: The historical Jesus, Minneapolis, MN: Fortress Press, 1998, S. 18 und S. 26
[33] Markus 14:12
[34] Markus 14:12–15; Lukas 22:7–13
[35] Lukas 22:8
[36] Lukas 22:11; Markus 14:12–14
[37] Apostelgeschichte 12:12
[38] Theodosius: De situ terrae sanctae: „Ipsa fuit domus sancti Marci evangelisti …“, in: Gildemeister, J. (Hrsg.): De situ terrae sanctae und Breviarius Hierosolyma, Bonn: Adolph Marcus, 1882, S. 20
[39] Bieberstein, K.: Die Hagia Sion in Jerusalem, in: Jahrbuch für Antike und Christentum, Bonn, 22–28. September 1991, Münster: Aschendorff’sche Verlagsbuchhandlung, 1995, S. 543
[40] Re’em, A. und Berkovich, I.: New discoveries in the Cenacle, in: Gadot, Y. et al. (Hrsg.): New studies in the archaeology of Jerusalem and its region, January 2016, Vol. X, Jerusalem, S. 56–92
[41] Coldstream, N.: The late twelfth-century rebuilding of the Cenacle on Mount Sion and the fortunes of style, in: Kinder, T. (Hrsg.): Perspectives for an Architecture of Solitude, in: Medieval Church Studies 11, Turnhout: Brepols, 2004, S. 101–107
[42] Ebd., S. 101–107
[43] Adamnani: De locis sanctis libris tres, Kapitel XVIII: De forma grandis basilicae in monte sion frabricatae et de ipsus montis situ, in: Geyer, P. (Hrsg.): Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Vol. XXVIIII, Itinera Hierosomylitana, Saeculi IIII–VIII, Prag/Wien: F. Tempsky, 1898, S. 243
[44] Re’em, Amit und Berkovich, I.: New discoveries in the Cenacle, Gadot, Y. et al. (Hrsg.): New studies in the archaeology of Jerusalem and its region, January 2016, Vol. X, Jerusalem, S. 56–92
[45] Clausen, D. C.: The Upper Room and Tomb of David, Jefferson, NC: McFarland Publishers, 2016, S. 29
[46] Collins, A. H.: Symbols of animals and birds presented in English church architecture, New York: McBride & Nast Co., 1913, S. 15–16. Vergl. Offenbarung 14:1–25
[47] Ebd., S. 17. Vergl. 2. Mose 49:9 bzw. Offenbarung 5:5–6
[48] Re’em, A. und Berkovich, I.: New discoveries in the cenacle, in: Gadot, Y. et al. (Hrsg.): New studies in the archaeology of Jerusalem and its region, January 2016, Vol. X, Jerusalem, S. 69
[49] Suger von Saint-Denis: De Consecratione 5:10–19. Suger bezieht sich dabei auf den Brief eines Schülers des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus: Epheser 2:20–22
[50] Halevi, Shai et al.: : The Holy Compound on Mount Sion – An Epigraphic Heraldic Corpus (Part 1): The Walls of the Cenacle‘, Liber Annuus, 2024, Vol. 74, S. 331–74
[51] Hutton, P. H.: History as an art of memory, Burlington, VT: University of Vermont Press, 1993, S. 82
[52] Johannes 13:23
[53] Berogno, M. und Urcioli, G.: Gerusalemme: l‘Ultima Cena, E-Book, o.O.u.V., 2015
[54] Gibson, Sh.: Common and uncommon Jewish purity concerns in city and village in early Roman Palestine and the flourishing of the stone vessel industry, in: Journal for the study of Judaism in the Persian, Hellenistic, and Roman period, 2022, Vol. 53, Nr. 2, S. 157–197. Online: https://ixtheo.de/Record/1798172925
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[56] 1. Korinther 11:14–15
[57] Taylor, J.: How did Jesus look like, London: Bloomsbury T&T Clark, 2018, S. 155ff.
[58] Markus 6:56; Lukas 8:43–47, Markus 1:7
[59] Matthäus 11:19
[60] Ebd., S. 66f.
[61] Lukas 2:40; Lukas 2:52
[62] Huebner, S. R.: Papyri and the social world of the New Testament, Cambridge: Cambridge Univ. Press, 2019, S. 69–70
[63] Johannes 2:13–16
[64] Matthäus 23:33
[65] Matthäus 23:13–17
[66] Matthäus 23:26–28
[67] Johannes 11:1–57
[68] Lukas 22:15–16
[69] 2 Chr 35,11–13; Buch der Jubiläen 49,16–21; 11QTempel 17.6–9
[70] 2. Mose 12:1–11
[71] 2. Mose 12:15
[72] Mischna Pessahim 5:8,2
[73] Lukas 22:8
[74] Lukas 2:41–42
[75] Markus 14,12–26; Matthäus 26:17–29; Lukas 22,14–20
[76] Gilbert, A.: The Passover Seder, New York: Ktav Publishing House, 1965, S. 15
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[78] Galley, S. und Talabardon, S.: Das jüdische Jahr: Feste, Gedenk- und Feiertage, München: C.H. Beck, 2003, S. 131ff.
[79] Ebd., S. 131ff.
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[81] Kurshan, I.: Why is this night different from all other nights?, New York City: Knopf, 2008, S. XII–XIII
[82] Fowler, J. D.: World Religions, Liverpool: Liverpool Univ. Press, 2000, S. 51–54
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[84] Fowler, J. D.:World Religions, Liverpool: Liverpool Univ. Press, 2000, S. 51–54
[85] Mischna Pessahim 10:8
[86] 2. Mose 6:6
[87] 2. Mose 6:6
[88] 2. Mose 6:6
[89] 2. Mose 6:7
[90] 2. Mose 6:8
[91] Yuval, I. J.: Easter and Passover as early Jewish-Christian dialogue, in: Bradshaw, P. F. und Hoffman, L. A. (Hrsg.): Passover and Easter: Origin and history to modern Time, Notre Dame, NY: University of Notre Dame Press, 1999, S. 98–124
[92] Moyaert, M.: Christianizing Judaism, in: Nathan, E. und Topolski, A. (Hrsg.): Is there a Judeo-Christian tradition? A European Perspective, Berlin: De Gruyter, 2016, S. 152
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[94] Buch der Jubiläen 1; 2. Mose 24:15–18
[95] Sietze Bergsma, J.: The Jubilee from Leviticus to Qumran, Leiden: Brill, 2007, S. 233ff.
[96] Buch der Jubiläen 49:23
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[102] Philon von Alexandria: De specialibus legibus 2:148
[103] Bokser, B. M.: The origins of the Seder, Berkeley, CA: University of California Press, 1984, S. 54
[104] Philon von Alexandria: Quaestiones et Solutiones in Exodum 1:15
[105] Mischna Pessachim 10:5
208 Marcus, J.: Passover and Last Supper revisited, in: New Testament Studies, Juli 2013, Vol. 59, Nr. 3, S. 311. Online: https://doi.org/10.1017/S0028688513000076
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[109] Marcus, J.: Passover and Last Supper revisited, in: New Testament Studies, Juli 2013, Vol. 59, Nr. 3, S. 313. Online: https://doi.org/10.1017/S0028688513000076
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[111] Philon von Alexandria: De congressu eruditionis gratia 167. Vergl. Wittkowsky, V. und Kahl, W.: Das lukanische Doppelwerk in neuen internationalen Perspektiven, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2024, S. 92–93
[112] Johannes 4:22
[113] Markus 15:2; Matthäus 27:11; Lukas 23:3
[114] Mishna Avodah Zara 52a:21
[115] Adler, J.: Ritual purity in daily life after 70 CE, in: Journal for the Study of Judaism, 2021, Vol. 52, Nr. 1, S. 39–62. Vergl. Petersen, Silke: Wein im Überfluss, in: Zimmermann, R. (Hrsg.): Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen, Band 1, 2. Auflage, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2021, S. 672
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[117] Wassen, C.: The Jewishness of Jesus and ritual purity, in: Jewish Studies in the Nordic Countries Today,Scripta Instituti Donneriani Aboensis, 2016, Vol. 27, S. 11–36
[118] Schilling, B. und Sintenis, C. F.: Das Corpus iuris canonici in seinen wichtigsten und anwendbarsten Theilen, Erster Band, Leipzig: Verlag von Carl Focke, 1834, S. 293
[119] Itinerarium Antonini Placentini, Kapitel 20–21, in: Geyer, Paul (Hrsg.), 1898, S. 205–206
[120] Markus 14:23
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[122] Lukas 22:17
[123] Mizzi, D. J.: The glass from Khirbet Qumran: What does it tell us about the Qumran Community?, in: Hempel, Ch. (Hrsg.): The Dead Sea Scrolls, Vol. 90, Leiden: Brill, 2010, S. 117–118
[124] Lukas 22:18
[125] Hahn, S. W.: The Fourth Cup, New York: Random House, 2018, S. 106ff.
[126] Lukas 22:18
[127] Daube, D.: The New Testament and rabbinic Judaism, New York, Arno Press, 1973, S. 330–331
[128] Mischna Pessachim 10:7
[129] Lukas 22:20

Editorische Anmerkungen

Tobias Daniel Wabbel (Jahrgang 1973) ist freiberuflicher Wissenschaftsjournalist und Sachbuchautor. Er erlernte zunächst den Beruf des Typografen, studierte anschließend Journalismus und später kreatives Schreiben. Wabbel veröffentlichte als Herausgeber vier Anthologien zu theologisch-philosophischen Themen (2002, 2004, 2005 und 2007), darunter etwa „Das Heilige Nichts – Gott nach dem Holocaust“ (Patmos Verlag, Düsseldorf), mit Essay-Beiträgen von Autoren wie Hans Küng oder Papst Benedikt XVI. Die Recherchen zu seinem Sachbuch „Der Templerschatz – Eine Spurensuche“ (Bassermann, 2020) führten ihn anschließend über ein Jahrzehnt kreuz und quer durch ganz Europa. Für „Die Templerkathedrale – Geheimnisse und Botschaften von Chartres“ (Bassermann, 2023) forschte er in Chartres insgesamt über ein Jahr lang. Tobias Daniel Wabbels besonderes Augenmerk gilt dabei der Semiotik und der christlich-jüdischen Ikonografie an und in Kathedralen und Kirchen. Der christlich-jüdische Dialog fasziniert ihn, was sich auch in „Jesus und der Heilige Gral“ (Bassermann, 2025) niederschlägt.