Bibelstellenregister zum Babylonischen Talmud nach der Übersetzung von Lazarus Goldschmidt

Das erneuerte Verhältnis von Christen und Juden hatte auch ein neues Verständnis des „Alten Testaments“, der Hebräischen Bibel oder des Tanach, als heilige Schrift des Volkes Israel zur Folge. Was lag also näher, als bei der Beschäftigung mit Texten der hebräischen Bibel auch – oder sogar zunächst einmal danach zu fragen, wie diese innerhalb des Judentums verstanden wurden und werden.

Bekannte jüdische, mittlerweile allesamt verstorbene Gelehrte wie Schalom Ben-Chorin und Pinchas Lapide, um nur die populärsten zu nennen, aber auch Rabbiner Roland Gradwohl u.a. legten erste Spuren mit ihren Verweisungen auf die rabbinische Literatur, sowohl den Talmud als auch die Midraschim und mittelalterlichen Kommentatoren. Plötzlich begann auch das umfassende Werk von Paul Billerbeck wieder neue Bedeutung als Hilfe zu gewinnen. Allerdings verrät bereits der Titel dieses Werkes, „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“[1]  eine andere Zugangsweise: nicht die Frage nach dem jüdischen Verständnis alttestamentlicher Texte bestimmte die Suchrichtung, sondern die Frage nach gedanklichen und inhaltlichen Parallelen zwischen dem Neuen Testament und jüdischer Tradition. Hinzu kommt, dass Billerbeck bei all seiner reichen Kenntnis des Judentums noch von dem typisch kirchlichen Antijudaismus geprägt war, dem bei aller Anerkenntnis der Zusammenhänge von Christentum und Judentum doch an der Hervorhebung der Unterschiede und dem Aufweis der Überlegenheit des Christentums über das Judentum gelegen war. Dennoch stellt Billerbecks Kommentar eine wertvolle Hilfe bei eigenem Recherchieren, gewissermaßen als „Wegweiser“ dar.

Was fehlte, war allerdings eine deutschsprachige Bibelstellenkonkordanz zum Babylonischen Talmud als dem Hauptwerk jüdischer Lehre in den ersten fünf Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Diesem Mangel will die vorliegende Zusammenstellung abhelfen, so dass alle, die bei ihrer Arbeit mit Texten des Alten Testaments auf das rabbinische Verständnis zurückgreifen möchten, mit diesem Hilfsmittel ohne große Schwierigkeiten einen Zugang finden können.

Dabei muss allerdings bewusst bleiben, dass der Talmud keine systematische, zusammenhängende Schriftauslegung bietet wie die Midraschim. Vielmehr werden zu verschiedensten Fragen religiösen Rechts und praktischer Ausführung rabbinische Lehrmeinungen und Diskussionen wiedergegeben. In diesem Zusammenhang erhebt sich fast von selbst die Frage nach deren jeweiliger Begründung und Verankerung in den Schriften und der jüdischen Tradition.

Von den Garanten der Rabbinen

Der Babylonische Talmud wurde über mehrere Jahrhunderte gesammelt. Er stellt einerseits ein Kompendium der Lehrdiskussionen über die Jahrhunderte hinweg dar, andererseits bietet er auch tiefe Einblicke in die rabbinischen Methoden der Schriftauslegung sowie die Entstehung und Überlieferung einzelner Auffassungen und Lehrtraditionen in talmudischer Zeit.

Oft heißt es von einem Rabbi תנא (tana), er lehrte. Damit kommt zum Ausdruck, dass dieser Gelehrte als möglicherweise erster Vertreter der betreffenden Lehrmeinung gilt. Bei anderen heißt es אמר (amar). Oft wird in diesem Zusammenhang angegeben, auf welchen anderen Lehrer er sich dabei bezieht z. B. אמר משום (amar mischom). Auf diese Weise lassen sich ganze Stränge von Tradenten feststellen. Als „Schulen“ bezeichnet man im allgemeinen nur die Richtungen, die sich auf Hillel bzw. Schammai beziehen.

Einzelne Traditionsstränge hat Joachim Jeremias zusammen mit Kurt Adolph im Blick auf jene Rabbinen zusammengestellt, die in Paul Billerbecks großem Kommentarwerk „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“ zitiert werden. Auf diese Weise lassen sich bestimmte Richtungen erkennen und verfolgen. Eine solche Rückbeziehung stellt keine Rückversicherung des jeweiligen Gelehrten dar, wohl aber den Hinweis auf eine Lehr- und Traditionsgemeinschaft, der er sich verbunden oder gar verpflichtet fühlt.

In diesen Diskussionen wird häufig auch die Frage nach der Legitimation einer Meinung bzw. Lehraussage gestellt. Dabei wird nicht auf einen anderen Rabbi, sondern auf die Schrift verwiesen. Zum Aufweis solcher Beziehungen dient eine Reihe unterschiedlicher Methoden, die aber im Einzelfall nicht näher ausgeführt, sondern als gebräuchlich vorausgesetzt werden.

Die ganze Bibel durchgekämmt

Bei der Erstellung dieser Bezugnahmen auf biblische Texte, die Lazarus Goldschmidt[2] in seinem zwölfbändigen Werk nachweist, gewinnt man den Eindruck, jene Rabbinen haben die ganze Bibel durchgekämmt. Kein biblisches Buch bleibt ausgespart, wenn auch verständlicherweise die Tora am häufigsten zitiert wird. Erstaunlich oft greift man allerdings auch auf weisheitliche Texte zurück, z.B. die Sprüche Salomos. Dies kann das anschließende Bibelstellenregister neben seinem eigentlichen Zweck, dem Auffinden rabbinischer Aussagen zu einzelnen biblischen Texten, deutlich machen.

Weitere grundsätzliche Bemerkungen zum Umgang der Rabbinen mit der Schrift und zu den Zitierweisen in diesem Register finden sich an dessen Ende.

Karlsruhe, September 2012


 

ZUM GELEIT


In den Evangelien wird einmal erzählt, wie Jesus Schüler um sich geschart hat. Er sieht Nathanael unter dem Feigenbaum sitzen und findet Gefallen an ihm. Unter dem Feigenbaum – das ist der Ort, wo fromme Juden die Thora  studieren.


Wenn ich in dem „Bibelstellenregister zum Babylonischen Talmud“ lese, steht mir diese Szene vor Augen: Hans Maaß –  zwar nicht unter dem Feigenbaum, aber am Computer sitzend, über Jahre hin die Bibel erforschend, unermüdlich und in hingebungsvoller Arbeit. Seitdem ich ihn kenne, gilt der Auslegung der Bibel – ob im Gottesdienst oder im Religionsunterricht oder auf Tagungen mit Lehrerinnen und Lehrern – seine Leidenschaft. Er gehört nicht zu denen, die immer schon im Vorhinein wissen, was die Botschaft eines biblischen Textes ist. Er bleibt neugierig auf neue Entdeckungen. Dabei hilft ihm sein Interesse, wie Juden den Tanach, die Hebräische Bibel gelesen und ausgelegt und zur Begründung von religiösen Erkenntnissen und Frömmigkeitsregeln in Anspruch genommen haben.


In den vergangenen Jahren ist uns wichtig geworden, dass wir die neutestamentlichen Schriften nicht begreifen, wenn wir uns nicht in die Hebräische Bibel, in das Alte Testament hineinlesen. Wer die Hebräische Bibel verstehen will, dem kann nicht gleichgültig sein, wie sie im Judentum gelesen wurde und wie sich dies im Talmud niedergeschlagen hat. Dazu brauchen wir das rechte  Handwerkzeug. Dies hat Hans Maaß in dankenswerter Weise mit dem Register der im Babylonischen Talmud zitierten Bibelstellen geschaffen.


Klaus Engelhardt

(ehem. Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden

sowie ehem. Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland)

 

 



HANS MAASS


Bibelstellenregister zum Babylonischen Talmud


nach der Übersetzung von

Lazarus Goldschmidt



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[1] Strack-Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, 3. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 1961.

[2] (Übers.) Lazarus Goldschmidt, Der Babylonische Talmud, Jüdischer Verlag, Berlin 1930 ff.

Editorische Anmerkungen

Hans Maaß, Dr. h.c.; Kirchenrat i.R. der evangelischen Landeskirche in Baden. Er ist evangelischer Theologe und Mitglied im Vorstand des Deutschen Koordinerungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit (DKR) sowie Mitglied im Redaktionsteam des vom DKR herausgegebenen "Themenheft".