Antisemitismus, Schoa und Kirche

Studie eines theologischen Arbeitskreises. Prof. Dr. Willehad P. Eckert OP, Düsseldorf; Akademiedirektor Hans Herman Henrix, Aachen; Abt Dr. Laurentius Klein OSB, Trier/Jerusalem; Prof. Dr. Dr. Karlheinz Müller, Würzburg; Prof. Dr. Franz Mussner, Paassau; Oberstudiendirektor a. D. Werner Trutwin, Bonn; Pfr. Dr. Michael Ulrich, Dresden; Prof. Dr. Herbert Vorgrimler, Münster; Prof. Dr. Erich Zenger, Münster.

Antisemitismus, Schoa und Kirche

Studie eines theologischen Arbeitskreises vom 30. Juni 1995

 


Der Arbeitskreis:


Prof. Dr. Willehad P. Eckert OP, Düsseldorf,

Akademiedirektor Hans Herman Henrix, Aachen,

Abt Dr. Laurentius Klein OSB, Trier/Jerusalem,

Prof. Dr. Dr. Karlheinz Müller, Würzburg,

Prof. Dr. Franz Mussner, Passau,

Oberstudiendirektor a. D. Werner Trutwin, Bonn,

Pfr. Dr. Michael Ulrich, Dresden,

Prof. Dr. Herbert Vorgrimler, Münster,

Prof. Dr. Erich Zenger, Münster.

Einleitung

I. Der Weg zur Schoa und die Geschichte der Kirche

A. Ursachen der Feindschaft

B. Stationen der Geschichte

C. Der Weg in die Schoa

II. Die Frage nach Mitverantwortung und Schuld der Kirche

A. Die Verurteilung des Antisemitismus durch die Kirche

B. Die Herausforderung und Frage an die Kirche

C. Das Bekenntnis

III. Aufgaben der Kirche aus der Erinnerung an die Schoa

A. Ernstnehmen der biblischen Aussagen und historischen Fakten

B. Die Schoa und die Rede von Gott dem Erlöser

C. Die Kirche in Weggemeinschaft mit dem jüdischen Volk

D. Der Ruf nach einer Ethik des Lebens

Schluss

 


Einleitung

1. Das hebräische Wort „Schoa“ bedeutet Katastrophe, Unheil, Vernichtung. Es bezeichnet heute die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden unter dem Nationalsozialismus. Sie hat etwa sechs Millionen jüdische Menschen, darunter über eine Million Kinder, das Leben gekostet. Die meisten von ihnen wurden in Vernichtungslagern wie Bergen-Belsen, Maidanek und Treblinka umgebracht. Vor allem Auschwitz wurde zur Stätte des Massenmordes.

Was bei der Verfolgung und Ermordung der Juden an Grausamkeit geschah, übersteigt alle Möglichkeiten der Vorstellung und des Verstehens. Die Schoa war singulär. Frauen und Männer, Greise, Kinder und Säuglinge wurden auf eine bis dahin nicht gekannte Art erniedrigt, geschunden, gequält und ihrer menschlichen Würde beraubt. Diejenigen, die die Qualen des Transports und des Lagers überlebten, fanden in den Gaskammern ein schreckliches Ende. Nur eine geringe Zahl überlebte - für ihr Leben schwer gezeichnet. Dies alles geschah nur aus dem einen Grund, weil sie Juden waren. Ihr Sein selbst galt den Mördern als Verbrechen. Die Juden sollten von der Erde verschwinden. Die gewollte Totalität der Vernichtung hat eine geradezu diabolische Dimension.

2. Das präzedenzlose Verbrechen wirft viele Fragen auf. Historiker und Soziologen, Politologen und Psychologen untersuchen, wie es dazu kommen konnte und wie es im einzelnen verlief. Ein Ende der wissenschaftlichen Bemühungen, durch die die Fakten gesichert und das Geschehene gedeutet wird, ist heute noch nicht abzusehen. Letztlich lässt sich aber ein solches Ereignis nicht nach den üblichen Maßstäben der Geschichtswissenschaft in den Gang der Geschichte einordnen. Es verlangt zuerst und zutiefst eine moralische Erinnerung, die auf die Stimme der Opfer hört und sich ihr aussetzt.

Die Erinnerung an die Schoa entspricht der biblischen Weisung: „Gedenke!“ (vgl. Dtn 25,17 u.a.). Sie gedenkt der Opfer und mahnt die Lebenden. Die Erinnerung an die Schoa darf nicht ausgelöscht werden. Sie deckt Versagen auf und führt zur Umkehr. Sie weckt die Bereitschaft zur Verantwortung und kann zur Quelle des Handelns werden.

Aus der Kraft der Erinnerung müssen sich die Christen fragen, welche Mitverantwortung und Schuld die Kirche an der Jahrhunderte alten Judenfeindschaft hat, die schließlich zur Schoa führte. Das gilt vor allem für die Christen in Deutschland, von wo aus die millionenfache Tötung geplant und ins Werk gesetzt wurde.

Die folgenden Ausführungen wollen sich den Herausforderungen der Schoa für die ganze Kirche stellen. Sie rufen Stationen und Situationen der Geschichte ins Gedächtnis; sie stellen sich der Frage, wie weit die ganze Kirche Mitverantwortung an der Schoa trägt und dadurch schuldig geworden ist; sie beschreiben schließlich die Aufgaben der Kirche nach der Schoa.

I. DER WEG ZUR SCHOA UND DIE GESCHICHTE DER KIRCHE1

3. Wer nach den Voraussetzungen und Ursachen der Schoa in der Geschichte sucht, stößt auf politische Strömungen und ideologische Positionen, auf psychologische Dispositionen, soziale Probleme und ethische Grundentscheidungen, die auch außerhalb der Kirche wirksam waren. Judenfeindschaft wurde jedoch von der Frühzeit des Christentums bis in die Epoche der Aufklärung primär von kirchlichen Lehren und christlicher Religiosität getragen. Die Kirche muss sich daher der Frage stellen, wie es zu ihrer religiös begründeten Judenfeindschaft gekommen ist. Sie muss über judenfeindliche Stationen und Situationen in ihrer Geschichte nachdenken und sich vergegenwärtigen, wo sie stand, als das Judentum den Weg in die Schoa gehen musste.

A. Ursachen der Feindschaft

4. Die Kirche ist aus dem Judentum hervorgegangen und mit dem Judentum unauflösbar verbunden. Nach den Worten des Apostels Paulus können sich Juden und Christen als verschiedene Zweige betrachten, die auf demselben Ölbaum gewachsen sind (Röm 11, 13-24). Die gemeinsamen Grundlagen haben nicht verhindert, dass es schon in den Anfängen der Kirche zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen gekommen ist.

Zunächst war der Konflikt zwischen Juden und den Anhängern Jesu ein innerjüdischer Streit. Er entzündete sich an den Fragen, wie man die Tora auszulegen habe, ob Jesus von Nazareth der von den Propheten angekündigte Messias sei, ob mit seiner Auferstehung die Endzeit angefangen habe und ob der Glaube an Jesus den Menschen vor Gott rechtfertige. Die jüdischen Anhänger Jesu waren davon überzeugt und erhofften vom Glauben an ihn das Heil. Die jüdische Mehrheit teilte diesen Glauben nicht, weil sie nicht zu erkennen vermochte, dass mit Jesus die biblischen Verheißungen einer heilen und gerechten Welt in Erfüllung gegangen wären. Als die Anhänger Jesu nach seinem Tod und seiner Auferweckung das Evangelium nicht mehr nur Juden, sondern auch Nichtjuden („Heiden“) verkündeten, wurde aus dem zunächst innerjüdischen Konflikt ein solcher zwischen Juden und Christen aus den Völkern, zwischen Synagoge und Kirche.

5. Während dieser Kampfzeit entstanden die Schriften des Neuen Testaments. Sie spiegeln an vielen Stellen die Heftigkeit der damaligen Auseinandersetzung wider, in der es für beide Seiten um grundsätzliche Fragen ging. So kamen polemische Äußerungen in das Neue Testament. Manche lassen sich aus der Enttäuschung der Anhänger Jesu erklären, dass so viele Juden den Glauben an Jesus nicht annahmen. Sie waren anfangs wohl auch Reaktionen auf Bedrängnisse und Aggressionen von jüdischer Seite. Von weitreichender und tragischer Bedeutung war die Tendenz der neutestamentlichen Schriftsteller, die Juden für den Tod Jesu verantwortlich zu machen, während die Beteiligung des römischen Statthalters Pontius Pilatus an der Verurteilung Jesu in den späteren Evangelien zurücktritt. Die Schuld der Juden wurde mit der Bibelstelle begründet: „Da rief das ganze Volk: ‘Sein Blut komme über uns und unsere Kinder’“ (Mt 27,25). Dieser Ruf wurde zum Anlass für Abgrenzung und Feindschaft. Von ihm her wurde im Zusammenhang mit den anderen Differenzen ein jahrhundertelanger christlicher Antijudaismus begründet. Im späten zweiten Jahrhundert kam es bei Meliton von Sardes zu der theologisch unhaltbaren Anschuldigung, die Juden seien Gottesmörder. Bis in unsere Gegenwart wurde die Beschuldigung in Theologie und Predigt, in Katechese und Brauchtum wiederholt. Sie hat unermesslichen Schaden angerichtet. Zahlreiche Judenverfolgungen wurden mit ihr gerechtfertigt.

6. Christen machten den Juden auch andere Vorwürfe, die sich den Anschein biblischer Legitimation gaben, ohne wirklich biblisch fundiert zu sein. So nannte man die Juden „verstockt“, weil sie dem Evangelium Jesu nicht glaubten und in dieser Verstockung geblieben sind. Selbst das Alte Testament, das doch zur Bibel der Kirche gehört, wurde nicht mehr vorurteilsfrei gelesen. Viele Christen sahen dort nur einen jüdischen Gott der Vergeltung und des Hasses am Werk, der strikt über die Einhaltung seines strengen Gesetzes wache, während das Neue Testament die Frohbotschaft vom Gott der Vergebung und Liebe verkünde, der den Christen ein Leben in Freiheit vom Gesetz geschenkt habe. Solche und andere Antithesen verdichteten sich bei den Christen zu einer unheilvollen Einstellung gegenüber dem Judentum.

In der Verkündigung setzte sich die Auffassung durch, die Kirche sei das neue und wahre Israel, während das jüdische Volk seine heilsgeschichtliche Bedeutung verloren und an die Kirche abgetreten habe. Gott habe den Bund mit dem Volk Israel aufgekündigt. Das Judentum habe sein großes Erbe verspielt, die Kirche habe dieses Erbe angetreten. Die Juden müssten sich taufen lassen und in die Kirche eintreten. Diese Enterbungstheologie lässt sich an vielen Beispielen durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart belegen.

B. Stationen der Geschichte

7. Die religiös begründete Judenfeindschaft der Epoche, in der sich die Kirche als neue Glaubensgemeinschaft aus dem Judentum löste und die Schriften des Neuen Testaments entstanden, wurde in der Folge stärker. Veranlasst wurde sie durch die Anziehungskraft, welche die jüdische Religion nach wie vor auf Glieder der christlichen Gemeinden ausübte. Sie brachte bis ins hohe Mittelalter immer wieder Proselyten hervor. Diese Missionskonkurrenz verschärfte die Auseinandersetzung. Sie führte seit dem zweiten Jahrhundert zu einer Fülle von antijüdischen Traktaten. Die Traktate erneuerten - teilweise auch in Form von fiktiven Dialogen zwischen Christen und Juden, Kirche und Synagoge - bis zum Ende des Mittelalters die antijüdischen Stereotypen und entwickelten sie weiter. Auch die Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die Römer im Jahre 70 n. Chr., der endgültig erscheinende Verlust der Heimat in Israel und die Zerstreuung der Juden im Exil wurden von den Christen als Strafe Gottes für die Ablehnung Jesu als des Messias gedeutet.

8. Nach dem endgültigen Verbot aller heidnischen und häretischen Kulte durch Kaiser Theodosius I. Ende des 4. Jahrhunderts regten sich in der Kirche Tendenzen, auch das Judentum durch Synagogenzerstörungen und Zwangsbekehrungsaktionen zu unterdrücken. Die christlichen Kaiser hielten zwar an der Duldung des Judentums als „zugelassener Religion“ fest. Sie begrenzten jedoch zugleich den Juden ihre Rechte als Reichsbürger; ihnen wurde z. B. verboten, Ämter zu bekleiden oder neue Synagogen zu bauen. Gleichzeitig entwickelte Augustinus eine theologische Rechtfertigung der Existenz der Juden als einziger nichtchristlicher Glaubensgemeinschaft: Gott habe die Juden deshalb in alle Welt zerstreut, damit sie mit ihren Schriften, die sie selbst nicht verständen, Zeugnis für die Wahrheit des Evangeliums ablegen. Deshalb dürften sie auch nicht getötet werden. Neben diese Mahnung trat bei Augustinus mit dem Hinweis auf die Verheißung des Paulus (Röm 11,25 f.) die Hoffnung, dass alle Juden dereinst gerettet werden.

9. Neben der Richtung der Theologie, welche die Duldung der Juden letztlich immer wieder auf die Erwartung ihrer dereinstigen Rettung im Sinne der Bekehrung zum Evangelium stützte, entwickelte sich auch die Verwerfungstheologie fort; auch sie glaubte, sich auf biblische Überlieferungen berufen zu können. Das Nebeneinander beider Richtungen trat häufig in den gleichen Personen zutage. Es bestimmte die schwankende Haltung kirchlicher Autoritäten über die Jahrhunderte und erklärt häufig widersprüchliche Aussagen und Verhaltensweisen. Die Päpste, die kirchliche Hierarchie und das im Hochmittelalter fixierte kanonische Recht bestätigen die Duldung der Juden bei teilweise restriktiven Verordnungen; auch die mittelalterlichen Kaiser hielten im Prinzip stets an der römischrechtlichen Tradition fest. Demgegenüber haben Könige, Fürsten und Adel wie auch Pfarrklerus, Mönche und das Kirchenvolk sich in wechselnden Situationen besonders der Krise immer wieder an den Juden vergriffen.

10. Dabei wechselten Räume und Epochen, in denen Christen und Juden friedlich miteinander lebten, mit solchen, in denen jüdische Männer und Frauen Verfolgungen, Tötungen und Vertreibungen ausgesetzt waren. In der Welt des Mittelalters suchten die Menschen und die sich bildenden Reiche eine Identität zu finden, die mit einem Argwohn gegenüber größeren Gruppen völkischer und insbesondere religiöser Minderheiten einherging. Der in allen Gesellschaften zu beobachtende Fremdenhass wurde im Verhältnis zur jüdischen Minderheit verschärft durch ökonomische Gründe; sie bestanden in der wirtschaftlichen Ausnahmestellung der Juden zunächst als Fernkaufleute, später als Geldwechsler und Geldgeber, schließlich als Pfandleiher und Trödler. Schwerwiegender wirkten die als fremd empfundenen, durch die rituellen Vorschriften bedingten Lebensformen der Juden und die allein durch ihre Anwesenheit begründete Herausforderung des Christentums als einer Religion mit dem Anspruch absoluter Wahrheit und Geltung.

11. In Krisenzeiten, bei Hungersnöten, Krieg, Seuchen sowie sozialen Spannungen wandte sich das Bedürfnis, Sündenböcke zu suchen, oft genug gegen das schwächste Glied der Gesellschaft, die jüdische Minderheit. In solchen Fällen wurde das Arsenal der Stereotypen antijüdischer Theologie aktiviert. Es wurde von volkstümlichen Predigern in Hetzreden umgesetzt. Sie wiegelten das einfache Volk zu Judenverfolgungen und -tötungen auf. Es gab in der Regel auch Stimmen, die sich für die Juden einsetzten. Vielfach wurde den Verfolgten von christlichen Männern und Frauen auch Hilfe gewährt. Aber die weltlichen und geistlichen Obrigkeiten haben oft nicht vermocht oder sich nicht bemüht, gegen die aufgestachelte Volkswut vorzugehen und den jüdischen Männern, Frauen und Kindern wirksamen Schutz zu bieten. Vielfach beruhigte sich die kirchliche Obrigkeit mit dem Argument, Gott hätte das Verhängnis nicht zugelassen, wenn er es nicht gewollt hätte; offensichtlich seien daher die Juden von Gott verworfen.

Wo die jüdische Minderheit einen in Urkunden verbrieften Schutz erhielt, geschah dies oft aus Nützlichkeitserwägungen; die Juden füllten nämlich durch ihre Tätigkeiten wichtige wirtschaftliche Funktionen aus. Fielen diese Vorteile fort, weil inzwischen Christen etwa als Fernkaufleute oder Geldgeber die Funktionen ausübten, erwies sich der Schutz als brüchig.

12. Eine erste große Verfolgungswelle ereignete sich im westgotischen Spanien des 7. Jahrhunderts. Durch den Übertritt der Arianer zum katholischen Glauben war die religiöse Einheit unter den Christen hergestellt worden, und nun wurde auch von den Juden die Taufe gefordert. Die Kirche hatte durch Papst Gregor I. (590-604) die Zwangsbekehrung verboten. Jedoch beschloss das vierte Nationalkonzil zu Toledo (633), dass auch unter Zwang Getaufte nicht wieder abtrünnig werden dürften. Diese Verordnung wurde später in das kanonische Recht übernommen und unterwarf seit dem 13. Jahrhundert alle rückfälligen Zwangskonvertiten, selbst als Kinder Getaufte, automatisch der Inquisition. Obwohl Theologen wie Thomas von Aquin in solchen Fällen wiederholt die Geltung des Elternrechts auch für Juden einforderten, wurde der entsprechende Kanon noch bis ins 19. Jahrhundert hinein angewandt.

13. Ebenso wie in der Theologie war das negative Judenbild auch in der Volksfrömmigkeit als integrierender Bestandteil verankert. So konnten Judenverfolgungen, ja -massaker als gottgefällige, von Gott gewollte Tat ausgegeben werden. Die ersten großen Judengemetzel erlebte das Abendland während des ersten Kreuzzugs. Volkstümliche und der kirchlichen Aufsicht entgleitende Prediger stachelten die Scharen auf, die dem eigentlichen Kreuzfahrerheer vorauszogen und sich vornehmlich aus Unterschichten rekrutierten; sie appellierten, an „Gottes Feinden“ Christi Blut zu rächen (vgl. Mt 23,35f.). Freilich ging es dabei auch darum, mit dem Vermögen der jüdischen Minderheit den armen Kreuzfahrern die fehlenden Mittel zu beschaffen. Obwohl die Bischöfe in der Regel die Juden zu schützen versuchten und christliche Bürger an mehreren Orten für sie eintraten, wurden im Jahr 1096 tausende Männer und Frauen, Greise und Kinder von den Horden getötet. Viele von ihnen gaben sich in aussichtsloser Situation selbst den Tod. Ihre Habe wurde geplündert, ihre Synagogen zerstört. Im zweiten Kreuzzug konnte der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux, der früher selbst in Predigten eine judenfeindliche Theologie vertreten hatte, durch sein energisches Eintreten im Rheinland weitere Verfolgungen verhindern.

Schon in der Spätantike entstandene, bösartige volkstümliche Legenden dienten seit dem Hochmittelalter in wachsendem Maße dazu, den Judenhass wachzuhalten und zu schüren. Als um die Mitte des 14. Jahrhunderts eine Pestepidemie ganz Europa durchzog, wurden die Juden beschuldigt, in einer allgemeinen Verschwörung durch Vergiftung der Gewässer und Brunnen die Christenheit ausrotten zu wollen. Trotz päpstlichen Einspruchs wurde damals der größte Teil der noch bestehenden Judengemeinden in Deutschland vernichtet.

14. Anschuldigungen, dass im Talmud und in anderer jüdischer Literatur Christus und die Jungfrau Maria beleidigt wurden, führten 1242 in Paris zur Verurteilung und Verbrennung des Talmud. Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals bis zum Ende des Mittelalters. Da die erhoffte Bekehrung der Juden ausblieb, stieg die Neigung, sich ihrer ganz zu entledigen. Schon 1290 wurden die Juden aus England und Apulien, bis 1395 in mehreren Wellen aus Frankreich vertrieben. Besonders traumatisch wirkte sich die Vertreibung der Judenheit aus Spanien aus. Das Dekret Ferdinands II. von Aragon und Isabellas I. von Kastilien vom 31. März 1492 beendete ein kulturell reiches Zusammenleben von Christen und Juden, das dennoch nicht frei von sich steigernden lokalen Verfolgungen war. Die jüdische Gemeinschaft Spaniens war durch Zwangstaufen und örtliche Massaker, aber auch durch freie Übertritte zum Christentum geschwächt. Um den Kontakt der aus dem Judentum stammenden Neuchristen (conversos) mit den verbliebenen jüdischen Gemeinden zu unterbinden, wurden alle Juden und Jüdinnen jeden Alters aus den spanischen Königsreichen verbannt. Den Christen wurde untersagt, die Vertriebenen aufzunehmen. So mussten Zehntausende ihre angestammte spanische Heimat verlassen. Die Schilderungen des Schicksals der jüdischen Exulanten zählen zu den erschütterndsten Texten der hebräischen Literatur des Mittelalters.

15. In der Neuzeit trat keine entscheidende Besserung im Verhältnis zu den Juden ein. Auch die Kirchen der Reformation übernahmen die traditionelle judenfeindliche Einstellung und führten sie weiter fort. Die jüdische Minderheit musste an vielen Orten abgeschieden von den Christen in eigenen Gettos wohnen und eine für sie typische Kleidung tragen. Sie hatten nirgends die gleichen Rechte wie die nichtjüdischen Bürger. In Osteuropa nahm die Zahl der Juden ab dem 16. Jahrhundert zu und war mit Rechten autonomer Selbstverwaltung ausgestattet. Die Juden bildeten eine gefährdete Mittelschicht zwischen dem Adel Polens/Litauens und der abhängigen christlichen Bevölkerung. Als 1648 in der Ukraine ein Aufstand der Kosakenlandwehr unter Bogdan Chmielnicki ausbrach, richtete sich der Volkszorn der orthodoxen Bevölkerung nicht allein gegen den katholisch-polnischen Adel, sondern vor allem gegen die dort ansässigen Juden. Viele jüdische Gemeinden wurden zerstört, die Zahl der getöteten Juden war hoch. Die Erinnerung an diese Geschehnisse hatte tiefgreifende Folgen für die Frömmigkeit der Juden Mittel- und Osteuropas, wo sie noch lange ihre überlieferte Wohnform in eigenen Bezirken oder Städten beibehielten.

Im Westen Europas gab es mit dem Aufkommen der Aufklärung eine Bemühung um die Verbesserung der Rechtsstellung der Juden. Von Staat zu Staat unterschiedlich wurden den Juden zunehmend die bürgerlichen Rechte zugesprochen. Die meisten Juden hatten die abgeschlossene Existenz in Gettos aufgegeben. Sie nahmen verstärkt am allgemeinen Wirtschaftsleben teil. Das setzte sie zugleich unmittelbarer den judenfeindlichen Stimmungen und Aktionen aus, die durch wirtschaftliche Krisen des 19. Jahrhunderts ausgelöst wurden. Das religiöse Vorurteil trat zurück, blieb aber abrufbar. Ökonomische und soziale Gründe der Feindseligkeit gegen die Juden Europas wurden bestimmender.

C. Der Weg in die Schoa

16. Im 19. Jahrhundert kam eine neue Form der Judenfeindschaft mit der bislang unbekannten Behauptung auf, die Juden gehörten einer minderwertigen Rasse an. Die ideologisch aufgeladene Rassenlehre verband sich mit ökonomischen, politischen und kulturellen Anschuldigungen gegen die Juden. Man warf ihnen einen schädlichen und gefährlichen Einfluss vor: sie überfremdeten die jeweilige Nation, lösten die soziale Ordnung auf und beuteten die Bürger aus. Gerade außerhalb der Kirche wurde der neuzeitliche Antisemitismus zum Anlass bösartiger Diskriminierung und Verfolgung. Er war aber so erfolgreich, weil er die judenfeindliche Einstellung der Christen für seine Zwecke einkalkulierte und zu nutzen wusste.

17. Eine furchtbare Mischung rassistischer, sozialer, wirtschaftlicher, politischer und religiöser Judenfeindschaft war die Voraussetzung für die schlimmste Judenverfolgung aller Zeiten. Der rassistische Antisemitismus wurde zum Programm des Nationalsozialismus. Hitler selbst hatte diesen Antisemitismus schon vor seinem politischen Aufstieg offen und aggressiv vertreten. Sein Antisemitismus wurzelte in einem pseudomystischen Nationalismus, bediente sich pseudowissenschaftlicher Argumente aus Anthropologie und Biologie und griff auf populäre Spielarten eines Sozialdarwinismus zurück. Hitler erklärte Juden zu Nichtariern und damit zu Angehörigen einer minderwertigen Rasse. Er sprach bereits 1919 von einem „Antisemitismus der Vernunft“. Der nationalsozialistische Antisemitismus operierte mit kalter, gefühlloser Scheinintellektualität, um seine Opfer fabrikmäßig liquidieren zu können.

Als Hitler 1933 Reichskanzler wurde, begann für die Juden in Deutschland eine Zeit des Schreckens. Viele von ihnen verloren ihre Stellung; jüdische Geschäfte wurden boykottiert; Bücher jüdischer Autoren öffentlich verbrannt; Ehen zwischen „Ariern“ und Juden wurden verboten. Allmählich verloren die Juden alle Rechte. Seit 1938 mussten sie die Zwangsnamen „Israel“ oder „Sara“ tragen. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden im ganzen Deutschen Reich die Synagogen angezündet und verwüstet. Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert. Rund dreißigtausend Juden wurden in Konzentrationslager gesperrt, etwa hundert ermordet.

Auf der Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 in Berlin erörterten führende Nationalsozialisten und Ministeralbeamte die Durchführung und Koordination der „Endlösung der Judenfrage“, d. h. der systematischen und völligen Vernichtung des europäischen Judentums. Die Konferenz dachte planerisch die unvorstellbare Katastrophe vor, die wir mit den Juden „Schoa“ nennen. Alle wichtigen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen dieser Verfolgung und Vernichtung gingen von Deutschland aus. In ihr verloren etwa sechs Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder ihr Leben. Jene, die überleben konnten, wurden in ihrer Menschenwürde unheilbar verwundet.

18. Die nationalsozialistische Mordwut traf auch andere Gruppen und Völker. In Deutschland selbst wurden Zehntausende Behinderte und Geisteskranke Opfer geheimer, staatlich verordneter Tötungsaktionen. Nach Beginn der militärischen Auseinandersetzungen des Zweiten Weltkrieges zielten Verfolgungs- und Vernichtungsmaßnahmen auf die Intelligenz des polnischen Volkes und auf Repräsentanten der polnischen Kirche. Besondere Leidensgenossen des jüdischen Volkes waren unter den weiteren Opfern nationalsozialistischer Gewaltherrschaft die Sinti und Roma. Diese Minderheit, die weithin der katholischen Kirche angehört und eine lange Verfolgungsgeschichte aufweist, hat mehrere Hunderttausend Opfer des Völkermords zu beklagen.

19. Die Nationalsozialisten haben vielen Gruppen und Völkern in Europa unermessliches Leid angetan. Die Tatsache, dass sie mit einer unvorstellbaren Grausamkeit die systematische Vernichtung der Judenheit Europas betrieben, drängt immer neu die Frage auf, warum die Schoa ein solches Ausmaß des Schreckens und Grauens erreichte.

20. In den Jahren der Schoa ist die Kirche nicht so für die Juden eingetreten, wie es der christliche Glaube gefordert hätte. Dabei konnte keinem Christen unklar sein, dass der Antisemitismus sittlich nicht erlaubt und christlich nicht vertretbar ist. Es haben sich die Päpste Pius XI. und Pius XII. und Bischöfe öffentlich vom totalitären Nationalsozialismus distanziert und erklärt, der Rassismus sei mit den Grundlagen des christlichen Glaubens unvereinbar.2 Aber zum Novemberpogrom 1938 gab es keinen offiziellen Protest seitens der deutschen Bischöfe. Auch während der Schoa erfolgte keine unmissverständliche, öffentliche und deutliche Verurteilung dieses Massenmordes am jüdischen Volk.

Pius XII. wie auch einzelne Christen haben sich für die Juden eingesetzt, so dass eine größere Zahl gerettet werden konnte. Klöster versteckten jüdische Männer, Frauen und Kinder oft unter großer Gefahr für sich selber. Geistliche stellten Juden fiktive Taufscheine aus, mit denen sie sich retten konnten. Aber insgesamt waren die Hilfen der Christen und die Proteste des kirchlichen Amtes zu schwach. Dieses Versäumnis hat viele Gründe. Eine Rolle spielte damals die nicht unberechtigte Sorge, bei einem öffentlichen Eintreten für die Juden werde die Grausamkeit der Nationalsozialisten gegen das jüdische Volk noch schlimmer. Auch die bei lautem Protest sicher zu erwartenden Repressalien gegen die Kirche und gegen einzelne Christen glaubte man nicht ohne weiteres verantworten zu können. In dieser Situation wirkte sich nicht zuletzt die lange Vorgeschichte christlicher Judenfeindschaft aus. Die vielen Vorurteile gegenüber den Juden, die in Predigt und Unterricht verbreitet worden waren, ließen es kaum zu, dass ein Solidaritätsgefühl mit der verfolgten jüdischen Minderheit aufkam. So wurden jüdische Männer, Frauen und Kinder vernichtet, ohne dass die Kirche als ganze einen erfolgreichen und wirkungsvollen Widerstand dagegen geleistet hätte.

II. DIE FRAGE NACH MITVERANTWORTUNG UND SCHULD DER KIRCHE

21. Die Vergegenwärtigung der Geschichte zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk macht deutlich, „wie negativ die Bilanz der Beziehungen zwischen Juden und Christen während zwei Jahrtausenden gewesen ist.“3 Es genügt nicht, lediglich die Tatsache der geschichtlichen Belastung festzustellen. Darüber hinaus sollen die Christen und die Kirche „ihrerseits ihren Anteil von Verantwortlichkeit dafür anerkennen“.4 Das ist noch nicht mit der erforderlichen Ausdrücklichkeit geschehen, weil die Verantwortlichkeit erst in einem zögerlichen und konflikthaften Prozess der Besinnung bewusster wurde. Die Kirche hat im Wissen, dass sie „der Reinigung bedürftig“ ist und deshalb „den Weg der Buße und Erneuerung“ gehen muss,5 erste Schritte der Anerkennung ihrer Verantwortlichkeit getan.

A. Die Verurteilung des Antisemitismus durch die Kirche

22. Der historische Kontext der Schoa hat das Zweite Vatikanische Konzil zu seiner Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra aetate“, Artikel 4, bestimmt. Die Konzilserklärung veränderte die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und dem jüdischen Volk entscheidend. Sie stellte zur Feindseligkeit, Diskriminierung und Gewalt gegen das jüdische Volk und das Judentum fest: „Im Bewusstsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit von irgend jemanden gegen die Juden gerichtet haben.“6 Die Zurückweisung des Antisemitismus durch das Konzil ist in vielen nachfolgenden Äußerungen des Apostolischen Stuhls, zahlreicher Bischöfe und Bischofskonferenzen bestätigt und präzisiert worden.

23. Die Vatikanische Kommission für die religiösen Beziehungen mit den Juden hat in ihren Richtlinien und Hinweisen die Wege gewiesen, wie der Zurückweisung des Antisemitismus durch das Konzil in der Praxis Rechnung zu tragen ist. Dabei hat sie jede Form des Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des Christentums widerstreitend verurteilt.7 Der Antisemitismus ist „stets daran, unter verschiedenen Gesichtern wieder zu erscheinen“.8 Er ist wie jede andere Form des Rassismus „eine Sünde gegen Gott und die Menschheit“.9 Im Grundlagenvertrag mit dem Staat Israel vom 30. Dezember 1993 wiederholt der Apostolische Stuhl „seine Verurteilung von Hass, Verfolgung und jeder anderen Erscheinungsform des Antisemitismus, gerichtet gegen das jüdische Volk oder einzelne Juden überall, zu jeder Zeit und durch jede Person“.10 Die Kirche setzt also ein klares und unmissverständliches Votum der Verurteilung den alten und neuen Formen der Feindseligkeit und Gewalt gegen das jüdische Volk und das Judentum entgegen.

B. Die Herausforderung und Frage an die Kirche

24. Es ist zu prüfen, ob sich die klare und vielfach wiederholte Verurteilung des Antisemitismus gegen die Geschichte der Kirche und ihrer Gläubigen selbst wendet. Genauer: Lastet auf der Kirche eine Mitverantwortung an der Schoa aufgrund der zeitlich vorauslaufenden Mitwirkung an einem Klima, das dem jüdischen Volk und dem Judentum gegenüber gleichgültig bis feindlich gesonnen war und einen Boden für die nationalsozialistische Judenverfolgung und -vernichtung in unserem Jahr-hundert bereitete? Dies ist eine notwendige und zugleich schmerzliche Frage. Ihre Erörterung erfordert ein waches Bewusstsein für geschichtliche Schuld und einen ausgeprägten Sinn für Wahrhaftigkeit.

25. Die Kirche nimmt wahr, „dass gewisse Traditionen des katholischen Denkens, der katholischen Lehre, der Verkündigung und Glaubenspraxis in der Zeit der Kirchenväter und im Mittelalter zum Entstehen des Antisemitismus in der westlichen Gesellschaft beigetragen haben.“11 Papst Johannes Paul II. sprach davon, dass das Unrecht, welches in der Geschichte zwischen Christen und Juden jahrhundertelang den Juden in Europa zugefügt wurde, „recht oft in die Denk- und Sittenstrukturen hineingeschrieben wurde“.12 Diese Aussage ist von großer Tragweite. Das in die „Denkstrukturen“ hineingeschriebene Unrecht hat man eine „Lehre der Verachtung“13 gegenüber dem jüdischen Volk und dem Judentum genannt. In die theologische, liturgische, katechetische und künstlerische Tradition der Kirche haben im Lauf einer langen Geschichte antijüdische Motive, vorurteilshafte Denkweisen und auch ungerechtfertigte Anklagen Eingang gefunden. Sie bildeten eine Konstante der Theologie und wurden zu einem christlichen Gemeingut. Die unfreundliche Denk- und Redeweise schlug sich im sittlichen Verhalten nieder und schrieb sich schließlich in die „Sittenstrukturen“ ein.

26. Man muss wohl anerkennen: In der vielhundertjährigen Praxis theologischen Lehrens und kirchlichen Lebens findet sich ein in die Denk- und Sittenstrukturen hineingeschriebenes Unrecht. Es war ein Element auf dem Weg zur Schoa. Allerdings wäre es „ungerecht und unwahr, dieses unsägliche Verbrechen dem Christentum anzulasten.“14 Die Christenheit hat nicht die Schoa verursacht und nicht ins Werk gesetzt. Alle wichtigen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen, die zur Vernichtung jüdischer Männer, Frauen und Kinder Europas führten, gingen von den Nationalsozialisten in Deutschland aus. Obwohl jene Menschen, die dies ersannen, planten, organisierten und vollführten, meist getauft waren und eine christliche Erziehung erfahren hatten, haben sie mit ihrem Denken und Handeln in fundamentaler und erschreckender Weise das Evangelium verleugnet und mit Füßen getreten. Dennoch wirft ihr Tun die schwerwiegende Frage auf, warum die Kirche und ihre Gläubigen es nicht vermochten, die Täter von ihren verbrecherischen Wegen abzuhalten.

C. Das Bekenntnis

27. Die Gewissenserforschung besonders der deutschen Kirche bezeugt eine wachsende Einsicht in die bedrängenden Zusammenhänge der damaligen Zeit. Zum 50. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1995 stellten die deutschen Bischöfe fest: Eine antijüdische Einstellung auch im kirchlichen Bereich „hat mit dazu geführt, dass Christen in den Jahren des Dritten Reiches nicht den gebotenen Widerstand gegen den rassistischen Antisemitismus geleistet haben. Es hat unter Katholiken vielfach Versagen und Schuld gegeben. Nicht wenige haben sich von der Ideologie des Nationalsozialismus einnehmen lassen und sind bei den Verbrechen gegen jüdisches Eigentum und Leben gleichgültig geblieben. Andere haben dem Verbrechen Vorschub geleistet oder sind sogar selber Verbrecher geworden. Unbekannt ist die Zahl derer, die beim Verschwinden ihrer jüdischen Nachbarn entsetzt waren und doch nicht die Kraft zum sichtbaren Protest fanden. Jene, die bis zum Einsatz ihres Lebens halfen, blieben oft allein. Es bedrückt uns heute schwer, dass es nur zu Einzelinitiativen für verfolgte Juden gekommen ist und dass es selbst bei den Pogromen vom November 1938 keinen öffentlichen und ausdrücklichen Protest gegeben hat, als Hunderte von Synagogen verbrannt und verwüstet, Friedhöfe geschändet, tausende jüdischer Geschäfte demoliert, ungezählte Wohnungen jüdischer Familien beschädigt und geplündert, Menschen verhöhnt, misshandelt und sogar ermordet wurden. Der Rückblick auf die Geschehnisse vom November 1938 und die zwölfjährige Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten vergegenwärtigt die schwere Last der Geschichte. Er erinnert daran, ‘dass die Kirche, die wir als heilig bekennen und als Geheimnis verehren, auch eine sündige und der Umkehr bedürftige Kirche ist’ (Wort der deutschsprachigen Bischöfe aus Anlass des 50. Jahrestages der Novemberpogrome 1938).

Versagen und Schuld der damaligen Zeit haben auch eine kirchliche Dimension. Daran erinnern wir mit dem Zeugnis der gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland: ‘Wir sind das Land, dessen jüngste politische Geschichte von dem Versuch verfinstert ist, das jüdische Volk systematisch auszurotten. Und wir waren in dieser Zeit des Nationalsozialismus, trotz beispielhaften Verhaltens einzelner Personen und Gruppen, aufs Ganze gesehen doch eine kirchliche Gemeinschaft, die zu sehr mit dem Rücken zum Schicksal dieses verfolgten jüdischen Volkes weiterlebte, deren Blick sich zu stark von der Bedrohung ihrer eigenen Institutionen fixieren ließ und die zu den an Juden und Judentum verübten Verbrechen geschwiegen hat... Die praktische Redlichkeit unseres Erneuerungswillens hängt auch an dem Eingeständnis dieser Schuld und an der Bereitschaft, aus dieser Schuldgeschichte unseres Landes und auch unserer Kirche schmerzlich zu lernen’ (Beschluss ‘Unsere Hoffnung’, 22. November 1975). Wir bitten das jüdische Volk, dieses Wort der Umkehr und des Erneuerungswillens zu hören.“15

28. Das Wort der deutschen Bischöfe bekennt Versagen und Schuld. Die Bischöfe sprechen in dem Bewusstsein, dass der Versuch der systematischen Vernichtung der Juden Europas von ihrem Land ausging. Die Perspektive der Gewissenserforschung der Kirche als ganzer wie auch der Kirche in den von Nazi-Deutschland besetzten und mit ihm im Krieg stehenden Ländern ist eine andere. Dort kann man z. B. auf öffentlichen bischöflichen Protest nach den Novemberpogromen 1938 hinweisen. Oder es ist wie in Polen an die Zerschlagung der Hierarchie nach der Okkupation des Landes zu erinnern. Auch kennt die Vergegenwärtigung der Hilfe von christlichen Männern und Frauen oder der Repräsentanten der Ortskirchen bzw. des Apostolischen Stuhls für die jüdischen Opfer viele Namen und vorbildliche Aktionen. Und doch ist vielfältiger Anlass der Gewissenserforschung für die Kirche als ganze gegeben. Dies gilt bereits vom Wort des Apostels Paulus her: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder (des einen Leibes) mit“ (1 Kor 12,26). Zugleich hat es Gültigkeit im Blick auf die Komplexität der Zusammenhänge von Mitverantwortung und Schuld auf dem Weg zur Schoa. Über die Jahrhunderte hin gab es unter Christen und in der Kirche eine Feindseligkeit gegenüber Juden und Judentum. Sie ist ein Element in der Geschichte der ganzen Kirche.

29. Für eine jahrhundertelange Verkündigung und Theologie war die Fortdauer des Judentums als Lebens- und Glaubensweg im Heilsplan Gottes nicht vorgesehen. Sie war ihr ein Rätsel. Das Dasein der Juden als Juden schien ihr anormal. Was im christlichen Denken überholt schien, fand in Situationen der Gefahr nicht die gebührende Aufmerksamkeit. Die christliche Wahrnehmung der tatsächlichen Situation der jüdischen Minderheit war beeinträchtigt, als die Gefahr lebensbedrohlich wurde. Eine lange Theologie und Verkündigung hatte die Gewissen eingeschläfert und die Fähigkeit zu Solidarität und Widerstand geschwächt, als in Deutschland und Europa der nationalsozialistische Antisemitismus mit seiner Brutalität und kriminellen Energie auftauchte. Viele christliche Männer und Frauen waren mit ihren Bischöfen in ihrer Auffassung, der Bund Gottes mit Israel sei gekündigt und die zeitgenössische Existenz des jüdischen Volkes sei ein Anachronismus, so befangen, dass sie das Böse der antisemitischen Verfolgung des Nationalsozialismus nicht mit der notwendigen Klarsicht erkannten und sich ihm auch nicht in den Weg stellten. So kam es zur vielfältigen Schuld unter Christen und in der Kirche: zur Schuld, das Gute nicht getan zu haben, wie zur Schuld der bösen Tat, zur Schuld des Schweigens und des Verdrängens; zur Schuld der Leugnung und der unterlassenen Hilfeleistung wie zur Schuld des Fehlens dort, wo Protest, Hilfe und Schutz notwendig und möglich war.

30. Die Kirche als ganze anerkennt eine Verbindung zwischen der langen „Lehre der Verachtung“ gegenüber dem Judentum und dem brutalen Antisemitismus in der westlichen Moderne. Die Geschichte von Versagen und Schuld gegenüber dem jüdischen Volk gehört zu ihrer eigenen Geschichte. Das bereut die Kirche. Sie empfindet Scham und anerkennt die Notwendigkeit der Umkehr. Im Blick auf das Versagen der Kirche und der Gläubigen gegenüber dem jüdischen Volk bekennen wir mit dem Zeugnis des Heiligen Johannes: „Wenn wir sagen, wir hätten nicht gesündigt, so machen wir Gott zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns“ (1 Joh 1,10). So bekennt die Kirche, dass sie Mitverantwortung für die Schoa trägt und gegenüber dem jüdischen Volk und dem Judentum Schuld auf sich geladen hat.16

III. AUFGABEN DER KIRCHE AUS DER ERINNERUNG AN DIE SCHOA

31. Die Erinnerung an die Geschichte zwischen der Kirche und dem jüdischen Volk hat vor Augen gestellt, dass sich in der Geschichte „immer auch Untreue gegen den Geist Gottes“ fand.17 Die Gewissenserforschung und Besinnung im Angesicht der Schoa wird durch die Mahnung des Zweiten Vatikanischen Konzils bekräftigt: „was also etwa je nach den Umständen und Zeitverhältnissen im sittlichen Leben, in der Kirchenzucht oder auch in der Art der Lehrverkündigung - die von dem Glaubensschatz selbst genau unterschieden werden muss - nicht genau genug bewahrt worden ist, muss deshalb zu gegebener Zeit sachgerecht und pflichtgemäß erneuert werden.“18

32. Im Dienste der vom Konzil empfohlenen Erneuerung stehen die folgenden Überlegungen. Sie wollen zur Ernstnahme der mit Israel gemeinsamen Bibel anhalten und hermeneutische Hinweise zu den neutestamentlichen Aussagen vorlegen, welche vielfältig Anlass zur christlich-jüdischen Kontroverse gegeben haben. Sie bedenken die Erfahrung der Schoa als Mahnung zur besonderen Umsicht und Verantwortung bei der Rede von Gott als Retter und Erlöser. Ekklesiologische Erwägungen fragen nach der Tragweite des fortdauernden Gegenübers von Kirche und Israel. Schließlich wird den Anstößen für eine Ethik des Lebens nachgegangen, welche auf die Stimme der millionenfachen Opfer der Schoa aufmerksam sein will.

A. Ernstnehmen der biblischen Aussagen und historischen Fakten

33. Eine Erneuerung des Verhältnisses von Juden und Christen im Schatten der Schoa setzt voraus, dass die Kirche sensibler mit ihren Heiligen Schriften umgeht. Die Kirche muss sich ernsthaft auf die Erkenntnis einlassen, dass das gesamte Urchristentum auf die Heiligen Schriften des Judentums angewiesen war, um die Bedeutsamkeit Jesu von Nazaret verstehen und aussagen zu können. Für das Urchristentum gab es das „Alte“ Testament im Sinne einer zweitrangigen, vergangenen oder überholten Quelle der Offenbarung nicht. Vielmehr wurden die Heiligen Schriften der Juden im Kontext ihrer jüdischen Lebenswelt in Anspruch genommen. Nirgendwo wird im Neuen Testament gesagt, dass die Bibel der Juden durch diese urchristliche Inanspruchnahme aufgehört hätte, das heilige Buch der Juden zu sein. Einen Bruch der beiden Testamente gibt es urchristlich nicht. Die Erkenntnis der Bedeutsamkeit Jesu war außerhalb der Grundauffassungen der jüdischen Bibel für das Urchristentum nicht möglich. Die Überzeugungskraft des urchristlichen Schriftbelegs für die Besonderheit Jesu hing an der Bibel Israels. Die neutestamentliche Deutung des Lebens und Geschicks Jesu geschah im Licht der Heiligen Schriften des Judentums.

34. In der Beanspruchung der jüdischen Bibel durch die älteste Christenheit liegt die Voraussetzung dafür, dass der Gott Jesu und der Gott Israels, der Gott der Christen und der Gott der Juden ein und derselbe Gott ist. Es gibt nicht die unheilvollen Differenzen und Entgegensetzungen, die in der kirchlichen Verkündigung später nicht selten behauptet werden. Dem Juden Jesus von Nazaret ging es um nichts anderes als um die Wahrheit des Gottesglaubens Israels. Zu ihrer Erkenntnis rief er seine Zeitgenossen auf. Weder das, was Jesus wollte, noch das, was schließlich das Urchristentum weltweit verkündete, zielte auf ein neues religiöses Prinzip neben dem oder gegen das Judentum ab. Das verhängnisvolle Auseinanderleben von Christentum und Judentum war für Jesus auch nicht durch den Streit und die Scheidung infolge des Bekenntnisses zu ihm (vgl. Mt 10,16-39; 24,9-14 u.a.) vorprogrammiert. Denn diese Konflikte spielten sich im innerjüdischen Kontext ab. Auch für die Urchristenheit lag der Christusglaube in den Auslegungsmöglichkeiten der jüdischen Bibel. Die jüdische Bibel wird dabei nicht zu einem Dokument der bloßen Vorgeschichte des Christentums herabgestuft.

35. Das Urchristentum hat seinen Glauben an die Auferweckung Jesu aus den Toten vor allem dadurch weiter entfaltet, dass es Titulaturen, welche die jüdische Überlieferung für den Richter oder Heilbringer am Ende der Tage bereit hielt, konsequent auf Jesus übertrug. Mit dessen Auferweckung aus den Toten musste nach jüdischer Vorstellung jenes Ende der Tage angebrochen sein. Es waren dies vor allem die Titel „Menschensohn“, „Herr“, „Christus-Messias“, „Sohn Davids“ und „Sohn Gottes“. Jeder dieser Titel hatte seinen je besonderen Ort in der jüdischen Überlieferung. Ohne diesen jüdischen Kontext konnte keiner dieser Titel ausgesagt oder verstanden werden. Damit aber hängt die Entfaltung der ältesten Christologie des Urchristentums am Judentum. Auch die christologischen Zugewinne der späteren Jahrhunderte finden ihre Berechtigung dadurch, dass sie jenen ersten, ganz der jüdischen Überlieferung verdankten christologischen Aussagen nicht widersprechen. Dieser jüdische Auftakt gehört zum Fundament jeder Christologie.

36. Die Kirche muss sich neu der Herausforderung stellen, dass die Schriften des Neuen Testaments Äußerungen (vgl. 1 Thess 2,14-16; Mt 27,24-25 oder Joh 8, 43-44) enthalten, die Judenfeindlichkeit gerechtfertigt haben und dies auch scheinbar können.

Beim Umgang mit diesen Stellen genügt es nicht, aus den Schriften des Paulus (vgl. Röm 11,25-27), des Matthäus (vgl. Mt 23,2-3) oder des Johannes (vgl. Joh 4,22) andere Stellen aufzuführen, die ein positiveres Bild der Juden zeigen. Solche positiven Belege tilgen jene anderen negativen Aussagen nicht aus den normativen Urkunden der Kirche. Sie lassen sich auch nicht mit dem Hinweis abtun, das Urchristentum sei weitgehend ein Kind seiner Zeit und habe nur die üblichen Ressentiments der heidnischen Umwelt gegen die Juden geteilt. Wenig hilfreich ist auch der Hinweis, dass die judenfeindlichen Aussagen des Neuen Testaments nicht über die Feindseligkeiten hinausgehen, welche die jüdischen Gruppierungen zur Zeit des Urchristentums und sogar Jesus von Nazaret selbst (vgl. Lk 7,31-35 oder: Lk 11,29-32) gegen ihre jüdischen Zeitgenossen formulierten. Denn das Christentum hat diese judenfeindlichen Aussagen des Neuen Testaments durch die Geschichte bis in die Gegenwart weitergegeben und ihnen oft in anderen historischen Kontexten eine gefährliche Brisanz verliehen.

Stattdessen verlangt der entscheidende Grund für alle neutestamentliche Judenfeindlichkeit eine neue Anerkennung. Es ist die Tatsache, dass es schon den ersten Anhängern Jesu nicht gelang, die übrigen Juden von der Auferweckung Jesu und seiner Messianität zu überzeugen. Am Ausgang der urchristlichen Zeit werden mit der allmählichen Trennung der Kirche von Israel im Neuen Testament auch die Enttäuschungen über das Festhalten der Juden an ihren Überlieferungen sichtbar.19 Sie finden in Äußerungen der Polemik und der Aggressivität ihren Niederschlag, die keinesfalls für alle Zeiten gültig sind. Der durchgängige Fehlschlag der Judenmission durch die „Kirche aus den Völkern“ bis in die Gegenwart bleibt eine Grunderfahrung der Kirche, die nach einer neuen theologischen Deutung verlangt.

37. In der christlichen Theologie haben sich abwertende Redeweisen vom jüdischen „Gesetz“ eingebürgert. Sie treffen nicht das, was das Frühjudentum unter „Geboten und Verboten der Tora“ verstand. Innerhalb der christlichen Theologie haftet der Ausdruck „Gesetz“ oft an Fragestellungen, die im Zeitalter der Reformation aufkamen und die man in das Verhältnis Jesu zu seiner jüdischen Umgebung zurückzuprojizieren versuchte. Dabei handelt es sich vor allem um die Frage nach der Rechtfertigung aus „Glauben“ oder „Werken“. Sie ordnet das „Werk“ einer krämerischen und unheilträchtigen Frömmigkeit zu, die man als typisch jüdisch darstellt. In Wirklichkeit bildet sich jedoch bereits im Frühjudentum jene umfassende Vorstellung von der „Tora“ heraus, die dann später in der talmudischen Periode ihre volle Entfaltung erfährt. Jenseits des frühjüdischen Pluralismus ist die Tora keineswegs eine Sammlung von kasuistisch verfremdeten Vorschriften und Vorboten, sondern eine Anleitung zu einem gelingenden Leben, die ihre Entsprechung in der Schöpfungsordnung selbst hat (vgl. Sir 2,23-34). Für die ältesten Stufen der Jesusüberlieferung ist eine grundsätzliche Infragestellung der Tora und der ihr zugehörigen Halacha nicht nachweisbar. Vielmehr bestimmte der Gehorsam gegenüber den Geboten und Verboten der Tora zunächst auch das palästinische Judenchristentum. In den Jesusüberlieferungen der synoptischen Evangelien fehlt eine eigentliche Diskussion über die Heilsrelevanz des Gesetzes. Das Matthäusevangelium behauptet ebenso wie die ihm vorausliegende Logienquelle ausdrücklich (Mt 5,17, vgl. Lk 16,17), dass Tora und Halacha nach wie vor in Geltung seien. Erst im Rahmen der allmählich aufbrechenden Heidenmission wurden unter Berufung auf die Autorität Jesu Teile des Gesetzes außer Kraft gesetzt, jedoch ohne die Heilsbedeutung der „Gebote“ in Frage zu stellen (vgl. noch Mk 10,17-19).

38. Von bleibender Dringlichkeit ist die Frage, wie es zum Tod Jesu am Kreuz kam und wer dafür verantwortlich zu machen ist. Jahrhundertelang haben die Christen den Juden pauschal die Schuld am Tod Jesu zugeschrieben. Die Juden galten deshalb als „Gottesmörder“20 und wurden aufgrund dieser Beschuldigung in der Geschichte immer wieder furchtbar verfolgt. Diese Anschuldigung war aus theologischen und ethischen Gründen nie zu rechtfertigen. Sie ist bei genauer Betrachtung der neutestamentlichen Schriften auch historisch nicht haltbar. Der Zusammenhang, den der Evangelist Markus (3,6) zwischen dem frühen Wirken Jesu in Galiläa und seinem Tod in Jerusalem herstellt, beruht nicht auf einer historischen Beobachtung. Er wurde von dem Evangelisten aus der Perspektive der späteren urchristlichen Auseinandersetzung mit den Pharisäern in die Anfänge der Verkündigung Jesu eingetragen. Bezeichnenderweise erwähnt derselbe Evangelist die Pharisäer in der Passionserzählung nicht.21

Der Konflikt, in dem Jesus umkam, ist keineswegs der Höhepunkt eines langen Streites Jesu mit dem Judentum seiner Zeit. Er ist auch nicht die Folge einer Auseinandersetzung um das jüdische Gesetz. Wahrscheinlich erfolgte die Verurteilung Jesu wegen einer prophetischen Zeichenhandlung gegen den Tempel von Jerusalem, die im Text von der Tempelreinigung (Mk 11,15-17) noch erkennbar ist. Der Tempel war damals Ort des politischen Zusammenspiels zwischen der römischen Besatzungsmacht und der die jüdische Führung stellenden sadduzäischen Priesterschaft. Wer den Tempel angriff und durch eine Prophetie relativierte (vgl. Mk 14,58), erhob sich gegen die tempelstaatliche Ordnung in der Provinz Judäa, die von den Römern eingesetzt und legitimiert worden war. Das Wort Jesu gegen den Tempel (Mk 14,58) erfüllte nach römischem Recht den Tatbestand des Aufstandes („perduellio“). Nach jüdischem Recht entsprach dieselbe Prophetie dem Vergehen einer mit dem Tod bedrohten Gotteslästerung (vgl. Jer 26,1-19). Nach unserem heutigen Wissen erfolgte die Verurteilung Jesu zum Tod am Kreuz in einem ordentlichen Gerichtsverfahren und nach Maßgabe einer juristisch exakt handelnden römischen (und jüdischen) Kapitalgerichtsbarkeit. Dieser historische Befund lässt weder damals noch heute eine Schuldzuweisung an die Juden zu.

39. Unbestritten gibt es in der christlichen Theologie und Eschatologie, in Ethik und Liturgie einen Grundbestand, der aus der jüdischen Tradition kommt. Indessen wird man daran zweifeln müssen, ob allein durch das Forschen nach dem Theologisch-Gemeinsamen das Verhältnis zwischen Juden und Christen zu erneuern ist. Denn diese Gemeinsamkeit hat es immer schon gegeben. Sie hat die Juden fast nie vor der Verachtung durch die Christen bewahren können. Ein künftiges Verhältnis zwischen Christen und Juden wird nicht zuletzt davon abhängen, ob die Christen die theologischen Traditionen des Judentums in ihrer Eigenständigkeit und in ihrer je besonderen theologischen Würde anerkennen, ob sie also in der Spur der Bibel (vgl. Röm 11,17-24) den Anspruch auf Absolutheit des Christentums gegenüber dem Judentum aufgeben.

B. Die Schoa und die Rede von Gott dem Erlöser

40. Das Nachdenken über die Schoa wirft Fragen auf, die selbst vor dem Glauben an Gott und der Rede von ihm nicht halt machen. Die Schoa hat gerade das Volk in die Vernichtung gerissen, dem die Erwählung und Verheißung Gottes gelten: „Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen“ (Gen 12,2f) und: „Du, mein Knecht Israel, du Jakob, den ich erwählte, Nachkomme meines Freundes Abraham: Ich habe dich von den Enden der Erde geholt; aus ihrem äußersten Winkel habe ich dich gerufen. Ich habe zu dir gesagt: Du bist mein Knecht, ich habe dich erwählt und dich nicht verschmäht. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott“ (Jes 41,8-10).

41. Das Leiden der Unschuldigen, Bewährten und besonders der Kinder hat schon immer in die verzweifelte Frage um das Warum und Wozu getrieben. Das Böse, das in der Schoa getan wurde, und das Leiden, das dort erlitten wurde, wirken verschärfend wie ein Beweis für die Abwesenheit, das Schweigen oder die Nichtexistenz Gottes. Der Glaube kann von diesem Bösen und Leiden nicht absehen. Die Theologie als Rede von Gott kann von der Schoa nicht unberührt bleiben.

42. Das jüdische Volk hat angesichts seiner Leiden oft mit seinem Gott gerungen und in Zeiten des Niedergangs gefragt: „Auf wen anders sollten wir uns verlassen als auf unseren Vater im Himmel?“ (Sota IX, 14f). So haben auch jüdische Opfer in den Todeslagern der Schoa gefragt, an ihrem Gott festgehalten und sind mit dem Bekenntnis des „Höre, Israel“ oder mit der Melodie „Ich glaube“ in den Tod gegangen. Anderen wurde ihr Glauben vernichtet. Bei jenen, die ihren Glauben verloren, konnten die Verzweiflung und der Zorn zur Verfluchtung Gottes führen. Es geschah aber auch, dass Opfer, die der religiösen Tradition entfremdet waren, in den Lagern der Schoa zum Glauben an Gott fanden. Viele der Opfer - betäubt und geschwächt durch die schrecklichen Erfahrungen - waren zu einer ausdrücklichen Reaktion eines Glaubens oder einer Verneinung nicht in der Lage.

Spätere Versuche, die Schoa in die jahrtausendalte Leidensgeschichte des jüdischen Volkes einzurücken, blieben nicht ohne Widerspruch. Einige versuchen, der Erfahrung der Schoa mit den biblischen und nachbiblischen Zeugnissen des Gottesglaubens zu antworten und vom „verhüllten Antlitz“ Gottes (vgl. Jes. 54,8) zu sprechen. Andere betonen die Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit der Schoa, wobei die Rede von einem „neuen Sinai“ als Offenbarung des Todes Gottes begegnen kann. Der Vorwurf wird laut, Gott sei seine Schöpfung missraten oder er könne oder wolle in den einmal gesetzten Lauf der Geschichte nicht mehr eingreifen. Oder Gott wird mit anderer bitterer Klage zur Rechenschaft gezogen. Dem wird mit dem Einwurf widersprochen, rechenschaftsbedürftig sei allein der Mensch, der das Böse getan habe. Die Schoa mache vielmehr die Notwendigkeit deutlich, an Gott zu glauben und die Hoffnung auf Rettung und Erlösung nicht aufzugeben. Man hat von einer „gebietenden Stimme von Auschwitz“ gesprochen, die das jüdische Volk besonders zur Treue seinem Gott gegenüber mahnt, um so einen postumen Sieg des Nationalsozialismus zu verhindern. Demgegenüber wird eingewandt, nach der jüdischen Tradition müsse der Glaube einbezogen werden, dass Gott sich der Ermordeten nach ihrem Tod erbarmt und ihnen ihre Treue mit dem unverlierbaren Leben in der Auferstehung vergilt. Schließlich findet sich ein Klagegebet, das sich als Dokument der letzten Stunden des Widerstandes des Warschauer Gettos gibt; der Beter dieses Textes will von Gott nicht lassen, was ihm auch immer an Bösem, Leidvollem und Widersinnigem widerfahren ist. Er bezeugt eine Liebe zu Gott, die trotz aller Entmutigung dieser Liebe an ihm festhält: „Du hast alles getan, damit ich nicht an Dich glaube. Solltest Du meinen, es wird Dir gelingen, mich von meinem Weg abzubringen, so sage ich Dir, mein Gott und Gott meiner Väter: Es wird Dir nicht gelingen.“ Menschen, die an der Abwesenheit der Liebe litten, haben die Gerechtigkeit und Liebe Gottes beschworen - im Gebet.

43. Von Auschwitz her kann neu deutlich werden: Das Gebet ist die Suche des Antlitzes Gottes (vgl. Ps 27,8.10; 42; 63,2-4), das in der Welt verborgen ist. Gerade die Entzogenheit Gottes lässt nach ihm fragen, klagen und suchen. So hat Jesus gerade in seinem Leiden und Sterben mit den Worten des Psalms seinen Vater gesucht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34) und sich darin als „Sohn Gottes“ (Mk 15,39) erwiesen.

44. Das betende Klagen gegenüber Gott weist dem Reden von Gott, das des Leidens der Menschen und der Schoa eingedenk ist, einen Weg. Gott lässt sich nicht auf glatte Formeln bringen. Er ist nicht auf sichere Definitionen einzugrenzen. Er ist und bleibt Geheimnis, von dem der Prophet sagt: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege - Spruch des Herrn“ (Jes 55,8). Gottes Geheimnis wandelt sich angesichts des Leids in eine dunkle Unbegreiflichkeit. Sie lässt aus dem Gebet aus dem Warschauer Getto ein Gegen-Gebet werden: „Ich kann Dich nicht loben für die Taten, die Du duldest. Ich segne aber und lobe Dich für Deine schreckliche Größe, die gewaltig sein muss, wenn selbst das, was jetzt geschieht, auf Dich keinen Eindruck macht... Höre auf, Deine Größe zu beweisen, indem Du die Unglücklichen schlägst“. Die Unbegreiflichkeit des Leids ist ein Stück Unbegreiflichkeit Gottes. Es beunruhigt die Frage: Wo war Gott in Auschwitz? viele Herzen. Niemand hat die Autorität, die Frage zu verbieten. Wer hätte die Kraft, sie zu beantworten? Die Frage und die ihr innewohnende Klage hat auch in der Theologie ihren Ort. Ihre Rede bringt die Fragen angesichts der abgründigen Leidensgeschichte in der Schoa nicht zum Verstummen oder Verschwinden.

45. Ein selbstsicheres und auftrumpfendes Reden von Gott weiß nicht um die Schärfe der Herausforderung durch das Übel, Leiden und Böse in der Welt. Es hat die Anfechtung durch die Schoa noch nicht erfahren. Es ist kein Erweis der Kraft der Theologie und ihrer Rede von Gott, wenn man ihr die Leidensgeschichte der Menschen so wenig anmerkt. Die rechte Weise der Rede von Gott enthält etwas von einem Schrei nach der Rettung der Opfer und ungerecht Leidenden. Sie kennt die Sprache der Anfechtung und Gefahr. Sie weiß um das Recht der Klage und des Aufschreis. Ihr ist die Mystik des Leidens an Gott nicht fremd. Sie behält den Kreuzesschrei Jesu im Ohr und ist dem Schrei dieses Gottverlassenen nahe, der nicht von seinem Gott lassen will. Die rechte Gottesrede ist keine distanzierte Lehre von Gott. Als Rede aus dem Herzen ist sie Aussage der Sehnsucht dessen, der Finsternis, Unheil und Feindschaft erfahren hat und Ausschau nach Gott als Retter und Hirt (vgl. den Zusammenhang der Psalmen 22 und 23 und 24) hält. Und doch ist offen, ob der Mensch Gott auch als Hirten seiner Wege erfährt. Das ist in der Geschichte der Gottesrede oft vergessen worden. Auf das vielfach Verdrängte macht uns die Konfrontation mit der Schoa aufmerksam.

46. Die Rede von Gott als Retter und Erlöser und das Verständnis von Erlösung sind in den Schatten der Schoa geraten. Die Schoa verdunkelt die Transparenz der Geschichte und zerstört jeden naiven Optimismus gegenüber dem Sinn der Geschichte. Sie verhüllt, dass die Geschichte unter der Herrschaft Gottes steht. Vor allem fragt sie nach der Wirklichkeit von Erlösung, die der Glaube der Kirche mit Jesus Christus verbindet.

47. Zwar hat Israel in seiner wechselvollen Geschichte vielfältige Rettung durch Gott erfahren. Gerade in Zeiten der Bedrängnis rühmt es in der Bibel die Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens und die Errettung vor dem Tod (Ex 1-15). Seine Lehrer und Propheten erinnern in Situationen der Gefährdung, Not, des Abfalls oder des Exils an diese zentrale Rettungserfahrung, um Gott anzurufen oder das Volk zu mahnen, aufzurichten oder in der Hoffnung auf Gottes erneute Hilfe zu stärken (vgl. Amos 9; Ez 20; Jes 43; 51f u.ö.). In der Kundgabe seines Namens an Mose als „Ich werde dasein als der ich dasein werde“ (Ex 3,14) gibt Gott die Zusage: so wie er nun in der Knechtschaft seines Volkes helfend dasein will, so wird er immer neu „da“-sein, helfend, rettend, erlösend. Gott ist es, der dann auch Israel aus der Verbannung in Babylon herausführt (Jes 48f; Jer 16 oder Ez 34). Zwar ist nach dem Neuen Testament Jesus „Anführer und Retter“ (Apg 5,31), der die Menschen aus der Herrschaft des Todes herausführt, „um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren“ (Hebr 2,15). Er ist der Anführer, in dem nach der Osternachtliturgie Gott selbst die Völker durch das Wasser der Taufe hindurchgeführt und ihnen Anteil an der „Würde Israels“ gibt.22 Im biblischen Namen Gottes als des „Retters“ (Hab 3,18; Jes 43,11: vgl. Lk 1,47 u. ö.) ist ein Versprechen auf Rettung enthalten. Das Versprechen bezieht sich nicht nur auf die Erlösung von Sünde, Schuld und Tod, sondern auch auf die Rettung und Befreiung aus den geschichtlichen Leidenssituationen des Menschen.

48. Aber wo die vielfach in der Bibel verheißene Rettung ausbleibt, erscheint das Versprechen wie widerrufen und zurückgenommen und die Erlösung als noch nicht geschehen. Gerade die Schoa radikalisiert den gewichtigen jüdischen Einwurf gegen das christliche Erlösungsverständnis. Er sagt: „Wir sind nicht erlöst“. Er argumentiert: von einem Erlöstsein der Schöpfung kann angesichts ihrer Wirklichkeit, wie sie ist, nicht gesprochen werden. Die Geschichte müsste anders verlaufen, die Welt müsste anders aussehen, wenn sie erlöst wären. Vor allem die Opfer der Schoa, die ihren Kampf für ihr Leben verloren, weil die Welt sie im Stich ließ, legen Zeugnis dafür ab: wir sind nicht wirklich erlöst. Wenn Juden sagen, die Welt ist noch unversöhnt, brauchen Christen dem nicht zu widersprechen.

Die Schoa ist eine Erschütterung des Glaubens, die tief geht. Die Schoa ist nicht das Ende des Glaubens. Der Schrecken der Schoa und der Schrei nach der Erlösung bleiben.

C. Die Kirche in Weggemeinschaft mit dem jüdischen Volk

49. Im Zusammenhang des Nachdenkens über die Bedeutung der Schoa hat die Kirche ihre eigene Verbundenheit mit dem jüdischen Volk wiederentdeckt und in ein zunehmend klareres Licht gestellt. Für das Zweite Vatikanische Konzil gehört diese Verbundenheit zum Sein der Kirche; sie wird im Akt der Selbstbesinnung gegenwärtig: „Bei ihrer Besinnung auf das Geheimnis der Kirche gedenkt die Heilige Synode des Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamme Abrahams geistlich verbunden ist“.23 Aus dieser Aussage zog Papst Johannes Paul II. die Folgerung: „Die jüdische Religion ist für uns nicht etwas ‘Äußerliches’, sondern gehört in gewisser Weise zum ‘Innern’ unserer Religion“.24 Es existieren also „einzigartige Beziehungen zwischen dem Christentum und dem Judentum: Beide sind ‘auf der Ebene ihrer eigenen Identität verbunden’ (Johannes Paul II. am 6. März 1982), und diese Beziehungen ‘gründen sich auf den Plan des Bundesgottes’ (ebd.).“25

50. In der Theologie wird die Frage erörtert, ob die Verbundenheit der Kirche mit dem Judentum nicht in der Lehre über die Wesensmerkmale der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche berücksichtigt werden müsste. Belehrt durch den Römerbrief wird die Ekklesiologie stärker die Bedeutung der Kirche als „Mitteilhaberin an der Wurzel des fetten Ölbaums“ (Röm 11,17) herausstellen. Die Wurzel ist Israel - bis heute. Es ist ein starkes Band, „das uns als Kirche an die Juden und das Judentum bindet“.26 Im Bewusstsein der Verbundenheit äußert die Kirche die gläubige Zuversicht, „dass die Juden ‘weiterhin von Gott geliebt werden’, der sie mit einer ‘unwiderruflichen Berufung’ erwählt hat“.27 Diese Aussagen haben die bleibende Wirklichkeit des jüdischen Volkes im Blick. Ihr gilt auch das päpstliche Wort vom „Gottesvolk des von Gott nie gekündigten Alten Bundes“.28 „Der Alte Bund ist nie widerrufen worden“.29

51. Die Fortdauer der Erwählung des jüdischen Volkes muss den Gläubigen nahe gebracht werden. Die Ungekündetheit des Alten Bundes erlaubt es nicht, den Neuen Bund, in dem die Kirche steht, so zu verstehen, als ob er den Alten Bund hinfällig macht oder ersetzt. Im Bemühen darum, den Zusammenhang und die Zuordnung vom ungekündigten Alten Bund und Neuen Bund von der Schrift her näher zu entfalten, sprechen die einen davon, dass der Neue Bund kein anderer als der „Erste“ Bund ist, sondern der von Gott immer wieder erneuerte und mit neuer Lebenskraft erfüllte Bund seiner Barmherzigkeit, an dem Israel und Kirche auf je spezifische Weise Anteil haben. Andere betonen die Vielzahl der Bundesschlüsse in der Bibel und stellen die unterschiedlichen Dimensionen etwa im Sinaibund und im Neuen Bund in Christus stärker heraus.

52. Wie die Rede von der Überholtheit des Alten Bundes ist auch ein Verständnis abzuweisen, demzufolge die Kirche Israel ersetzt oder enterbt. Das fortdauernde Gegenüber von Kirche und Israel bedeutet Verbundenheit und Unterschiedenheit zugleich. Ihr Verhältnis ist nicht nach dem Modell zweier paralleler Heilswege zu verstehen.30 Dieses Bild würde die Tatsache des gemeinsamen Ursprungs, der konflikthaften Entzweiung und der bleibenden Herausforderung nicht zur Darstellung bringen. Zwischen der Kirche und dem Judentum herrscht ein spannungsreiches Verhältnis, dem neben der Nähe die Trennung, neben der Bejahung die Infragestellung eigen ist. Zwischen beiden besteht eine „Verbindung von Gemeinschaft und Ungemeinschaft.“31 Ihr Gegenüber erinnert daran, dass die Kirche einen „Keim und Anfang dieses Reiches (Gottes) auf Erden darstellt“32 und ihre endgültige Vervollkommnung noch erwartet.33 Das Gegenüber von Kirche und Israel ist Zeichen, dass das Reich Gottes in seiner Fülle noch aussteht und der Plan Gottes unvollendet ist.34

53. Den Weg auf die Vollendung des Plans Gottes gehen Kirche und Israel in je eigener Identität. Es ist derselbe Gott, der sie ruft. Wie Israel ist die Kirche wanderndes Gottesvolk: immer neu auf den Weg durch die Wüsten der Zeit gebracht, sich stets nach dem Ziel des Reiches Gottes ausstreckend. Bis zu dessen Kommen in Fülle bleibt das spannungsreiche Gegenüber, das die Kirche achtet. Sie will nicht die Aufhebung oder Auflösung des Judentums. Die Judenmission der „Kirche aus den Völkern“ war ein Fehlgriff. Die Kirche bejaht die Sendung Israels.35 Sie schaut mit Wertschätzung auf das Zeugnis der Treue des jüdischen Volkes zu seinem Gott. Sie anerkennt die theologische und spirituelle Würde Israels. Wenn sie sich selbst mit den biblischen Würdennamen Israels bezeichnet (vgl. 1 Petr 2,9 mit Ex 19,6 und Jes 43,20f), dann tut sie dies aus der Nähe zu Israel. Sie will das Volk des nie gekündigten Bundes seiner Würde nicht berauben. Die Achtung der Würde Israels wappnet die Kirche gegen eine Selbstüberhebung, vor der Paulus (Röm 11,18ff) warnt. Die Kirche in der Nachfolge Jesu weiß sich mit Israel vor dem Angesicht Gottes, betet zu ihm, hofft auf ihn und ruft in ihren Nöten zu ihm und klagt vor ihm. Dem jüdischen Volk besonders nahe, ist sie mit allen Menschen solidarisch. „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“.36 In ihrer Erinnerung empfiehlt sie die Toten der Barmherzigkeit Gottes. Im Zeugnis des Lebens wie in den Zeichen des Heils und den Festen des Glaubens37 heiligt sie wie Israel den Alltag, die Zeit und das Leben.

D. Der Ruf nach einer Ethik des Lebens

54. Das präzedenzlose Verbrechen der Schoa rührt an die Grundlagen der christlichen Ethik. Es geschah auf einem Kontinent, der durch eine lange Geschichte des Christentums geprägt ist. Das Gewissen der Christen und der Kirche muss auf den Schrei der in der Schoa Ermordeten und Gemarterten reagieren. Belastet mit der Bürde geschichtlicher Schuld und eingedenk des Verlustes moralischer Glaubwürdigkeit beim jüdischen Volk reagiert das christliche Gewissen im Geist der Demut und Umkehrbereitschaft.

55. Die Ethik, die auf den Schrei der Opfer der Schoa aufmerksam sein will, steht im Dienst einer Kultur des Lebens. Gerade das Volk, welches das Verbot „Du sollst nicht morden“ (Ex 20,13; Dtn 5,17) von Gott empfangen und der Menschheit weitergegeben hat, hat in der Schoa millionenfach die Missachtung und Leugnung dieser göttlichen Weisung erfahren müssen. Um so deutlicher steht jedem Gläubigen, der sich an das Leiden des jüdischen Volkes in diesem Jahrhundert erinnert, die Achtung des Menschen und seines Lebens als Grundgebot Gottes vor Augen. So lässt sich das Wort aus der Enzyklika „Evangelium vitae“ von Papst Johannes Paul II. auch auf die Schoa beziehen: Die Mahnung der Kirche will „eine klare und feste Bekräftigung des Wertes des menschlichen Lebens und seiner Unantastbarkeit und zugleich ein leidenschaftlicher Appell im Namen Gottes an alle und jeden einzelnen sein: achte, verteidige, liebe das Leben, jedes menschliche Leben, und diene ihm!“38

56. Der Unrechtscharakter der gesetzlichen Maßnahmen des national-sozialistischen Staates und das Verbrecherische der Ausführungen wurden durch eine öffentliche Sprache verhüllt, welche die Dinge nicht beim Namen nannte, sondern das Menschliche auf ein Technisches reduzierte. Die Nationalsozialisten hatten eine Scheinsprache eingeführt. Mit Ersatzwörtern bezeichneten sie das, was sie zu tun vorhatten. So sprachen sie von ihren Verbrechen, indem sie sich der Lüge bedienten. Sie beabsichtigten, die wahre Natur ihrer Taten vor der Welt geheimzuhalten und ihre Opfer in die Irre zu führen. Sie benutzten eine Sprache der Verachtung. Menschen einer Kultur des Lebens sprechen eine andere Sprache. Die Achtung des Menschen, seines Lebens und seiner Würde findet ihren Ausdruck in einer Sprache, die dem Gebot der Wahrheit entspricht und die Dinge beim Namen nennt. Eine solche Sprache ist für eine Ethik des Lebens unerlässlich.

57. Das Ausmaß der Vernichtung der Schoa war möglich geworden, weil eine Gleichgültigkeit und Apathie die Menschen und Völker hinderte, den Opfern tatkräftiger und wirksamer beizustehen, als es geschah, sie und ihr Leben zu verteidigen und sie vor dem ihnen zugedachten gewaltsamen Tod zu bewahren. Zu wenige haben das Klima der Teilnahmslosigkeit wie auch die Angst und Feigheit überwunden. Aber jene, die aus dem Anstoß ihres christlichen Glaubens oder aus anderem Impuls heraus sich als Helfer bewährten, setzten ein Maß des Ethischen. Die Verfolgten galten gemeinhin als solche, die Gefahr brachten und von denen man sich fernhalten musste. Jenen aber waren sie Brüder und Schwestern, die in Not waren und mit denen sie solidarisch sein sollten. Das Besorgtsein um sich und die Eigenen stellten die Helfer zurück, um den Anderen und Fremden beizustehen. Oft bezahlten sie ihre Solidarität mit dem eigenen Leben. In ihrem Geschick zeigte sich „das andere, zweite Gesicht der Schoa“. Sie waren nach jüdischem Verständnis „Gerechte aus den Völkern“ und lebten eine Ethik der Verantwortung für den Anderen. Verantwortung für den Anderen zeichnet die Kultur des Lebens aus: Aus Gleichgültigkeit wird Anteilnahme für den Anderen. Ein Klima der Distanz und Konkurrenz weicht der Nähe und Solidarität. Die Angst wird durch Mut überwunden. Die Förderung des Eigenen geht einher mit der Annahme des Anderen. Die Annahme des Anderen ermöglicht Gerechtigkeit. Gerechtigkeit schafft Frieden (vgl. Jes. 32,17).

58. Jene, die mit ihrem Beistand in den Jahren der Verfolgung und Vernichtung ein Vorbild an Verantwortung gaben, haben ein weiteres ethisches Vermächtnis hinterlassen: die Zusammenarbeit zwischen der christlichen und jüdischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedern. Felder der Zusammenarbeit sind sowohl die Suche nach gemeinsamen ethischen Antworten auf die Herausforderungen durch Wissenschaft, Technik und Wirtschaft als auch die Praxis sozialer Zusammenarbeit für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden und gegen Armut, Hunger, Krankheit und Arbeitslosigkeit. Die Zusammenarbeit setzt voraus, dass Vorurteile gegenüber der ethischen Tradition des Anderen überprüft und überwunden werden. Leider finden sich unter Christen noch häufig pauschale Gegenüberstellungen von Starre und Weite, Nationalem und Universalem, Gerechtigkeit und Liebe, Gesetz und Evangelium, mit denen das jüdische Ethos herabgesetzt wird. Diese Geringschätzung darf unter Christen keinen Platz haben.

59. Das Bemühen um gemeinsame ethische Reflexionen wie um eine praktische Solidarität kann sich auf einen reichen Schatz gemeinsamer Überzeugungen stützen: Der Kosmos ist die Schöpfung des Einen Gottes. Der Mensch ist als Bild Gottes geschaffen. Jedes menschliche Leben ist heilig und unantastbar. Die Menschen sind füreinander verantwortlich. Die Würde eines jeden Menschen ist ungeachtet seiner Herkunft, seines Geschlechtes, seiner Religion und seiner Fähigkeit und Eigenarten zu schützen. Das Streben nach Gerechtigkeit für alle Menschen ist den Schwachen und den Verletzlichen gegenüber besonders aufmerksam. Die Beziehungen der Menschen untereinander in der Familie, in der Gesellschaft und zwischen den Völkern und Nationen müssen von gegenseitiger Solidarität und von Friedensbereitschaft geprägt sein. Unterdrückung, Vertreibung von Minderheiten und autoritäre Systeme sind ausgeschlossen. Die Bewahrung der Schöpfung Gottes ist uns Menschen treuhänderisch anvertraut. Diese Überzeugungen finden sich vielfach in der schriftlichen und mündlichen Tora bzw. in den Schriften des Alten und Neuen Testamentes, wurden von den nachfolgenden Kommentaren und Traditionen überliefert und durch jüdische und kirchliche Autoritäten bekräftigt. Sie geben zugleich eine stabile Basis, um auf epochal neue Herausforderungen einzugehen und gültige Antworten zu finden.

60. Zum ersten Mal ist es in der Menschheitsgeschichte durch den Menschen selbst fraglich geworden, ob es morgen den Menschen gibt. Des Menschen Zukunft ist bedroht durch seine Friedlosigkeit und das Zerstörungspotential in seiner Hand, durch seinen Eingriff in die ökologische Struktur der Erde, durch die Ambivalenz seiner wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten und durch sein Unvermögen zu gerechter Verteilung von Nahrungsmitteln und den übrigen Gütern der Erde. Nicht erst im Handeln, sondern schon im Denken und Forschen kann der homo faber zum Täter werden, der das Leben bedroht. Human- und Sozialexperimente können die personale Identität des Menschen gefährden. Die Gefahr menschheitlicher Selbstvernichtung ist mit technisch-wissenschaftlichen Mitteln allein nicht zu bannen. Grundlegende politische Entscheidungen, die von ethischen Optionen einer Kultur des Lebens geprägt sind, sind erforderlich. Jüdische und christliche Männer und Frauen haben in ihren Traditionen eine Quelle, Modelle der Problemlösung und Perspektiven der Hoffnung für eine Welt zu formulieren, die nur jenseits von Gleichgültigkeit und Hoffnungslosigkeit eine Zukunft hat. Tun sie dies gemeinsam, so wird das Gewicht ihrer Stimme in der Welt glaubwürdiger und stärker.

61. Die Ethik des Lebens weist in eine universale Verantwortung und hat konkretes Profil. Sie ist unverwechselbar biblisch. Sie bringt den Menschen in eine Beziehung zu Gott. Die Ethik des Lebens meint nämlich ein Leben unter dem Gebot Gottes: „Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (Lev 19,2). Im Tun der Gebote Gottes heiligt der Mensch das Leben und die Welt, die Gottes Schöpfung ist. Juden und Christen stehen unter der Pflicht, auf Gottes Wegen zu wandeln und den Namen des Herrn vor der Welt bekannt zu machen (Ex 9,16). Auch wenn der Mensch weiß, dass er der Heiligkeit Gottes nichts hinzufügen kann (vgl. Neh 9,5), sieht er sich aufgefordert, durch das Tun der Gebote Gottes den göttlichen Namen zu heiligen (vgl. Lev 22,31f; Ex 20,7; Dtn 32,51; Jes 29,23 und Mt 6,9; Lk 11,2). In der Heiligung des Namens Gottes streckt sich der Mensch nach der Herrschaft Gottes aus. Der Heiligung des Namens Gottes wohnt eine tiefe Sehnsucht nach der Nähe und dem Kommen Gottes inne. Zum Gebet um die Heiligung des göttlichen Namens gehört der Ruf nach dem Kommen des Reiches Gottes. Die Ethik des Lebens hat einen adventlich-messianischen Ausblick.

Schluss

„Erhoben und geheiligt werde sein großer Name

in der Welt, die er nach seinem Willen erschaffen:

Er lasse sein Reich kommen in eurem Leben und in euren Tagen

und in dem Leben des ganzen Hauses Israel,

bald und in naher Zeit.

Darauf sprecht Amen“

    (Jüdisches Kaddischgebet).

„Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde“

    (Vaterunser nach Mt 6,9f).

Anmerkungen

    • Es wird nicht der Versuch unternommen, die Geschichte der Judenfeindschaft in der Kirche vollständig nachzuzeichnen. Auch strebt die Darstellung, die auf die Angabe von Belegen verzichtet, keine nüchtern-emotionslose Analyse aus der Sicht der Geschichtswissenschaft an. Vielmehr stellt sie sich Anteil nehmend und beteiligt der geschichtlichen Wirklichkeit. So begegnen Äußerungen des Schmerzes und der Klage
    • Pius XI., Enzyklika Mit brennender Sorge(14. März 1937): AAS 29 (1937), 145­167; HI. Kongregation für Seminare und Universitäten, Brief an alle Rektoren und Dekane (13. April 1938): La Documentation Catholique 39 (1938), 579-580; Pius XII., Enzyklika Summi Pontificatus(28. Oktober 1939): AAS 31 (1939), 481­509; Rundfunkbotschaft zu Weihnachten(24. Dezember 1942): AAS 35 (1943), 9-24.
    • Vatikanische Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, Hinweise für eine richtige Darstellung von Juden und Judentum in der Predigt und in der Katechese der katholischen Kirche (24. Juni 1985), Nr. 25: Rolf Rendtorff/Hans Hermann Henrix (Hg.), Die Kirchen und das Judentum. Band I: Dokumente von 1945 bis 1985, Paderborn/Gütersloh 1989, 92-103, 102.
    • Vatikanische Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, Richtlinien und Hinweise für die Durchführung der Konzilserkläruna „Nostra aetate", Artikel 4 (1. Dezember 1974): Die Kirchen und das Judentum I, 48-53, 50.
    • II. Vatikanisches Konzil. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, Nr. 8.
    • II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nicht­christlichen Religionen Nostra aetate, Nr. 4 Die Kirchen und das Judentum I, 39-44, 43.
    • Vgl. Richtlinien und Hinweise (1. Dezember 1974): Die Kirchen und das Judentum I, 49.
    • Vgl. Hinweise (24. Juni 1985), I. Nr. 8: Die Kirchen und das Judentum I, 95.
    • Johannes Paul II., Ansprache an Verantwortliche des British Council for Christians and Jews (16. November 1990): Hans Hermann Henrix/Wolfgang Kraus (Hg.), Die Kirchen und das Judentum. Band II: Dokumente von 1986 bis 2000, Paderborn/Gütersloh 2001, 48f.
    • Grundlagenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel vom 30. Dezember 1993, Artikel 2.2: Die Kirchen und das Judentum II, 80-85, 82.
    • Internationales Verbindungskomitee (ILC) zwischen der katholischen Kirche und den Juden, Kommunique des 13. Jahrestreffens in Prag (3. bis 6. September 1990): Die Kirchen und das Judentum II, 982-986, 982.
    • Ansprache an die jüdische Gemeinschaft Polens (9. Juni 1991), Nr. 3: Die Kirchen und das Judentum II, 53-55, 55.
    • J. Isaac, L"enseignement du mépris. Vérité historique et mythes theologiques, Paris 1962.
    • Johannes Paul II, Ansprache an die Repräsentanten der jüdischen Gemein­schaft Österreichs (24. Juni 1988): Die Kirchen und das Judentum II, 33-36, 34.
    • Deutsche Bischofskonferenz, Wort aus Anlass des 50. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vom 27. Januar 1995: Die Kirchen und das Judentum II, 384-386, 385.
    • Die Formulierung „Mitverantwortung und Schuld" soll den Unterschied und Zusammenhang zwischen historischer Analyse und moralischer Aussage fest­halten. In der historischen Analyse erscheint die Tradition des theologischen und kirchlichen Antijudaismus als ein Element unter vielen auf dem Weg zur Schoa. Dass dieses Element nicht der alleinige oder hauptsächliche Faktor der Entwick­lung war, soll der Begriff der „Mit-Verantwortung" deutlich machen. Wird der An­teil an einer geschichtlichen Entwicklung unter dem Gesichtspunkt eines schuld­haften Verhaltens und also in einer konfessorischen Aussage bedacht, so wird oft von einer „Mit-Schuld" gesprochen. Dies ist aber aus moraltheologischer Sicht ungenau und ungenügend. Ein Schuldbekenntnis beeinträchtigt seine Inte­grität und Lauterkeit, wenn es im Akt der Schuldanerkenntnis zugleich auf andere schaut. Schuld vor Gott ist nicht halbierbar, sondern unteilbar: Das Sub­jekt einer Schuldaussage macht eine Aussage über sich selbst und nicht über andere. Es gibt also eine geschichtliche „Mitverantwortung", die im konfes­sorischen Akt selbst als „Schuld" zu bekennen ist.
    • II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, Nr. 43.
    • II. Vatikanisches Konzil, Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, Nr. 6.
    • Vgl. Hinweise (24. Juni 1985), IV. Nr. 21, C: Die Kirchen und das Judentum I, 100.
    • Vgl. oben unter Nr. 5.
    • Vgl. Hinweise (24. Juni 1985), III, Nr. 19: Die Kirchen und das Judentum II, 99..
    • Missale Romanum, Die Feier der Osternacht. Wortgottesdienst, Oration nach der dritten Lesung.
    • II. Vatikanisches Konzil, Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nicht­christlichen Religionen Nostra aetate, Nr. 4: Die Kirchen und das Judentum I, 42.
    • Johannes Paul II., Ansprache beim Besuch der Großen Synagoge Roms (13. April 1986), Nr. 4: Die Kirchen und das Judentum II, 108f.
    • Hinweise (24. Juni 1985), I, Nr. 2: Die Kirchen und das Judentum I, 94.
    • Hinweise (24. Juni 1985), I, Nr. 8: Die Kirchen und das Judentum I, 95.
    • Johannes Paul II., Ansprache (13. April 1986): Die Kirchen und das Judentum I, 109.
    • Johannes Paul II., Ansprache an den Zentralrat der Juden in Deutschland (17. November 1980): Die Kirchen und das Judentum I, 74-77, 75.
    • Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 121.
    • Hinweise (24. Juni 1985), I, Nr. 7: Die Kirchen und das Judentum I, 95.­
    • Franz Rosenzweig, Briefe und Tagebücher. Band I (1900-1918) = Der Mensch und sein Werk. Gesammelte Schriften I, Haag 1979, 137.
    • II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, Nr. 5.
    • Hinweise (24. Juni 1985), II, Nr. 8: Die Kirchen und das Judentum I, 97.
    • Vgl. Komitee der französischen Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum, Erklärung Die Haltung der Christen gegenüber dem Judentum. Pastorale Handreichungen (16. April 1973), Nr. VII. b: Die Kirchen und das Judentum I, 149-156, 155.
    • Johannes Paul II., Ansprache an die Vertreter der jüdischen Gemeinden Polens (14. Juni 1987): Die Kirchen und das Judentum II, 25f.
    • II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche von heute Gaudium et spes, Nr. 1.
    • Auf die Bedeutung der Liturgie für die Erneuerung des Verhältnisses der Kirche zu Juden und Judentum ist die Vatikanische Kommission in ihren „Richtlinien" (1. Dezember 1974): Die Kirchen und das Judentum I, 50f. und in ihren „Hinweisen" (24. Juni 1985), V, Nr. 23f: Die Kirchen und das Judentum I, 101f. eigens eingegangen. Die dortigen Empfehlungen haben noch nicht die ihnen gebührende Beachtung gefunden.
    • Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae (25. März 1995), Nr. 5.