Christlich-jüdische Lehrinhalte in der theologischen Ausbildung

Thesenpapier des Gemeinsamen Ausschusses Kirche und Judentum 2019.

Die Universität Göttingen hat in Zusammenarbeit mit dem Vorstand der AG Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in den Jahren 2016 und 2017 eine Studie zum Stand und zum Stellenwert jüdisch-christlicher Lehrinhalte in der theologischen Ausbildung an deutschen Hochschulen durchgeführt. Dabei wurden Vorlesungsverzeichnisse und Prüfungsordnungen ausgewertet.

Zusammenfassend heißt es in einem Bericht zu den Ergebnissen der Studie: „wenig Pflicht, viel Kür“ (epd-Dokumentation 21/2017, S. 16). Die Studie stellt fest, dass es neben großen quantitativen Unterschieden im Lehrangebot einen Mangel an Begegnungen mit dem Judentum gibt. Nahezu alle Gliedkirchen der EKD hätten in ihren Verfassungen bzw. Grundordnungen die Beziehung zum Judentum als grundlegend für das eigene Selbstverständnis aufgenommen. Dem widerspreche die geringe Bedeutung, die das Thema in der theologischen Ausbildung habe.

Das Präsidium der Union Evangelischer Kirchen (UEK) beauftragte daher den Gemeinsamen Ausschuss „Kirche und Judentum“ von EKD, UEK und VELKD, einen Bericht zu Themen des christlich-jüdischen Dialogs in Ausbildungsplänen und in der Ausbildungspraxis von Theologinnen und Theologen zu erarbeiten. Darin sollten Vorschläge unterbreitet werden, wie sich die Situation nachhaltig verbessern lasse.

Aus diesem Auftrag ist ein Papier mit acht Thesen entstanden, das in den für Ausbildungsfragen zuständigen kirchlichen Gremien weiter diskutiert werden soll. Es betont, dass die Selbstverpflichtung der Kirchen gegenüber dem christlich-jüdischen Dialog auch für die theologische Ausbildung Folgen habe. Gefordert wird daher, dass Theologinnen und Theologen sich in allen Phasen der Aus-, Fort- und Weiterbildung verbindlicher und differenzierter als bisher mit der Geschichte und Gegenwart des Judentums auseinandersetzen sollen. Dazu müsse die Vermittlung von Grundkenntnissen über Geschichte und Gegenwart des Judentums sowie die Beschäftigung mit zentralen Inhalten und Einsichten des christlich-jüdischen Dialogs besser als bisher in der theologischen Ausbildung verankert werden.


 

Für eine verbindliche nachhaltige Aufnahme der Einsichten aus dem christlich-jüdischen Gespräch in die Aus-, Weiter- und Fortbildung Evangelischer Theologinnen und Theologe[1]

Eine gewandelte Wahrnehmung des Judentums, die theologische Neubestimmung im Gegenüber von Juden und Christen sowie die Erfahrungen aus dem christlichen-jüdischen Dialog haben das kirchliche Selbstverständnis nach 1945 tiefgreifend verändert. Die Einsicht in die Einzigartigkeit des Verhältnisses des Christentums zum Judentum macht die Beschäftigung mit dem Judentum, seiner Theologie, seiner Geschichte und Kultur in Vergangenheit und Gegenwart zu einer Notwendigkeit. „Das Judentum ist nicht der zufällige historische Hintergrund, auf dem sich das Christentum entfaltet hätte, sondern der notwendige, unaufgebbare und bleibende Bezugspunkt“ (Alexander Deeg). Dies hat Folgen für die Gestaltung kirchlicher und theologischer Aus-, Fort und Weiterbildung.

  • Fast alle EKD-Gliedkirchen heben in ihren Grundordnungen / Verfassungen die Besonderheit im Verhältnis zum Judentum hervor. Akzentuierung und Formulierungen unterscheiden sich im Einzelnen; übereinstimmend wird aber deutlich, dass das Thema grundlegende Bedeutung für das Selbstverständnis der Evangelischen Kirche hat.
  • Die EKD-Studie „Christen und Juden III“ (2000) fordert, stärker als bisher die vielen Facetten jüdischen Selbstverständnisses wahrzunehmen. Wünschenswert sei eine stärkere „Präsenz von jüdischen Lehrerinnen und Lehrern an den theologischen Fakultäten und kirchlichen Ausbildungsstätten“ als bisher.[2]
  • Die Studie „Kirche und Israel“ der Leuenberger Kirchengemeinschaft (jetzt:GEKE) von 2001 hält fest, dass die Kirchen in den verschiedenen Kontexten ihrer Ausbildung „das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Besinnung auf das Verhältnis von Kirche und Israel“ schärfen und so „die eigene Identität […] bezeugen und zugleich in angemessener Weise von Israel […] reden“.[3]
  • Konsequenzen für die Ausbildung ergeben sich auch aus der Kundgebung „Martin Luther und die Juden – Notwendige Erinnerungen zum Reformationsjubiläum“ der EKD-Synode von 2015. Diese fordert, „zentrale Lehren der Reformation neu zu bedenken“, und bekräftigt die Einsicht, dass „die jüdische Auslegung des Tenach ,eine auch für die christliche Auslegung nicht nur legitime, sondern sogar notwendige Perspektive‘“ enthällt. [4]
  • Einen Niederschlag in der Ausbildung muss auch die Selbstverpflichtung der Synode der EKD aus dem Jahr 2016 finden, Ursachen und bis heute lebendige Nachwirkungen christlicher Judenfeindschaft weiter zu bearbeiten und einer Wahrnehmung den Boden zu entziehen, die „in Verkündigung und Unterricht, Seelsorge und Diakonie das Judentum verzerrt oder verzeichnet“.[5]

2. Zwischen den kirchlichen Aussagen und Forderungen im Blick auf das Verhältnis der Kirchen zum Judentum einerseits und der Praxis theologischer und kirchlicher Aus-, Fort- und Weiterbildung andererseits besteht gleichwohl eine tiefgreifende Spannung.

Einerseits wird behauptet, das Thema Judentum sei zwischenzeitlich in der Mitte der Theologie angekommen und somit allen theologischen Disziplinen in einer Weise inhärent, die einen Pflichtenkatalog oder entsprechende Pflichtveranstaltungen in den verschiedenen theologischen Studiengängen überflüssig mache. Andererseits ist es immer noch möglich, dass Studierende sich an keiner Stelle ihres Studiums (einschließlich der Examina) eingehender mit Fragen des christlich-jüdischen Verhältnisses befassen müssen.[6]

Die „Übersicht über die Gegenstände des theologischen Studiums“ z.B. sieht das Themengebiet „Christentum und Judentum“ als eine von insgesamt drei Querschnittsdimensionen vor.[7] Es bleibt aber offen, in welcher Weise und in welchem Umfang dieser Grundentscheidung Rechnung getragen werden soll. So liegt es vor allem am Engagement der Lehrenden, ob und inwieweit sie diesen Themenschwerpunkt in ihren Lehrveranstaltungen aufgreifen. Verpflichtende Lehrveranstaltungen bzw. Module in diesem Bereich sind nicht vorgesehen; auch werden keine entsprechenden Leistungen in den Prüfungsordnungen vorgeschrieben.[8]

3. Allerdings existieren zwei erfolgreiche Studienprogramme, die von der EKD und ihren Gliedkirchen gefördert werden, internationales Renommee genießen und zur nachhaltigen Verankerung einer durch die Erfahrungen christlich-jüdischer Begegnung bereicherten Perspektive beitragen.

  • Durch ein Studienjahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem will das inzwischen bei „Evangelisch in Jerusalem“ verortete Programm „Studium in Israel“ zur „Erneuerung des christlich-jüdischen Verhältnisses beitragen, konkret: „zur Abkehr von pejorativen Ansichten oder antijüdischen Ressentiments hin zu einem sachkundigen, erfahrungsgestützten, vielfaltsbewussten Verständnis des Judentums in seiner Tradition wie in seiner Gegenwart. […] Christliche Theologinnen und Theologen lassen sich nach Jahrhunderten der Vergegnung (M. Buber) auf die Begegnung mit Selbstexplikation und Selbstverständnis von Jüdinnen und Juden und deren Sprache ein.“[9]
  • Prägend für das Theologische Studienjahr an der Dormitio in Jerusalem ist dessen Ausrichtung auf den ökumenischen, interreligiösen und interkulturellen Dialog. Das Studienprogramm eröffnet in ökumenischer Ausrichtung deutschsprachigen Studierenden im Pfarramts- und Lehramtsstudiengang die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Land der Bibel vertraut zu machen und dabei auch gegenwärtiges Judentum in Israel kennenzulernen.

Über diese Programme hinaus bedarf es dringend neuer Formate und niederschwelliger und zeitlich weniger ausgedehnter Angebote. Diese sollen bereits in der akademischen Ausbildung authentische Begegnungen von christlichen Theologinnen und Theologen mit jüdischen Gesprächspartnerinnen und -partnern sowohl in Deutschland als auch in Israel oder den USA ermöglichen.

Auch in jüdischen Ausbildungskontexten tritt die Relevanz der gegenseitigen Beeinflussung von Christentum und Judentum immer deutlicher hervor. Hier liegt ein Ansatzpunkt für Kooperationen mit jüdischen Ausbildungsstätten und dem Austausch oder gemeinsamen Einsatz von christlichem und jüdischem Lehrpersonal, wie sie in anderen Ländern bereits seit langem üblich ist und sich bewährt haben.

4. Neben den grundlegenden Überlegungen zum christlich-jüdischen Verhältnis generell müssen auch spezifische jüdisch-christliche Lehrinhalte aufgrund theologischer Einsichten und Herausforderungen der letzten Jahr(zehnt)e stärker berücksichtigt werden:

  • Exegetische und (religions-) geschichtliche Forschungen führen immer klarer zur Einsicht, dass die Schriften des Neuen Testaments innerhalb eines breit gefächerten Spektrums des antiken Judentums zu verorten sind. Wenn wir also heute in kirchengemeinden oder Schulen neutestamentliche Texte lesen, lesen wir Texte, die sich selbst in ihrem Christuszeugnis zunächst als jüdische Stimmen verstanden haben. Erst in der Folgezeit wurden sie zu identitätsbildenden Texten für eine Kirche, die sich vom Judentum unterscheidet.
  • Es ist deutlich geworden, dass weder das Judentum noch das Christentum in theologisch-konzeptioneller oder auch in praktischer Hinsicht jemals in einer „splendid isolation“ gelebt haben, sondern dass sich ihre Entwicklung nur als ein Prozess verstehen lässt, der aus der Auseinandersetzung mit den jeweils Anderen zentrale Impulse erhalten hat. So haben die patristische und die talmudwissenschaftliche Forschung, aber auch die Forschungen zum Mittelalter und zur Neuzeit in den vergangenen  Jahrzehnten die gegenseitigen Beeinflussungen von Juden und Christen immer mehr in das Blickfeld treten lassen.
  • Nach wie vor stehen Kirche und Gesellschaft vor der Herausforderung von offenem und versteckten Antisemitismus. Daraus erwächst für uns „die besondere Verantwortung, jeder Form von Judenfeindschaft und -verachtung zu widerstehen und ihr entgegenzutreten“.[10]

5. Darüber hinaus machen praktische Erfordernisse christlich-jüdischer Begegnungen in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit eine intensive Beschäftigung mit diesem Thema dringlich. Dazu gehört der Erwerb entsprechender Kompetenzen mit Blick auf zukünftige berufliche Aufgaben.

  • Das nachbarschaftliche Verhältnis zu jüdischen Gemeinden ist für Kirchengemeinden ein wichtiges Thema und Handlungsfeld, in dem Pfarrerinnen und Pfarrer ihre theologische Kompetenz erweisen müssen. Durch Erfahrungen im christlich-jüdischen Dialog erwirbt man Kompetenzen auch für weitere interreligiöse Dialoge.
  • Auch mehr als siebzig Jahre nach der Shoah ist die Auseinandersetzung mit christlicher Schuldgeschichte, deren Reflexion und die Frage eines angemessenen Gedenkens eine Herausforderung. In praktischer Hinsicht geht es dabei um Predigten, Unterrichtseinheiten, Stellungnahmen, Grußworte u.a. zu bestimmten Anlässen in Gemeinde und Schule (9. November, Gedenktage im Zusammenhang mit den Weltkriegen, z.B. Antikriegstag Anfang September oder Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, Volkstrauertag etc.).
  • Der Nahostkonflikt ist Gegenstand öffentlicher Diskurse, die oft ideologisch aufgeladen sind. Auch die kirchlichen Debatten sind polarisiert. Darüber hinaus ist eine kritische Auseinandersetzung mit der komplexen Thematik auch im Zusammenhang mit Reisen nach Israel und Palästina aktuell.

6. Eine Integration christlich-jüdischer Lehrinhalte in die theologische Ausbildung wird nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Studien- und Ausbildungsgänge (Pfarramt, Diakonat, Lehramt, Kirchenmusik, Kindergartenbereich, diakonische Berufe) und Ausbildungsphasen einschließlich einer lebenslangen, berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung im Blick behalten werden.

(a) Im Studium steht der Erwerb von Grundkompetenzen im Vordergrund.

Dazu gehören:

  • Grundkenntnisse des antiken Judentums und seiner Bedeutung für das NT und die Alte Kirche,
  • das Verständnis jüdischer Hermeneutiken und Auslegungstraditionen,
  • Grundkenntnisse der Geschichte des Judentums,
  • die Wahrnehmung jüdischen Selbstverständnisses in seiner Pluralität,
  • die Fähigkeit, Unterschiede zwischen Judentum und Christentum ohne Vereinnahmung und Herabwürdigung zu benennen,
  • ein kritischer Umgang mit den verschiedenen Formen von Judenfeindschaft.

Dies erfordert neben der Berücksichtigung als Querschnittsthema auch die verbindliche Teilnahme an einschlägigen Lehrveranstaltungen. Hierfür gilt es Veranstaltungsformate zu stärken bzw. neu zu entwickeln, die eine direkte Begegnung mit dem Judentum ermöglichen (z.B. durch jüdische Dozenten und Dozentinnen, durch gemeinsame Lehrveranstaltungen mit jüdischen Studierenden, durch Besuche jüdischer Gemeinden, durch Begegnungs- und Studienreisen).

(b) In der zweiten Ausbildungsphase (Vikariat, Referendariat, Praxisphase) soll der Schwerpunkt auf der Einübung und Reflexion des beruflichen Handelns in den verschiedenen Praxisfeldern liegen. Es gilt, die religionspädagogische, liturgische, homiletische, seelsorgliche und pastorale bzw. diakonische Praxis so einzuüben,

  • dass die Beschäftigung mit jüdischen Traditionen als Bereicherung und hilfreiche Provokation empfunden wird,
  • dass exemplarisch Erfahrungen im christlich-jüdischen Dialog gesammelt werden,
  • dass antijüdische Stereotype erkannt und vermieden werden,
  • dass Strategien für angemessene Antworten auf die Herausforderungen durch den Antisemitismus gefördert werden.

Es sollte die Möglichkeit bestehen, jüdische Gemeinden und Einrichtungen vor Ort kennenzulernen. Sofern Studienreisen ermöglicht werden, sollten diese einen dialogischen Schwerpunkt haben. Die Durchführung und fachliche Begleitung von eigenen Projekten im Bereich christlich-jüdischer Begegnung ist zu fördern. Wünschenswert ist auch die Einbindung jüdischer Referentinnen und Referenten in die praktische Ausbildung (sowohl für Fragen der Liturgischen und homiletischen Praxis im Judentum als auch für die sachgerechte Darstellung des Judentums im Bereich der Religionspädagogik).

(c) In der berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung geht es darum, bestehende Kompetenzen zu vertiefen und weiter zu entwickeln. Es gilt, jüdisches Leben und christlich-jüdische Begegnungsmöglichkeiten im eigenen dienstlichen Umfeld zu entdecken und eine aktive Beteiligung zu fördern. Dabei soll die Dialogkompetenz weiter gestärkt und ausgebaut werden.

(d) Die spezifischen Herausforderungen unterschiedlicher Berufe mit kirchlichem Auftrag sind im Blick zu behalten. (e) Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einer institutionellen Verankerung des Themas durch Begegnung und Kooperation, etwa in Religionspädagogischen Zentren, bei der Kooperation mit jüdischen Fachleuten – z.B. bei Fortbildungen und der Erstellung von Lehrbüchern, in denen christliche und jüdische Perspektiven parallel dargestellt werden (etwa in den Themenfeldern Bibel, Ethik, Jesus …).

7. Die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen an den Ausbildungsstandorten, Hochschulen und Fakultäten im Bereich der Gliedkirchen unterscheiden sich zum Teil gravierend. Die Verantwortung für Forschung und Lehre liegt bei den Fakultäten. Die Kirche ist jedoch herausgefordert, diese in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu bestärken und zu unterstützen.

Neben der Herausforderung, verbindliche und gemeinsame Mindeststandards zu definieren und deren Einhaltung zu gewährleisten, bietet sich die Chance schwerpunktmäßiger Profilierung an einzelnen Orten. Eine besondere Bedeutung haben für die EKD die beiden Kirchlichen Hochschulen in Wuppertal-Bethel und in Neuendettelsau, die in besonderer Weise einen Diskurs zwischen kirchlichem Profil und akademischer Ausbildung ermöglichen. Das „Institut für christlich-jüdische Studien und Beziehungen“ in Neuendettelsau ist hierfür ein wegweisendes Beispiel, ebenso wie die alle zwei Jahre an der KiHo Wuppertal-Bethel besetzte jüdische Gastdozentur für „Jüdische Theologie, Philosophie und Geschichte“ in Verbindung mit einem Lehrauftrag, der von einem Rabbiner und einem christlichen Theologen gemeinsam durchgeführt wird. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das „Institut Kirche und Judentum“ an der Humboldt-Universität in Berlin, an dem aus Anlass des Reformationsjubiläums die EKD eine Stiftungsprofessur einrichtet.

Grundlegend sind weiter

  • Lehraufträge für jüdische Dozenten und Dozentinnen,
  • ein möglichst umfassendes und breites Angebot an Studienreisen und Begegnungsformaten, die die Gliedkirchen auf der Ebene der Studienbegleitung anbieten und finanziell unterstützen,
  • ergänzende Lehrveranstaltungen in kirchlicher Verantwortung zu Themen des christlich-jüdischen Dialogs (z.B. in Kooperation mit kirchlichen Akademien), die als Studienleistung anerkannt werden können.

8. Es geht bei der Beschäftigung mit dem Judentum und dem christlich-jüdischen Dialog nicht um Vollständigkeit, sondern um exemplarische Zugänge, die neugierig machen und für Fragestellungen und Herausforderungen christlich-jüdischer Begegnung bleibend sensibilisieren. Ziel muss sein, Lehrende und Studierende gleichermaßen für dieses Thema zu interessieren und zu begeistern. Dafür werben wir als Kirche. Über die Vermittlung von Kenntnissen hinaus bedarf es dazu in Studium und Ausbildung insbesondere einer Stärkung der Erlebnisdimension, die hilft, die existentielle Relevanz des Themas zu erschließen und seine Bedeutung für den christlichen Glauben und die Kirche zu vermitteln.

[1] Das Thesenpapier wurde erarbeitet vom Gemeinsamen Ausschuss „Kirche und Judentum“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK).

[2] Christen und Juden I–III. Die Studien der Evangelischen Kirche in Deutschland 1975–2000, Gütersloh 2002, S. 212.

[3] Kirche und Israel, Leuenberger Texte 6. Frankfurt a. M. 3 2004, S. 81.

[4] Kundgebung „Martin Luther und die Juden – Notwendige Erinnerung zum Reformationsjubiläum“ vom 11.11.2015, im Anschluss an die Studie Kirche und Israel von 2001.

[5] Kundgebung „… der Treue hält ewiglich“ [Psalm 146,6]. Eine Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes vom 9.11.2016.

[6] Vgl. den Hinweis der Präses der Synode der EKD, Dr. Irmgard Schwaetzer, dass es untragbar sei, „dass es in Deutschland in vielen Landeskirchen möglich ist, ein Theologiestudium abzuschließen, ohne sich auch nur in einem Semester mit dem christlich-jüdischen Verhältnis beschäftigt zu haben“, epd-Dokumentation 21/2017, S. 4. Vgl. die Belege aus den maßgeblichen Rahmenordnungen zum Theologiestudium, zit. n. M. Beintker, M. Wöller (Hgg.), Theologische Ausbildung in der EKD. Dokumente und Texte aus der Arbeit der Gemischten Kommission für die Reform des Theologiestudiums / Fachkommission I (Pfarramt, Diplom und Magister Theologiae) 2005-2013, Leipzig 2014 (Beintker/Wöller). Dazu im Einzelnen die Analyse der Studien- und Prüfungsordnungen für das Pfarramts- und Lehramtsstudium in Bezug auf jüdische und / oder jüdisch-christliche Lehrinhalte der AG Juden und Christen beim DEKT und der Universität Göttingen, nachlesbar als epd-Dokumentation 21/2017.

[7] „In allen theologischen Fächern sind als besondere Themenschwerpunkte zu berücksichtigen: Christentum und Judentum, Genderforschung und Ökumene“, Übersicht über die Gegenstände des Studiums der Evangelischen Theologie (2011), zit. n. Beintker/Wöller, S. 107.

[8] Die „Rahmenordnung für den Studiengang Evangelische Theologie“ (2008/2009, zit. n. Beintker/Wöller, hier S. 65) sieht „ein Modul in Religionswissenschaft und Missionswissenschaft bzw. Interkultureller Theologie“ vor. Entsprechend gehört „Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie“ zu den mündlichen Prüfungsfächern (vgl. „Rahmenordnung für die Erste Theologische Prüfung zum Magister Theologiae in Evangelischer Theologie“, zit. n. Beintker/Wöller, S. 96), wobei allerdings das Judentum nicht (notwendig) zu den Prüfungsinhalten dieses Fachs gehört. Die „Richtlinien zur Prüfung in Religionswissenschaft und Interkultureller Theologie“ benennen als wesentliche Inhalte „religionsgeschichtliche Grundkenntnisse über Islam, Hinduismus, Buddhismus und chinesische Religionen sowie Elementarkenntnisse über Neue Religiöse Bewegungen und Esoterik“ (zit. n. Beintker/Wöller, S. 114). Das ist insofern konsequent, als nach der Übersicht über die Gegenstände des Studiums „Judaistik“ als eigenständiges Fach vorgesehen ist (jedoch nicht als Prüfungsfach). Nur wo Judaistik an einer Fakultät nicht als eigenes Fach etabliert ist, muss dieses Thema an anderer Stelle, d.h. in diesem Fall in der Religionswissenschaft behandelt werden. Hinzu kommt, dass das Nachdenken über das christlich-jüdische Verhältnis keineswegs zwangsläufig Gegenstand des Fachs Judaistik ist. – Wenig ermutigend ist auch der Entwurf der Rahmenstudienordnung und Rahmenprüfungsordnung für ein Studium der Evangelischen Theologie mit dem Abschluss „Master of Theological Studies“ der Fachkommission I aus dem Jahr 2018. Darin findet sich kein Hinweis auf die essenzielle Beziehung des Christentums mit dem Judentum (vgl. http://static.evangelisch.de/get/?daid=1NEUU01zwBk-Gr1kxKXnNCdXo00155942).

[9] B. Schröder, Chr. Markschies, Interreligiöses Lernen in Jerusalem. Zwei Studienprogramme im Vergleich, in: Zeitschrift für Praktische Theologie 68, 2016, S. 286-303: 293. „Studium in Israel“ entwickelt gegenwärtig ein Programm speziell für Lehramtsstudierende (Dauer: 4-6 Wochen; ohne Hebräisch).

[10] Synodalkundgebung 2015.

Editorische Anmerkungen

Quelle: Evangelische Kirche in Deutschland (EKD).